For Reproductive rights, against Oppression, Sexism & Austerity
Rosa ist die Farbe, die ein niedliches Mädchen tragen soll und die ein richtiger Junge unter keinen Umständen tragen darf, das lernen wir schon in der Kita. Die Farbe Rosa erinnert viele von uns daran, dass uns schon als Kleinkind geschlechtsspezifische Rollenmuster aufgedrängt wurden, die wir nur schwer wieder ablegen können.
Rosa ist aber auch der Vorname der großen revolutionären Sozialistin Rosa Luxemburg und der unerschrockenen Aktivistin Rosa Parks, die mit ihrer Weigerung, einen für Weiße reservierten Sitzplatz in einem Bus zu räumen, das Ende der Rassentrennungsgesetze in den USA einläutete.
Deshalb ist ROSA auch die Abkürzung für die Kampagne „for reproductive rights, against oppression, sexism and austerity“ also „für reproduktive Rechte, gegen Unterdrückung, Sexismus und Kürzungspolitik“. Die Kampagne ROSA wurde von Frauen aus der Sozialistischen Partei in Irland gegründet, um mit einem klaren, linken Programm ein Aktionsangebot an alle Leute zu machen, die in der „neuen Frauenbewegung“ gegen die Unterdrückung von Frauen und LGBTQ-Personen in dieser Gesellschaft kämpfen wollen.
ROSA steht für den gemeinsamen Kampf aller Arbeiter*innen und Jugendlichen, um den Reichtum und die Ressourcen dieser Gesellschaft der Kontrolle durch eine kleine Minderheit zu entreißen und sie in Gemeineigentum unter demokratischer Kontrolle zu überführen, damit das kapitalistische System, das täglich Ungleichheit und Unterdrückung produziert, überwunden werden kann.
ROSA spielte in Irland eine wichtige Rolle bei der Massenbewegung, der es im Mai 2018 schließlich gelang, das Abtreibungsverbot durch ein Referendum zu beseitigen. Neben Aufklärungsarbeit und der Organisierung von Protesten und Demonstrationen organisierte ROSA sogenannte „Abortion Pill Busses“, also „Abtreibungspillenbusse“. Diese „mobilen Arztpraxen“ boten medizinische Beratungen für ungewollt schwangere Frauen an. Sie eröffneten den Betroffenen die Möglichkeit, nach einem Gespräch mit einer Ärztin die in Irland illegalisierte Abtreibungspille zu erhalten und so einen medikamentösen Abbruch durchzuführen, ohne zur Beendigung der Schwangerschaft die oft unerschwinglich teure, körperlich und seelisch belastende Reise ins europäische Ausland auf sich nehmen zu müssen.
Durch diesen öffentlichen Verstoß gegen das totale Abtreibungsverbot zeigten die Aktivist*innen, dass die Mehrheit in Irland nicht mehr bereit war, die mittelalterliche Gesetzgebung hinzunehmen und ermutigte Frauen und Männer, aktiv zu werden.
Die Kampagne ROSA wurde inzwischen in anderen Ländern aufgegriffen. Anlässlich des internationalen Tages zur Bekämpfung der Gewalt gegen Frauen am 25. November beteiligten sich in Belgien zahlreiche Frauen und Männer unter dem Banner von ROSA an den Protesten.
Die Internationale Sozialistische Alternative (ISA) hat beschlossen, die Kampagne weltweit zu unterstützen und wird am 8. März, dem internationalen Frauentag, in vielen Ländern gegen sexistische Gewalt, staatliche Repression und wirtschaftliche Ausbeutung auf die Straße gehen und für die Forderungen von ROSA werben.
Wie viel wurde bisher erreicht?
