Ein antibolschewistischer Mythos wird 100
Dieses Ereignis steht wie kein zweites für die These, dass nicht erst mit Stalin, sondern schon unter Lenins und Trotzkis Führung eine brutale Diktatur über die Arbeiter*innen herrschte: Der Aufstand von Matros*innen in Kronstadt, einer Festungsinsel vor Sankt Petersburg (damals Petrograd) im März 1921. Leo Trotzki bezeichnete die Niederschlagung als “tragische Notwendigkeit”. Die nach der Öffnung der sowjetischen Archive bekannt gewordenen Fakten stützen diese Sichtweise. Ein wahrer Meilenstein der Forschung zum Thema ist die in Russland 1999 publizierte zweibändige Quellensammlung “Die Kronstadt-Tragödie”, die zahlreiche bisher unerschlossene Dokumente enthält. Eine nüchterne Betrachtung der Ereignisse ist wichtig, zumal “Kronstadt 1921” bis heute identitätsstiftender Bezugspunkt auch “linker” Bolschewismuskritik ist – vor allem von Anarchist*innen und “Rätekommunist*innen”. Sie gehen davon aus, dass die Bolschewiki damals die Degeneration der Revolution verkörperten, aber die Rebell*innen angeblich die “authentische Rätedemokratie”. Diese “progressive Vereinnahmung” des Aufstands gegen die Kommunistische Partei ist allerdings bei ernsthafter Prüfung der tatsächlichen Hintergründe und Ereignisse schwer aufrecht zu erhalten.
von Marcus Hesse, Aachen
Die Oktoberrevolution in Russland wurde in der Erwartung durchgeführt, dass andere Länder folgen würden. Doch die Sowjetmacht blieb isoliert, ein Bürgerkrieg, Hunger und Seuchen dezimierten die Bevölkerung. Im Winter 1920/21 hatte die Rote Armee zwar gesiegt, aber das Land lag am Boden, Städte wie Moskau und Petrograd verloren einen Großteil der Bevölkerung, die Fabriken produzierten fast nichts mehr. Schon 1918 gab es erste Streiks und Bäuer*innenaufstände. Im Februar 1921 erreichten diese die erschöpfte revolutionäre Hochburg Petrograd. Kräfte wie Menschewiki und Sozialrevolutionär*innen (SR), die 1917 schon gegen die sozialistische Revolution standen, nutzten die Enttäuschung der Massen aus. Weil die Fabriken nicht mehr genug Industriegüter produzieren konnten und die Städte hungerten, trieben die Bolschewiki während des Bürgerkriegs Getreide bei den Bäuer*innen ein. Die hatten aber 1917 Land bekommen und wollten damit endlich machen können, was sie wollen. In dieser als “Kriegskommunismus” bezeichneten Phase stützten sich die Kommunist*innen vor allem auf die Industriearbeiter*innenschaft der Städte – und unter der zu 90% aus Bäuer*innen bestehenden Bevölkerung fast ausschließlich auf deren ärmste Teile, die Kleinstbäuer*innen, Landarbeiter*innen und Dorfarmen. Zwar drängten Lenin und Trotzki frühzeitig auf stärkere Zugeständnisse an die Masse der kleinen und mittleren Landeigentümer*innen – doch die Lage des Bürgerkriegs (die davon geprägt war, dass die Industrie der Bäuer*innenschaft nichts im Tausch für ihre Produkte anzubieten hatte) ließ das nicht zu. Das führte weiterhin zu Spannungen. Solange es gegen die Weißen Armeen ging, die den Gutsbesitzer*innen ihre Länder zurückbringen wollten, kämpfte die Masse der Bäuer*innenschaft immer noch mit Begeisterung an der Seite der Bolschewiki und füllte die Reihen der Roten Armee. Aber als der konterrevolutionäre Feind besiegt war, brachen die Konflikte zwischen Arbeiter*innenstaat und bäuerlichen Kleineigentümer*innen wieder aus. 1920/21 führte der rechte SR-Anhänger Antonov in der Provinz Tambow eine “grüne” Bäuer*innenarmee gegen die Rote Armee an, forderte die Wiedereinführung der Marktwirtschaft und die Rückkehr zum Parlamentarismus und tötete Kommunist*innen und ihre Familien. Im ganzen Land kam es zu vielen lokalen Aufständen von Bäuer*innen. Viele Bäuer*innen richteten dabei ihren Hass gegen “die Kommunist*innen” und besonders die “Kommissar*innen” (=kommunistischen Funktionsträger*innen). Da die Bolschewistische Partei sich 1918 in “Kommunistische Partei” umbenannt hatte, hatten Begriffe wie “Bolschewiki” und “Sowjetmacht” für viele Bäuer*innen einen guten Klang – standen sie doch 1917 noch für die Landverteilung an die Bäuer*innen, während die “Kommunist*innen” und ihre “Kommissar*innen” während des Bürgerkriegs danach ihr Getreide konfiszierten, um die Städte zu ernähren.
