Mitglieder der SAV Berlin unterstützten heute den Streik der CFM-Beschäftigten
Bericht von Jeanine
Es ist Tag zwei einer neuen Etappe im langen Kampf der Beschäftigten der Charité Facility Management für einen Tarifvertrag. Und der lange Atem der aktivsten Kolleg*innen zahlt sich aus. Die rot-rot-grüne Landesregierung musste bereits aufgrund des bisher aufgebauten Drucks die privaten Anteilseigner VAMED, Dussmann und Hellwig vor die Tür setzen – einen Tarifvertrag mit gleicher Bezahlung für gleiche Arbeit gibt es jedoch immer noch nicht. Seit 2016 haben die Kolleg*innen jedoch ihre Kampfkraft verdreifacht. Die große Beteiligung am heutigen Streik, zu dem nur ein Teil der streikbereiten Kolleg*innen aufgerufen war, zeigt: Der Druck steigt. Jetzt muss etwas passieren! Viele sind gestern und heute das erste Mal dabei: „Wir wollen das jetzt wirklich. Ich habe auch keine Angst mehr“, sagt eine Kollegin aus der Sterilisation. Von ihren 60 Kolleginnen sind nur zwei oder drei heute zur Arbeit gegangen. Auch 80% der Kolleg*innen der Krankentransporte beteiligen sich heute und sind zurecht stolz auf diesen Erfolg, da einige von ihnen schon beim 89-Tage-Streik 2011 dabei waren. Die wenigen Kolleg*innen, die noch nicht dabei sind, lassen sich noch von einer Milchmädchenrechnung des Arbeitsgebers verunsichern.
Jenny und Micha aus dem Bereich Versorgung (Anästhesie und OP) sind beide seit weniger als 3 Jahren bei der CFM – und heute hochmotiviert bei ihrem ersten Streik. Sie unterstützen die Strategie, den Ablauf erst kurzfristig bekannt zu geben, um es dem Arbeitgeber möglichst schwer zu machen, gegen den Streik anzugehen. Auch in ihrem Bereich verrichten heute nur zwei von 24 Beschäftigten Dienst nach Vorschrift.
Der Lohn der meisten Kolleg*innen liegt aktuell bei nur 11,50 Euro. Eine Angleichung an den Vergabe-Mindestlohn von 12,50 Euro als erster Schritt Richtung volle Anpassung an den TVÖD wäre also eine große Verbesserung. Das ist aber nicht alles: Die Kolleg*innen wollen mehr Sicherheiten bei Arbeitsunfähigkeit und eine Arbeitszeitverkürzung von aktuell 40 bis 42 Wochenstunden auf die im TVöD üblichen 39 Stunden. Auch haben die CFM-Beschäftigten derzeit kein Weihnachts- oder Urlaubsgeld und nur 26 Tage Jahresurlaub.
Ein Kollege aus der Tarifkommission, die aus mehr als 10 Bereichen zusammengesetzt ist, sagt: „Wir wollen die Blicke der Arbeitgeber genießen. Denn die konnten es sich nicht vorstellen, dass so viele heute und gestern gestreikt haben. Die haben gedacht, da kommen vielleicht 50 Leute und die kann man da hinten in so ‘ne Ecke stellen, aber wir haben ihnen die Suppe gehörig versalzen.“ Die ca. 300 Kolleg*innen lassen sich nämlich nicht verstecken: Es gibt kurzerhand eine Menschenkette mit Forderungen und eine Streikdemo um den zentralen Platz des Campus Virchow. Daniel Turek, stellvertretender Betriebsratsvorsitzender bei der CFM, wurde selbst einmal als Streikbrecher eingesetzt, hat dann aber schnell die Probleme erkannt, als er von der CFM übernommen wurde. Seither ist er einer der aktivsten Kolleg*innen im Kampf für einen Tarifvertrag. Er sagt, „Man muss das Vertrauen der Kolleg*innen gewinnen und klar machen, dass man sie auch zwischen den Streiks nicht im Stich lässt“. Darum sei er Betriebsrat geworden. „Man muss mit Geduld an die Kolleg*innen herantreten, die jetzt noch nicht überzeugt sind. Angesichts der Erfolge kommen sie Stück für Stück von sich aus darauf, dass auch sie mitstreiken sollten. In den letzten Wochen hatten wir teilweise 50 Eintritte bei ver.di pro Woche. Seit 2016 haben wir die ver.di-Mitgliedschaft von ca. 250 auf 750 verdreifacht und es treten während des Streiks täglich mehr ein. Immer mehr von uns merken, dass sie selbst einen entscheidenden Unterschied machen können, und holen weitere Kolleg*innen mit raus. Einige Bereiche sind fast vollzählig im Streik. Dabei waren gestern und heute nicht mal alle Bereiche aufgerufen. Sehr kampfstarke Bereiche wie die Reinigung stehen in den Startlöchern, um, wenn es sein muss, den Druck zu erhöhen. Wenn die Operationssäle erstmal nicht mehr gereinigt werden, dann steht schnell ein ganzer Teil des Krankenhausbetriebs still.”
Daniel sagt, sobald sie die Vollstreik-Fähigkeit erreicht haben, werden sie offensiv für die volle Angleichung an den TVÖD kämpfen. Die Leitung verweigert das mit dem “Argument”, für 100%ige Töchter eines landeseigenen Unternehmens gelte das Vergabegesetz nicht. Darum muss es schnell um einen kurzen Stufenplan zur vollen Angleichung an den TVöD innerhalb von zwei Jahren gehen. Joe, SAV-Mitglied und Lehrer in Berlin-Reinickendorf, weist in seiner Solidaritätsadresse auf die Ausstrahlungskraft des CFM-Streiks hin. Er macht klar, dass auch für die angestellten Lehrer*innen in Berlin die Forderungen nach gleichem Lohn für gleiche Arbeit und nach Arbeitsentlastung zentral sind: “Wir müssen Arbeitsbedingungen und Löhne erkämpfen, die ein Arbeiten bis zur Rente und ein Leben in der Rente überhaupt ermöglichen”.