Vergleich der Forderungen von 1920 (Richtlinien für die kommunistische Frauenbewegung, Clara Zetkin) und 2020 (Programm der Kampagne ROSA)
1920: „Für die gleiche Entlohnung gleicher Leistungen von Mann und Weib.“
2020: „Wirklich existenzsichernde Löhne, angemessene Verträge und garantierte Arbeitszeiten – für das Recht auf Vollzeitarbeit. Abschaffung der Lohndiskriminierung und des geschlechtsspezifischen Lohngefälles (gender pay gap) durch Abschaffung der Niedriglöhne – und zwar finanziert aus den Gewinnen der Unternehmen, nicht aus den Löhnen der Männer!“
1920: „Für die volle Rechtsgleichheit beider Geschlechter vor dem Gesetz und in der Praxis, auf allen Gebieten des privaten und öffentlichen Lebens.“
2020: „Nieder mit allen patriarchalischen Gesetzen und geschlechtsspezifischer Diskriminierung – für die Abschaffung religiöser Gerichte und für die Trennung von Kirche und Staat. Die Organisationen der Arbeiter*innenklasse, einschließlich der Frauen-, Gewerkschafts- und Gemeindeorganisationen, müssen die demokratische Kontrolle über Gerichte und Polizei ausüben, um sicherzustellen, dass sie wirklich für Gerechtigkeit sorgen.“
1920: „Für gesellschaftliche Maßnahmen und Einrichtungen, die die berufstätige Frau als Hausfrau und Mutter entlasten, die überkommenen hauswirtschaftlichen Arbeiten aus der Familie in die Gesellschaftswirtschaft überführen und die Erziehung der Kinder im Heim durch die gesellschaftliche Erziehung ergänzen, vervollständigen und ihr den notwendigen Wesenszug einer Erziehung zur Solidarität aufprägen.“
2020: „Für eine Gesellschaft, in der die Gemeinschaft gute medizinische Versorgung, kostenfreie Bildung, eine würdige Altersversorgung, allgemein zugängliche und kostengünstige Versorgung mit Trinkwasser, sanitären Einrichtungen, Heizung und Strom sicherstellt und die Gründung einer Familie kein Armutsrisiko mehr darstellt.“
Wie alles begann:
Die Geschichte des internationalen Frauentages
Im Frühjahr 1908 befand sich New York in Aufruhr. Über 15.000 Textil – und Tabakarbeiterinnen gingen auf die Straße und forderten unter dem Motto „Brot und Rosen!“ kürzere Arbeitszeiten, höhere Löhne, bessere Arbeitsbedingungen, das Verbot von Kinderarbeit und das Frauenwahlrecht. Die SPA (Sozialistische Partei Amerikas) griff die Proteste auf und organisierte am 28.2.1909 einen nationalen Frauenaktionstag in den USA.
Amerikanische Sozialistinnen trugen die Idee nach Europa. 1910 fand in Kopenhagen die 2. Internationale Sozialistische Frauenkonferenz statt. Dort beschlossen am 27. August Delegierte aus 17 Ländern auf Antrag der deutschen Sozialistin Clara Zetkin einstimmig, in jedem Frühjahr einen Frauenprotesttag zu organisieren.
Der erste Internationale Frauentag am 19.8.1911 stand unter dem Motto „Wahlrecht für Frauen“. Er übertraf alle Erwartungen. In Dänemark, Deutschland, Österreich, den USA und der Schweiz folgten Arbeiter*innen und Frauen dem Aufruf. In Deutschland beteiligte sich mehr als eine Million, allein in Berlin waren es 45.000 Menschen.
Drei Jahre später, am Vorabend des ersten Weltkriegs, war die Beteiligung noch größer. Nachdem die Berliner Polizei das Plakat mit dem Demonstrationsaufruf – das Bild einer barfüßigen Frau, die eine rote Fahne schwenkt – für „anstößig“ erklärte und kurzerhand verbot, gingen die Frauen in Deutschland erst recht auf die Straße.
Noch einmal drei Jahre später, am 8. März 1917, begann die russische Revolution mit einer Demonstration von Arbeiterinnen und Soldatenfrauen in St. Petersburg. Die Forderungen: Brot, Frieden und Sturz des Zaren. Viele Männer solidarisierten sich. Am Abend befanden sich bereits 100.000 Menschen im Streik. Ende des Jahres war die Zarenherrschaft Geschichte und die erste Arbeiter*innenregierung der Weltgeschichte an der Macht.
100 Jahre Langsamkeit
Über hundert Jahre nach dem ersten Internationalen Frauentag stehen Frauen bei Protesten noch immer in der ersten Reihe: Bei den Aufständen gegen die Militärdiktatur im Sudan, bei den Demonstrationen gegen sexistische Gewalt in Spanien und Indien, bei den Streiks der Lehrer*innen in den USA und Polen, beim Kampf gegen das Abtreibungsverbot in Irland und bei den Klima-Protesten in Deutschland.
Die Militanz hat gute Gründe. Auch im neuen Jahrtausend sind Frauen auf der ganzen Welt noch immer besonders benachteiligt. Sie arbeiten für weniger Geld und zu schlechteren Bedingungen als Männer. Sie tragen die Hauptlast von Haus- und Erziehungsarbeit und privater Pflege. Gleichzeitig sind sie sehr häufig mit häuslicher oder sexualisierter Gewalt und alltäglichem Sexismus konfrontiert. Frauen mangelt es nicht an Motiven, gegen den Kapitalismus zu sein.
Arbeiterinnen und junge Frauen, die in Zukunft auf einen Arbeitsplatz angewiesen sein werden, haben von einer kapitalistischen Gesellschaft, in der Sozialkürzungen und Arbeitsverdichtung an der Tagesordnung sind, weder als Beschäftigte, noch als Mütter oder Hausfrauen irgendwelche Verbesserungen zu erwarten. Nur eine Gesellschaft, die Kindererziehung, Pflege, Haus- und Erwerbsarbeit gemeinschaftlich und solidarisch regelt und Frauen nicht als Sexobjekte definiert, kann uns eine Zukunft ohne Diskriminierung und Gewalt bieten. Der Slogan der russischen Revolutionärin Alexandra Kollontai: „ Ohne Sozialismus keine Befreiung der Frau – ohne Befreiung der Frau kein Sozialismus!“ ist heute so aktuell wie damals.