Gegen Ende des Bürgerkriegs wurde deutlich, dass sich was ändern musste. Die einst lebendige Rätedemokratie erlahmte. Die Arbeiter*innen waren müde, erschöpft, litten unter Epidemien und hungerten. Das lähmte die Masseninitiative von unten. Die Lage war allerdings widersprüchlich: Die Funktionsträger*innen der Kommunistischen Partei fällten, bedingt durch Bürgerkrieg und Krise, vielfach alleine die Entscheidungen – oft von oben nach unten. Hinzu kam, dass die KP zur dominierenden und vielfach einzigen Partei in den Räten und Fabrikkomitees geworden war, da sich SR, Menschewiki und viele Anarchist*innen zum Teil bewaffnet gegen die Sowjetmacht gestellt hatten und deswegen aus den Räten ausgeschlossen wurden waren. Doch in der KP wurde trotzdem noch lebhaft und offen diskutiert: Über die Rolle der Gewerkschaften, die Änderung der Wirtschaftspolitik und eine Demokratisierung nach Ende des Bürgerkrieges. Dies griffen unzufriedene Matros*innen 1921 auf ihre Weise auf.
Die Februarkrise 1921
Hunger und politischer Unmut führten im Februar 1921 zu Streiks in den Großstädten. Die noch verhältnismäßig privilegierten Metallarbeiter*innen bekamen 800 Gramm Brot täglich, andere nur Tagesrationen von 200 Gramm. (Paul Avrich, Kronstadt, S. 23). Fabriken arbeiteten kaum noch und die Belegschaft ging aufs Land, um Lebensmittel zu erwerben. Viele nahmen dabei Maschinenteile und Werkzeuge mit, um sie in den Dörfern gegen Lebensmittel zu tauschen. Die Arbeiter*innenmiliz und der sowjetische Geheimdienst “Tscheka” versuchten diesen Schwarzhandel zu verhindern, was zu scharfen Konflikten mit Arbeiter*innen (auch Gewerkschafts- und Parteimitgliedern) führte. Eine Brennstoffkrise brachte das Fass zum Überlaufen und legte viele Fabriken ganz still. Menschewiki traten auf und forderten die Rückkehr zum Parlamentarismus. Unter rückständigen Arbeiter*innen kamen vereinzelt antisemitische Parolen auf. Der anarchistische Historiker Paul Avrich beschrieb in seinem Standardwerk zum Kronstädter Aufstand, welche Panik die Jüdische Gemeinde Petrograds damals ergriff. Sie wandte sich aus Angst vor Pogromen an das von Sinowjew geführte bolschewistische Verteidigungskomitee des Petrograder Sowjets. Die Bolschewiki ließen Fabriken militärisch abriegeln und führende Menschewiki und Agitator*innen anderer Parteien und Anarchist*innen verhaften. Mehrheitlich gelang es aber mit Diskussionen, eine weitere Eskalation zu verhindern. Die Lebensmittelrationen der Arbeiter*innen wurden erhöht. Die dazu benötigten Lebensmittel wurden mittels bewaffneter Beschaffungstrupps auf typisch kriegskommunistische Weise von den Bäuer*innen eingetrieben. Die Anhänger*innen des Kronstädter Aufstands behaupteten, dieser stünde im Einklang mit den Petrograder Arbeiter*innenstreiks. Doch in Kronstadt wurde der freie Getreidehandel gefordert, was dem Interesse der Arbeiter*innen in den Städten an einer schnellen und besseren Versorgung mit Lebensmitteln widersprach. Zudem waren die Streiks in Petrograd bereits beendet, als der Aufstand in Kronstadt ausbrach.
