Erste schriftliche Berichte über die Ausbreitung von Seuchen sind über zweitausend Jahre alt. Mehrere hundert Jahre ist es her, seit die Pest in Europa wütete. 1918/20 raste die Spanische Grippe todbringend um den Globus. In den vergangenen zwanzig Jahren gab es mehrfach den Ausbruch neuer Viren. Die Welt war gewarnt, dass irgendwann ein neuer Erreger zu einer Pandemie führen könnte. Zeit genug also, um in jedem Land ausreichend Vorräte an Handschuhen, Schutzmasken und -kitteln anzulegen und Reserven an Krankenhausbetten, Beatmungsgeräten, Testmaterialien, medizinischem Personal zu schaffen.
von Georg Kümmel, Köln
All das ist nicht geschehen. Schlimmer noch: das Gesundheitswesen wurde kaputt gespart. Diese Maßnahmen hätten Geld gekostet. Die Banken und Konzerne haben es für sinnvoller gehalten, öffentliche Gelder zur Bankenrettung und für Steuergeschenke an die private Wirtschaft einzusetzen. Die Politik hat entsprechend gehandelt.
Statt Konkurrenzkampf …
Um eine Pandemie zu verhindern, braucht es weltweite Zusammenarbeit. Doch Konzerne und Länder kämpfen gegeneinander statt zu kooperieren. Weltweit proben Militärmächte in großen Manövern für den Krieg. Eine internationale Übung mit zehntausenden Ärzten, Pflegepersonal, Krankenhäusern, Gesundheitsbehörden, Krisenstäben für den Kampf gegen eine drohenden Pandemie hat dagegen nie stattgefunden. Derartige “Manöver” hätten aber die aktuelle Corona-Krise verhindern und tausenden Menschen das Leben retten können. Dazu braucht es eben Zusammenarbeit statt Konkurrenzkampf, Geld für Vorsorge statt für Waffen.
… weltweite Kooperation
Die Rücksichtnahme auf den kapitalistischen Profit verhindert aktuell immer noch eine gemeinsame weltweite Kraftanstrengung zum Stopp des Virus. Konkret müsste der Stand der Forschung in allen Laboren, auch denen der privaten Pharmakonzerne, sofort für alle Wissenschaftler*innen öffentlich zugänglich gemacht werden. Das Patentrecht müsste aufgehoben, Herstellungsverfahren zur kostenlosen Nachahmung veröffentlicht werden. Um sämtliche Produktionsmittel zur Bekämpfung des Virus zu nutzen, müssen sie unter die demokratische Kontrolle der Beschäftigten, der Gewerkschaften und des Staates gestellt und in das Eigentum der Gesellschaft überführt werden. Alle Kapazitäten zur Herstellung von medizinischem Material und Geräten müssten länderübergreifend koordiniert und vervielfacht werden, statt in Konkurrenz zueinander die Lieferungen von Masken und Material an den Grenzen abzufangen.
Während Ausgangsverbote verhängt und selbst Spielplätze gesperrt werden, um Kontakte zwischen Menschen zu minimieren, läuft die Waffenproduktion in den Rüstungsschmieden dieser Welt weiter. Der private Profit wird über das Wohl der Gesellschaft gestellt. Die Bedrohung durch das Virus müsste dazu führen, dass die Welt im Kampf dagegen zusammenrückt. Das Gegenteil ist der Fall. Offizielle Stellen in China befördern das Gerücht, das Virus sei vom US-Militär in China ausgesetzt worden. US-Präsident Trump spricht vom „Chinesen-Virus“.
Das Geld ist da
Auf der ganzen Welt gibt es eine ungeheure Anhäufung von Reichtum in den Händen einer kleinen Minderheit und Armut für Abermillionen. Das bedeutet schon in normalen Zeiten Elend und Tod. Eine weitere Ausbreitung des Virus kann für die Ärmsten apokalyptische Folgen haben. Zur effektiven Bekämpfung des Virus braucht es koordinierte, planmäßige Zusammenarbeit und Geld. Das Geld ist da. Gut 2000 Milliardäre besitzen zusammengerechnet mehr als die ärmeren 4,6 Milliarden Menschen der Erde.
Das Geld auf den Konten der Multimillionär*innen und Milliardär*innen reicht mehrfach aus, um die Löhne und Gehälter auf der ganzen Welt trotz Krise für mehrere Monate weiter zu bezahlen. Die Gesellschaft muss es sich nehmen und einsetzen.
Irgendwann, leider nach vielen unnötigen Toten, wird die Ausbreitung des Virus mehr oder weniger gestoppt worden sein. Niemand soll denken, dass dann alles wieder gut sein wird. Abgesehen davon, dass andere, möglicherweise noch tödlichere Erreger auftauchen können: Der kapitalistische Motor ist ins Stocken geraten, teilweise zum Stillstand gekommen. Eine Welle von weiteren Pleiten wird durch die Länder rollen. Die Herrschenden werden versuchen, die immensen Kosten der Krise auf die Arbeitenden und die Armen abzuwälzen, durch Entlassungen, Lohnverlust, Steuererhöhungen, Inflation. Auf der Grundlage einer weltweit demokratische geplanten Wirtschaft könnte dagegen der ökonomische Schaden begrenzt und eine nachhaltige Erholung eingeleitet werden.
Existenzkrise auch ohne Virus
Auch ohne Virus beschert uns der Kapitalismus eine ökonomische und ökologische Krise. Der Konkurrenzkampf verschärft sich. Neben den Handelskriegen sehen wir in Teilen der Welt Stellvertreter-Kriege. Auf längere Sicht drohen größere und tödlichere Kriege. Wer das nicht für möglich hält, möge sich fragen, ob er/sie die Unfähigkeit der Herrschenden, diese Pandemie zu bekämpfen, für möglich gehalten hätte.
Der Kapitalismus ist genauso blind in die Corona-Katastrophe gelaufen, wie er blind in die Klima-Katastrophe rennt. Ein System, dass das Profitinteresse weniger Konzerne über das Wohl von Milliarden Menschen stellt, ein System das nach seinem ganzen Wesen blind für die Bedürfnisse von Mensch und Natur ist, ein System, das auf individueller Konkurrenz statt Kooperation basiert, ein System, das bei der Produktion unserer Lebensgrundlagen auf Privateigentum statt auf gesellschaftliches Eigentum baut, kann nur in die Katastrophe führen.
Heute bedroht oder tötet der Kapitalismus das Leben von abertausenden Menschen, langfristig bedroht er das Überleben der Menschheit.
Gesellschaftliches Eigentum plus Demokratie
Höchste Zeit dieses System abzuschaffen und zu ersetzen – durch eine sozialistische Demokratie weltweit. Die Grundlage des Sozialismus ist gesellschaftliches Eigentum an Produktionsmitteln plus Demokratie. Natürlich steht die Frage im Raum: was war denn mit den sogenannten „sozialistischen“ Ländern? Sie waren nie sozialistisch, es fehlte die Demokratie.