Wir dokumentieren hier die Solidaritätserklärung der Sozialistischen Alternative Aachen.
Mit Wut und Bestürzung haben wir von den Plänen eurer Bosse erfahren, das Aachener Werk bis Ende 2021 zu schließen und damit 1800 Beschäftigte und ihre Angehörigen sowie indirekt weitere Beschäftigte von Zuliefererfirmen in die Arbeitslosigkeit zu stürzen.
Wir sprechen euch unsere volle Solidarität aus.Zugleich wollen wir unsere Ideen und Vorschläge für einen erfolgreichen Kampf vorstellen und zur Diskussion stellen.
Zurecht empört ihr euch darüber, dass dies trotz schwarzer Zahlen erfolgt und obwohl der Konzern die Corona-Krise bislang gut überstanden hat. Ihr habt für das Versprechen der Erhaltung des Werkes Mehrarbeit, unbezahlte Überstunden und Flexibilisierung mitgetragen – doch im Kapitalismus geht es nur um den Profit der Unternehmer*innen und Großaktionär*innen. Es ist deutlich geworden: Lohnverzicht und Mehrarbeit retten keinen Arbeitsplatz.
600 Millionen Dividenden
Zwar gibt es Überkapazitäten in der Autoindustrie und ihren Zulieferern im Reifenbau, aber dem Unternehmen Continental, das in sechzig Ländern produzieren lässt, geht es gut. Es schüttet satte Dividenden an seine Aktionär*innen aus. 600 Millionen Euro sind es allein in diesem Jahr. Aber das scheint den Bossen nicht zu reichen – auf Kosten der Belegschaft soll mehr erwirtschaftet werden. Die Vorstandsspitzen selbst bekommen Millionengehälter. Der Vorstandsvorsitzende Degenhardt „verdient mit ca. 6,5 Millionen Euro pro Jahr (Quelle: finanzen.net) das 114-fache einer/s durchschnittlichen Conti-Beschäftigten!
Wir finden wie ihr, dass die Arbeit und Existenzgrundlage der Beschäftigten, die den Reichtum des Unternehmens täglich erwirtschaften, erhalten werden muss und nicht den Profitinteressen von Wenigen geopfert werden darf.
In den letzten Wochen habt ihr viel Solidarität in der Bevölkerung erfahren. Das bietet die Chance auf einen erfolgreichen Kampf, der gesellschaftlichen und politischen Druck erzeugt. Doch die Kraft der arbeitenden Menschen liegt allein in ihrer Selbstorganisation.
Wer vertraut der CDU?
In den letzen Wochen haben Politiker wie Harald Baal und Armin Laschet von der CDU und andere versucht, sich als Vertreter eurer Interessen zu verkaufen und des Thema der Erhaltung des Werkes für Propaganda gegen Klimaschutz und gegen eine ökologische Verkehrswende zu verknüpfen. Das ist eine Instrumentalisierung eurer Lage für rückwärtsgewandte konservative Wahlkampfziele. Um euren Kampf wirklich zu unterstützen, müssten sie sich gegen die Spitze des Continental-Konzerns stellen und die Profitlogik infrage zu stellen. Davon ist bei ihnen nicht auszugehen. Die CDU ist traditionell eine Partei für Kapitalinteressen und hat das in ihrer jahrzehntelangen Geschichte immer wieder unter Beweis gestellt.
Wir warnen auch davor, große Hoffnungen auf ein Veto des Aufsichtsrats zu legen. Darum ist es wichtig, sich auf weitere Schritte im Kampf zur Erhaltung des Werkes vorzubereiten. Es gibt bei vielen Kolleg*innen die Stimmung, bis dahin „good will“ zu zeigen und besonders hart und gut zu arbeiten. Doch das wird die Bosse nicht beeindrucken – anders als eure Entschlossenheit und Kampfbereitsschaft.
In den kommenden Wochen und Monaten werden Bosse und Politiker*innen zunehmend versuchen, Standorte gegeneinander auszuspielen: Das Aachener Werk gegen andere in Deutschland (in ganz Deutschland plant Continental den Abbau von 13.000 Stellen) und den Standort Deutschland gegen andere Länder (weltweit will der Konzern ca. 30.000 von 241.000 Stellen streichen).
Aber nicht die Kolleg*innen im thüringischen Mühlhausen, im bayerischen Roding oder in Hannover sind eure Gegner und auch nicht die in Frankreich oder China. Nicht sie vernichten eure Arbeitsplätze, sondern die Konzernspitze.
Darum ist Solidarität über Ländergrenzen nötig, damit die in den Chefetagen uns nicht gegeneinander ausspielen können, um weiter Löhne und Arbeitsbedigungen herabdrücken zu können.
Als internationale sozialistische Organisation mit Gruppen auf allen Kontinenten arbeiten wir an der Schaffung solcher länderübergreifender Zusammenarbeit aller Arbeiter*innen weltweit.
Die Pläne zur Schließung des Aachener Werks sind Teil einer globalen Strategie des Konzerns, auf Kosten seiner Belegschaft Profite zu maximieren. Nur gemeinsam können wir dagegen kämpfen.
Wenn die Bosse meinen, Aachen verlassen zu müssen, sollen sie gehen – aber das Werk, die Maschinen und die Arbeiterplätze müssen hier bleiben.
Sollen sie offenlegen, wo der Gewinn, den ihr mit eurer Arbeit für sie erwirtschaftet hat, hingeflossen ist: Nötig ist daher eine sofortige Öffnung und Kontrolle der Geschäftsbücher.
Wenn der Zwang, Profit zumachen, Existenzen vernichtet, muss das Werk enteignet und in öffentliches Eigentum überführt werden – unter der demokratischen Leitung der Beschäftigten, Gewerkschaften und demokratisch gewählter Komitees der gesamten Bevölkerung. Statt Planung für den Profit einer Minderheit braucht es die planmäßige Umstellung der Produktion nach den Bedüfnissen von Mensch und Natur. Nur so kann es gelingen, eine ökologische Verkehrwende einzuleiten, ohne das ein Arbeitsplatz verloren geht.
Bis dahin ist es wichtig, einen Kampf um die Erhaltung jedes Arbeitsplatzes bei Continental zu kämpfen. Mit allen nötigen Mitteln, auch mit Streiks, wie eure Kolleg*innen in Frankreich.
Denn es muss den Kapitalisten weh tun – das geht nur, wenn es an ihre Profite geht.
Wir unterstützen euren Kampf um jeden Arbeitsplatz und wünschen euch von Herzen viel Kraft und Erfolg dabei!