Die Marinebasis revoltiert
Kronstadt war 1917 eine Hochburg der Revolution, viele Matros*innen kämpften an vorderster Front im Bürgerkrieg. Trotzki hatte die radikalen Matros*innen als “Stolz der Revolution” bezeichnet. Der harte Kern der Aufständischen 1921 bestand jedoch aus Matros*innen, die ländlich-bäuerlicher Herkunft waren und nach Heimaturlauben Hass auf die Getreidebeschlagnahmung entwickelt hatten. Gerade die von Trotzki und anderen vorgebrachte These von einer veränderten Zusammensetzung der Matros*innen im Vorfeld des Kronstädter Aufstands wird von manchen Forscher*innen bestritten. 2002 wollte der Historiker Israel Getzler in seinem Buch “Kronstadt – The Fate of Soviet Democracy” nachweisen, dass die meisten Aufständischen von 1921 schon 1917 in der Baltischen Flotte waren. Tatsächlich war die Zusammensetzung der Garnison im besagten Jahr gemischter. Was aber klar ist, ist dass der Anteil der aktiven Kommunist*innen unter den Matros*innen gegen Ende des Bürgerkriegs zurückging. Neben politischen Gründen waren die Ursachen oftmals banal: Politische Inaktivität, religiöse Gefühle oder nicht bezahlte Mitgliedsbeiträge. Besonders groß aber war die Entfremdung bei den Matros*innen aus Bäuer*innenfamilien, besonders wenn sie aus den wohlhabenderen und getreidereicheren Gebieten Südrusslands und der Ukraine kamen. Andere Matros*innen unter den etwa 16000 Marinesoldat*innen in Kronstadt blieben ihren kommunistischen Überzeugungen aber weiterhin treu und standen loyal zur Sowjetregierung. Das führte zu starken Spannungen innerhalb der Garnison: Viele Matros*innen verweigerten die Teilnahme am Aufstand und traten mutig dagegen auf. Von der Forderung “Freiheit für alle sozialistischen Parteien” hielten die Matros*innen von 1917 auch nichts – wussten sie doch, welche negative Rolle die SR und die Menschewiki in Revolution und Bürgerkrieg gespielt hatten. Dafür wurden sie von den Rebell*innen mit Repression belegt oder mussten zusehen, dass sie die Insel verließen.
Auf einer tumultartigen Versammlung am 1. März, bei der Redner*innen der Kommunistischen Partei (die zunächst noch mitdiskutieren durften) niedergebrüllt wurden, bildete sich ein nicht gewähltes “Provisorisches Revolutionskomitee”, angeführt vom Matrosen Stepan Petritschenko, das in seinen Resolutionen zu einer gewaltsamen “Dritten Revolution” aufrief. Dieser Stepan Petritschenko war ein ehemaliger Anarchist, zeitweise SR und zeitweise Mitglied der Kommunistischen Partei. Das Komitee verstand sich als bewusst parteilos und propagierte “Sowjets ohne Parteien”. Tatsächlich aber waren neben abtrünnigen Bolschewiki und Anarchist*innen auch SR-Leute, Menschewiki, rechte “Volkssozialist*innen” und Anhänger*innen der bürgerlichen Kadetten-Partei beteiligt. Dazu kam der ehemalige zaristische General Koslowski, der zwar nicht Mitglied des Provisorischen Komitees war, aber als militärischer Berater und Kommandeur der Artillerie mitmischte.
