Winfried Wolfs neues Buch über E-Mobilität und Klimawandel
Wolf, Winfried: Mit dem Elektroauto in die Sackgasse.
Promedia 2019. 216 S. bosch.
Print: Euro 17,90. ISBN 978-3-85371-450-8
E-Book: Euro 15,99. ISBN: 978-3-85371-870-4
Vor dem Hintergrund der sich zuspitzenden Klimakrise und der wachsenden weltweiten Bewegungen dagegen erscheint Winfried Wolfs Buch gerade rechtzeitig. Der Autor ist seit Jahrzehnten Kritiker der Autoindustrie. Er beschreibt die engen Verbindungen zwischen Bundes- und Landesregierungen und den Automobilkonzernen, die zum Teil direkt Einfluss nehmen auf Gesetzesvorlagen und Reden von Politiker*innen.
von Alex Hopft, Aachen
Der Absatz von Kraftfahrzeugen weltweit ist 2016 zum ersten Mal in der Geschichte auf über hundert Millionen Stück geklettert, und das trotz „Dieselgate“ und Klimakrise. Dieser Zuwachs fand insbesondere in Osteuropa statt – und eben in China. In Westeuropa und den USA dagegen sinken die Absatzzahlen oder stagnieren bestenfalls.
Die Automobilkonzerne kämpfen mit harten Bandagen um einen möglichst großen Marktanteil und scheuen sich nicht vor direkter Einflussnahme auf die Politik, wenn es zum Beispiel um Grenzwerte für den CO2-Ausstoß oder bei Stickoxiden geht. Noch dazu ist seit 2015 klar geworden, dass es neben engen Absprachen zwischen den Bossen der verschiedenen Konzerne auch einen jahrelang andauernden Betrug gegeben hat. Dies hat das ehemals vorhandene Vertrauen der Käufer*innen von PKW nachhaltig erschüttert und die gesamte Branche, zumindest in den Kerngebieten EU und USA, in eine Absatzkrise von vor allem Diesel-PKW gestürzt.
Aus diesem Grund findet nun eine verstärkte Zuwendung der Autohersteller hin zu Elektrofahrzeugen statt – einerseits um verlorenes Vertrauen zurück zu gewinnen und sogenanntes „green-washing“ zu betreiben, andererseits um Kosten zu sparen und Profite zu steigern.
Sackgasse für den Klimawandel
Winfried Wolf weist beim Elektroauto auf dessen „ökologischen Rucksack“ hin. Er berechnet bereits einen Ausstoß von sechs Tonnen CO2, wenn es vom Band gerollt ist, also mit einem Tachostand von Null Kilometern. Da in den nächsten zehn bis zwanzig Jahren unter kapitalistischen Vorzeichen leider auch nicht mit 100 Prozent erneuerbarer Energie zu rechnen ist, wiegt dies umso schwerer. Mehr Elektroautos bedeuten demnach auch mehr Strom aus Atom- und Kohlekraftwerken. Weltweit größter Produzent von E-Autos ist und bleibt vorerst China, und dort sind mindestens fünf neue Atomkraftwerke geplant!
Alternativen zum Individualverkehr nötig
Winfried Wolf spricht auch in diesem Buch von der dringend notwendigen umfassenden Verkehrswende und kritisiert dabei auch zu Recht die Politik der wichtigsten deutschen Gewerkschaft IG Metall. Diese unterstütze den Weg der Konzerne zum Umbau Richtung „e-mobility“, und somit auch den Erhalt und Ausbau des Individualverkehrs mit all seinen Folgen wie Platzverbrauch durch Straßen und Parkplätze, Lärm in den Städten und allgemein sinkender Lebensqualität. Wir würden noch ergänzen: der beabsichtigte Abbau von zehntausenden von Arbeitsplätzen bei den Autoherstellern selbst sowie verschärft bei den Zulieferern muss durch die Gewerkschaften bekämpft und mit der Forderung nach massiver Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohn- und Personalausgleich einhergehen.
Winfried Wolf legt im letzten Kapitel ein ausführliches Konzept für alternativen Verkehr vor. Er warnt auch vor der Autolobby und deren Weigerung zu einer solchen radikalen Wende und benennt die Verantwortung der Konzerne und des Kapitalismus. Leider liegt die einzige Schwäche des Buches darin, nicht die notwendigen Konsequenzen daraus zu ziehen. Denn die Antwort darauf muss sein, die Macht der Autokonzerne und ihrer Lobby zu brechen. Eine nachhaltige Verkehrswende kann nur unter der demokratischen Kontrolle und Verwaltung der Beschäftigten über die Wirtschaft umgesetzt werden. Auf dieser Grundlage könnte die Produktion demokratisch und im Einklang mit den Bedürfnissen von Mensch und Umwelt geplant werden. Wolf benennt diese sozialistische Alternative und die Notwendigkeit der Abschaffung der kapitalistischen Produktionsweise nicht. Sein Buch könnte ein enormer Beitrag sein, sozialistische Ideen weiter bekannt zu machen. In der vorliegenden Form bleibt es leider nur ein sehr gutes Buch um zu erfahren, warum das E-Auto die Menschheit in die Sackgasse führt.
Alex Hopft ist Kfz-Mechatroniker und Mitglied des SAV-Bundesvorstands. Er lebt in Aachen, ist Betriebsrat und IG Metall-Mitglied.