Die Ankündigung Trumps, einen möglichen Impfstoff gegen Covid-19 exklusiv für die USA zu sichern, hat weltweite Empörung ausgelöst. Zwar ist der Plan inzwischen vom Tisch, aber die Sache hat gezeigt, dass es bei der Entwicklung von Medikamenten und Impfstoffen gegen bisher unheilbare Infektionen einen erbarmungslosen Konkurrenzkampf zwischen einzelnen Konzernen und Staaten gibt.
von Marcus Hesse, Aachen
Als die Corona-Pandemie über die Welt zu rollen begann, gab es ein Treffen zwischen dem Vorstand des Tübinger Unternehmens CureVac, Trump und Vertretern des Weißen Hauses. Dort wurde dem deutschen Unternehmen angeblich etwa eine Milliarde US-Dollar für Exklusivrechte an einem Corona-Impfstoff angeboten. Dazu kam es nicht. In den deutschen bürgerlichen Medien und von Politiker*innen wurde der Konzernboss Dietmar Hopp dafür als selbstloser Held gefeiert, der verkündete, dass sein Unternehmen einen Impfstoff für die ganze Welt entwickle. Tatsächlich aber ist CureVac ein profitorientierter Privatkonzern, dem es wie jedem anderen Konzern darum geht, mit seinen Produkten im Konkurrenzkampf zu bestehen und mit einem dringend benötigten Impfstoff gegen den Corona-Virus enormen Gewinn zu machen. Der Konzern gehört zu 80 % Dietmar Hopp, Gründer von SAP. Mit einem geschätzten Privatvermögen von 10-14 Milliarden US-Dollar gehört er zu den reichsten Menschen der Welt. Die Pharmaindustrie expandiert weltweit. 1,2 Billiarden US-Dollar beträgt das Marktvolumen global agierender Pharmakonzerne. Laut der Zeitschrift Observer konkurrieren gerade 35 Konzerne darum, Medikamente und Impfstoffe gegen Corona/Covid-19 zu entwickeln.
Die Entwicklung läuft gegeneinander. Der Kampf um Patente verschlingt wertvolle Zeit und materielle Ressourcen. Ein solidarischer Austausch und eine Zusammenarbeit finden bei der Jagd auf Patente nicht statt. Vielmehr versucht jeder, der erste zu sein und auf Kosten der anderen Erfolg zu haben. Die Verhandlungen zwischen der US-Regierung und CureVac zeigen das besonders deutlich. Aber es ist im Prinzip nichts Neues – kein Wunder, bei den zu erwartenden gewaltigen Gewinnspannen.
Seit den 1980er Jahren arbeiten Forscher*innen an Impfstoffen und Heilmitteln gegen HIV/AIDS. Die Entwicklung von Medikamenten zur Verzögerung des Krankheitsausbruchs konnte erheblich vorangetrieben werden. Da, wo Medikamente zugänglich sind, leben Menschen seit Jahrzehnten mit der Krankheit, während in manchen Ländern mit schlecht ausgebautem Gesundheitssystem Menschen immer noch massenhaft daran sterben, vor allem in Afrika. Das passiert nicht zuletzt deshalb, weil Konzerne die Abgabe von billigeren Präparaten (Generika) verhindern. In der Forschung zur Entwicklung von Mitteln gegen HIV ist in mehreren Fällen bekannt geworden, dass sich Konzerne gegenseitig blockierten, indem sie Wissen über gescheiterte Forschungsschritte nicht an den anderen weitergaben. Solche Manöver zur Sabotage der Konkurrenz haben die Forschung um Jahre zurückgeworfen und Millionen von Menschenleben gekostet.
Für internationale Kooperation und Befreiung vom Profitzwang
Die Entwicklung eines Impfstoffes gegen neuartige Viren und die Entwicklung von Behandlungsmethoden von todbringenden Krankheiten ist eine Menschheitsaufgabe, die wir nicht profitorientierten Privatfirmen überlassen dürfen.
Ein Open Source-System für die Impfstoff- und Medikamentenforschung muss her. Voraussetzung dafür ist ein Gesundheitssystem, dass nicht an privaten Gewinninteressen orientiert ist. Schlüssel dazu ist die Überführung aller Gesundheitseinrichtungen und eben auch der Pharmakonzerne in Gemeineigentum. Deren Umsätze sind enorm, der Markt ist stark monopolisiert. Konzerne wie Pfizer, Roche, Novartis, Johnson&Johnson, Merck & Co., Sanofi und Takeda beherrschen den Weltmarkt. Dabei wird die Forschung dieser Konzerne jetzt schon mit Milliardenbeträgen vom Staat, also letztlich der Masse der Steuerzahler*innen, der arbeitenden Bevölkerung finanziert. Die Gewinne jedoch bleiben privat und machen Milliardär*innen noch reicher. Pandemien wie Covid-19 befeuern die Gewinnerwartungen. Es winken satte Gewinne für die Unternehmer*innen und Großaktionär*innen des Unternehmens, das sich als erstes das Patent auf einen Impfstoff sichert. Doch auch Staatskonzerne sind da nicht freigiebiger, solange sie für Gewinn und in Konkurrenz zu anderen arbeiten. Chinesische Pharmakonzerne zeigen das sehr anschaulich. Darum ist demokratische Kontrolle elementar wichtig.
Ein allen zugängliches Gesundheitswesen, die Pharmaproduktion und die Forschung in öffentlicher Hand – unter der Leitung und Kontrolle demokratisch gewählter und rechenschaftspflichtiger Komitees muss erkämpft werden, damit Errungenschaften der Forschung und Entwicklung von Arzneimitteln und Impfstoffen der gesamten Menschheit zu Gute kommen können. Pandemien wie die aktuelle zeigen, wie dringend notwendig das ist.