Interview mit Matthias Wiedenlübbert, Landtagskandidat in Niedersachsen
Matthias, du kandidierst für DIE LINKE im Wahlkreis 48 Elbe, der unter anderem den Landkreis Lüchow-Dannenberg umfasst und auf Listenplatz 12 für den niedersächsischen Landtag bei den auf den 15. Oktober vorgezogenen Landtagswahlen. Welche Themen bewegen die Menschen in deinem Wahlkreis?
Traditionell hat hier das Thema Atomkraft und Endlager einen hohen Stellenwert. Deswegen bin ich ja auch als Aktivist ins Wendland gezogen und habe bis 2012 hier aktiv gewaltfreien zivilen Ungehorsam geleistet. Dann kam das Endlagersuchgesetz. Aktiven Widerstand gibt es zurzeit wenig, aber weiterhin aktiven Protest. Am Infostand wird deutlich: Obwohl das Wendland eine große Gemeinschaft hat, die aktiv Geflüchtete unterstützt, machen sich immer noch vielen Menschen Sorge. Es ist jedes Mal viel Arbeit, dem gegenüber deutlich zu machen, dass die „Fremdartigkeit“ als Bereicherung gesehen werden kann und die eigentliche Konfliktlinie zwischen Arm und Reich verläuft. Ich merke, dass es an Beratung und Unterstützung für den Alltag aller beteiligten Menschen fehlt. Ich sehe aber auch die Chance, genau daran deutlich zu machen, dass der Kapitalismus kein deutsches, sondern ein internationales Problem ist.
Welche Rolle spielt die Macht der Autokonzerne im Wahlkampf?
Der VW-Skandal geht weiter. VW kann seine faulen Software-Updates steuerlich absetzen, die geschädigten AutofahrerInnen bleiben auf ihren Kosten sitzen. Viele Menschen spüren mittlerweile, das der VW-Skandal nur noch einmal verdeutlichte: Es sind die Wirtschaftsinteressen, besonders der Großkonzerne, die das politische Handeln in Deutschland bestimmen. Den Schritt, das gesamte System aktiv in Frage zu stellen, machen sie aber noch nicht. Darin sehe ich unsere große Herausforderung. In meinem Landtagswahlkreis haben viele Menschen bei den Bundestagswahlen grün gewählt (11,91 Prozent). Die AfD ist mit 9,4 Prozent deutlich unter dem Bundesschnitt. Aber: Auch hier hat es DIE LINKE mit 8,95 Prozent nur auf ein leicht unterdurchschnittliches Ergebnis gebracht.
Wie sieht dein Wahlkampf aus?
Ich bemühe mich, deutlich als vehementer Vertreter einer sozialistischen Oppositionspolitik wahrgenommen zu werden. Ich habe meinen Wohnbus deutlich antikapitalistisch beklebt. Ich suche an verschiedenen Orte das direkte Gespräch. Sei es während regelmäßiger Verteilaktionen bei Schichtwechsel unserer größeren Betriebe oder an Infoständen in größeren Wohngebieten oder auf den Dörfern. Das Wendland ist ein Flächenlandkreis mit geringer Bevölkerungsdichte. Besonders ist auch, dass in den Jahrzehnten des Castorwiderstands eine große Zahl gesellschaftlich kritischer und im Widerstand aktiver Menschen hierhin gezogen ist.
Deutlich anders stellt sich die zweite Hälfte meines Wahlkreis dar. Dort hat die AfD fast überall zweistellige Ergebnisse erzielt und ist überall stärker als DIE LINKE. Dort werde ich verstärkt unterwegs sein. Außerdem in den Wahlkreisen mit überdurchschnittlichen LINKE-Ergebnissen. Wenn die Wahlanalysen stimmen, dann gilt es nun die vierzig Prozent ProtestwählerInnen der LINKEN inhaltlich von der LINKEN zu überzeugen. Und es gilt, die sechzig Prozent ProtestwählerInnen der AfD davon zu überzeugen, dass Programm und Geist der AfD keine wahre Alternative zum herrschenden System darstellen.
DIE LINKE hat eine Chance in den Landtag einzuziehen. Gibt es eine Debatte über r2g?
Rot-Rot-Grün hat am Anfang des Bundestagswahlkampfes mal eine Rolle gespielt. Mittlerweile haben aber viele Menschen verstanden, dass SPD und Grüne zu weit weg vom Willen für wahre Veränderungen sind. Und die Landesregierung ist jetzt schon gefühlt abgewählt. Gefährlich ist auch, dass viele Menschen eine Oppositionspartei wählen möchten und bisher die AfD als einzige Oppositionspartei wahrgenommen haben. Beides bestärkt mich in meiner bisherigen Haltung: Nur ein offensiver Oppositionswahlkampf hilft der LINKEN, Vertrauen für einen linken Wandel zu gewinnen.