Aus der Forderung nach Neuwahl der Sowjets wurde schnell die Losung “Sowjets ohne Kommunist*innen!” Paul Avrich und andere wiesen korrekterweise darauf hin, dass dieser Slogan keinen offiziellen Charakter hatte. Aber doch war das die Quintessenz aller Forderungen der meuternden Matros*innen. In abgewandelter Form wurde die Verjagung der Kommunist*innen aus den Räten und von der Macht im ganzen Land in den folgenden Tagen in den Leitartikeln der “Iswestija”, der Aufstandszeitung, immer wieder als erklärtes Ziel des Aufstands genannt. Das Komitee ließ die Kader der KP verhaften und drohte mit ihrer Erschießung. In der Literatur der Befürworter*innen des Aufstands wird immer wieder beteuert, dass die Rebell*innen den KP-Kadern (insgesamt wurden 300 von ihnen verhaftet) kein Haar krümmten und sie verweisen auf eine Resolution, nach der die Todesstrafe abzulehnen sei und das Leben der Gefangenen “heilig” sei. Doch aus Dokumenten im Quellenband “Die Kronstadt-Tragödie” wissen wir heute, dass es Überlegungen gab, mit den gefangenen Kommunist*innen “kurzen Prozess” zu machen, bis hin zu Massenerschießungen, die nur nicht ausgeführt wurden, weil die Rote Armee anrückte und man angesichts der absehbaren Niederlage Vergeltung fürchtete. Der Anarchist und Gefängnisleiter (diese Kombination gab es in Kronstadt!) Stanislaw Schustow forderte öffentlich Massenhinrichtungen von Kommunist*innen, die während des Aufstands im Gefängnis der meuternden Garnison saßen. (Kronstadt-Tragödie, Bd. I, S. 40)
Auf der Versammlung am 1. März, die auf dem Ankerplatz vor den zwei Kriegssschiffen “Petropawlowsk” und “Sewastopol” stattfand, sprachen für die Regierung Kusmin und Kalinin. Offenbar waren sie nicht allzu geschickt und deeskalierend und drohten den Aufständischen mit Vergeltung, was diese nur mehr aufstachelte. Am 2. März nannte die Sowjetregierung den Aufstand offiziell eine “konterrevolutionäre weißgardistische Verschwörung”. Möglicherweise hätte ein geschickteres und ehrlicheres Vorgehen der Repräsentant*innen der Sowjetmacht die Lage entspannen können und verhindert, dass Tausende Matros*innen und einige Zivilist*innen sich einem bewaffneten antikommunistischen Aufstand anschlossen. Auf die Mitglieder der Kommunistischen Partei in Kronstadt, wurde von seiten der Rebellen – wie Berichte von Zeitzeug*innen zeigen – massiver Druck ausgeübt, öffentlich ihren Austritt aus der “Partei der Henker Russlands” zu erklären. Man druckte Austrittserklärungen in der Zeitung der Aufständischen ab. Das “Provisorische Revolutionskomitee” um Petritschenko verhängte am 3. März den Ausnahmezustand und eine Ausgangssperre für die ganze Festungsstadt mit ihren 26000 Einwohner*innen, die damit zu Geiseln der Rebell*innen wurden.
