In den letzten Wochen demonstrieren tausende Menschen gegen den wegen Korruption und Bestechung angeklagten Ministerpräsidenten Netanjahu. Die Demonstrierenden, die sich vor seiner Wohnung versammeln fordern seinen Rücktritt.
von Ben Wallach, z.Zt. Tel Aviv
Diese Forderung ist zwar wichtig, aber reicht nicht. Es ist möglich, dass er Neuwahlen ankündigt. Das wäre der vierte Wahlgang innerhalb von zwei Jahren. System und Regierung sind instabil, der Boden bebt unter ihren Füßen.
Netanjahu lobt sich für die Schaffung eines „sozialen Netzes“ für Jugendliche, Selbstständige, Kulturarbeiter*innen und Kleinbetriebe. Doch die Hilfe des Staates ist beleidigend. Menschen ohne Kinder haben eine einmalige Summe von 750 Shekel (185 Euro) bekommen. Die Mieten und Lebenshaltungskosten sind höher als in Deutschland. Diese Summe reicht für nichts. Viele demonstrieren jetzt gemeinsam für die Rettung ihre Läden und Jobs.
Erfolgreiche Tarifbewegung
Die Sozialarbeiter*innengewerkschaft hat einen Sieg errungen. Die Regierungen hatte mit Kürzungen gedroht, aber nach einer kämpferischen Tarifrunde hat sie einen guten Abschluss mit der Regierung erreicht. Programme für Jugendliche ohne Schulabschluss sollten geschlossen werden, aber wegen des Aufschreis der Lehrer*innen und Eltern wurde das Budget dafür bewilligt, Schulen und Arbeitsplätze bleiben erhalten.
Seit Beginn der Coronakrise ist die Gewalt gegen Frauen gestiegen und es gab schon Demonstrationen dagegen. Eine besondere erschreckende Vergewaltigung einer 16-jährigen Frau hat die Bewegung neu entfacht. Die Forderungen der Proteste sind: Nein zu Kürzungen in den Frauenhäusern! Nein zu victim blaming, keine Art von Kleidung ist eine Einladung zur Vergewaltigung!
Eine große Schwäche dieser Bewegungen ist, dass sie getrennt nebeneinander stattfinden. Es braucht eine Organisation, die die Bewegungen miteinander verbinden kann. Die bestehenden pro-kapitalistischen Parteien werden diese Rolle nicht spielen.