Das Programm der Aufständischen
Am 1. März wurde auf jener Versammlung von 16.000 Matros*innen, die gemeinhin als Beginn des offenen Aufstands gilt, die berühmte 15-Punkte-Resolution angenommen. Sie wirkt auf den ersten Blick progressiv und gilt Vielen als Beleg dafür, dass die Matros*innen für sozialistische Ziele und Arbeiter*innendemokratie standen. Gefordert wurde die Neuwahl der Sowjets, was für sich genommen völlig akzeptabel war. Viele Forderungen basierten beim ersten Hinsehen auf Forderungen nach einer Wiederherstellung der Rätedemokratie. So forderten sie Pressefreiheit für alle sozialistischen Parteien (also auch der rechten SR und Menschewiki, die vor der Oktoberrevolution an der Macht waren und Bolschewiki verfolgen ließen). Es wurde die Forderung nach gleichen Lebensmittelrationen für alle aufgestellt. Während des Bürgerkrieges gab es Spezialrationen für technische Spezialist*innen, politische Leitungskader und Offizier*innen. Das war ein Bruch mit sozialistischen Prinzipien, aber war eine ökonomische Notwendigkeit, wollte man deren Fachwissen und Fertigkeiten nutzen. Unter den Parteimitgliedern in Leitungspositionen gab es damals ein Lohnmaximum. Allerdings gab es höhere Lebensmittelrationen – sonst hätten die Funktionär*innen der KP ihre Tagesarbeit von manchmal 16 Stunden täglich leisten können. Die aufständischen Matros*innen waren im Allgemeinen – anders als die Arbeiter*innen Petrograds – ausreichend genährt. Zugleich aber wurde von den Aufständischen freier Getreidehandel gefordert, eine Forderung die eindeutig den Interessen der besitzenden Bäuer*innennschaft entsprach und den arbeitenden und hungernden Massen kaum zu Gute gekommen wäre. Es war ein in jeder Hinsicht widersprüchliches Programm. Jedenfalls ist die Behauptung von “Rätekommunist*innen” und Anarchosyndikalist*innen, dass der Aufstand das letzte Aufbäumen des Proletariats gegen einen bolschewistischen “Staatskapitalismus” sei (Behauptung des niederländischen Rätekommunisten Cajo Brendel) politisch absurd. Der Ton der Aufständischen wurde von Tag zu Tag aggressiver, befeuert von gestreuten Gerüchten über Repressionen in Petrograd. Offen konterrevolutionäre Organisationen gingen auf Tuchfühlung mit den Rebell*innen.
Gerade die scharfe Stoßrichtung gegen die Kommunistische Partei und die Forderung nach freiem Handel hatten eine gewaltige Sprengkraft. Diese Punkte wurden stark betont und drückten prägnant den bäuerlichen Charakter des Aufstands aus. In der Aufstandszeitung ”Iswestija” wurde behauptet, dass “die Herrschaft der kommunistischen Kommissar*innen” schlimmer sei als die des Zaren. Dass die Aufständischen alles andere als links waren, zeigte sich daran, dass die Herausgeber*innen nur mit Mühe und Not den Abdruck entlarvender antisemitischer Aufrufe verhindern konnten. In der Quellensammlung “Die Kronstadt-Tragödie” wird beispielhaft für diese Stimmung unter den Aufständischen ein Brief des Matrosen Dmitri Jurin vom 4. März zitiert, der der Roten Armee in die Hände fiel. Dort heißt es: “Die Kommune haben wir auseinander gejagt, Kommune gibt es bei uns nicht mehr, jetzt haben wir nur noch die Rätemacht. Wir haben bei uns in Kronstadt eine Resolution erlassen, um alle Itzen nach Palästina zu verbannen, damit es bei uns nicht so eine Scheußlichkeit gibt. Alle Matros*innen schreien “Nieder mit den Itzen!”, die haben wir in den letzten Jahren satt und die Kommune haben wir auch seit vier Jahren satt!” (Kronstadt-Tragödie, Bd. I., S. 119)
Die politische Ideologie der Aufständischen, die von einer kruden Mischung aus Anarchismus, kleinbürgerlichen Vorurteilen, bäuerlichem Populismus und Nationalismus geprägt war, ist gut dokumentiert, da alle Inhalte der Aufstandszeitung “Iswestija” mit ihren Artikeln und sogar darin enthaltenen Gedichten bekannt und nachlesbar sind. Sie sprechen vielfach für sich.
Am 9. März bspw. schrieben sie in einem Aufruf:
“Die Herrschaft der Kommunist*innen hat ganz Russland beispielloses Elend, Hunger, Kälte und vielerlei anderes Unglück gebracht. […] Die Kommunist*innen brauchen nicht euch, sondern die Macht über euch, damit sie auch in Zukunft das Volk zu ihrem eigenen Wohlergehen knechten können.”
“…um das Familienleben zu zerstören, haben unsere Herrscher*innen die Gemeinschaftskantinen eingeführt!”
(Kool/Oberländer, Arbeiterdemokratie und Parteidiktatur, München 1972, S. 417 + 489)
Am 11. März: “Eine neue kommunistische Knechtschaft entstand: Der*die Bäuer*in wurde zum Knecht auf den Sovchosen [Staatsgütern], der*die Arbeiter*in zu*r Lohnempfänger*in in einer staatlichen Fabrik.”
Es wurde gedichtet: “Erhebe dich, Bäuer*innenvolk! / Eine neue Morgenröte bricht an / Wir werden die Ketten Trotzkis / und den Zaren Lenin abschütteln” (ebd., S. 510)
Der anarchistische Historiker Paul Avrich analysierte – obwohl er mit den Aufständischen insgesamt sympathisierte – gut deren Nationalismus und deren Ignoranz und Desinteresse am wirklichen weltrevolutionären Geschehen, trotz gelegentlicher abstrakter Appelle an das “internationale Proletariat” und die “Weltrevolution”.
So wurde der Kommunismus als “landfremd” bezeichnet. In den ersten Tagen fiel auf, dass Trotzki und Sinowjew, die als gebürtige Juden besondere Feindbilder waren, namentlich attackiert wurden. Lenin und Kalinin nahm man zunächst davon aus, weil sie “echte Russen” waren. Erst als sie die Aufständischen als “weißgardistische Verschwörer*innen” bezeichneten, richtete sich der Hass der rebellierenden Matros*innen auch persönlich gegen sie.
“Echte Sowjets” (ohne Parteien und besonders ohne Kommunist*innen) wurden von den Rebel*innlen als “Organe des Volkes” gesehen – die Kommunist*innen und Kommissar*innen dabei zum störenden Feindbild erklärt. Damit knüpften die Kronstädter sehr klar an reaktionäres Gedankengut an. Allerdings lehnten die Kronstädter Rebell*innen den Parlamentarismus und die Verfassungsgebende Versammlung, die Menschewiki und SR forderten, auch ab. Hier irrte sich Lenin, als er den Aufstand im März 1921 als “Aufstand für die Konstituante” bezeichnete.
Wer sich das krude Gedankengut der Aufstandsführer*innen zu Gemüte führt, dem wird schnell klar, dass diese Rebellion insgesamt keine progressive Ausrichtung hatte und gewiss nicht für einen besseren Sozialismus stand!
Nun hatten diese Leute die bedeutende Marinefestung in ihrer Hand, mit schwerer Artillerie und zahlreichen Kriegsschiffen, die noch in der vereisten Bucht lagen.
Die Rote Armee schlägt zurück
Es musste also schnell reagiert werden. Vermittlungsversuche, unter anderem der Anarchistin Emma Goldman und ihres Genossen Alexander Berkman, scheiterten. Schließlich stellte Trotzki den Rebell*innen am 5. März ein Ultimatum, sich zu ergeben. Die vielfach zitierte falsche Behauptung, Trotzki habe ihnen gedroht, sie “wie die Rebhühner abknallen” zu wollen, wird bis heute in Artikeln immer wieder aufgewärmt. Allerdings gab es diese nicht gerade hilfreiche markige Drohung anscheinend in einem über Kronstadt abgeworfenen Flugblatt des Verteidigungskomitees des Petrograder Sowjets, der unter Leitung Sinowjews stand. Die Aufständischen wollten Zeit gewinnen, bis das Eis der Bucht schmilzt und ihre Kriegsschiffe freie Fahrt nach Petrograd hatten. Es blieb also keine Zeit mehr. Ab dem 7. März stürmten 17.000 Rotarmist*innen mit Artilleriefeuer die Festung über die vereiste Bucht. Es brauchte mehrere Angriffswellen, denn die Aufständischen konnten die ungeschützt vorwärts stürmenden Truppen leicht niedermähen. Am Ende setzten Trotzki und Tuchatschewski auch Flugzeuge ein, die erst mit Aufrufen und später auch mit Bomben warfen.
In der antibolschewistischen Literatur wird oft behauptet, dass es massenhaft Desertationen auf Seiten der anstürmenden Rotarmist*innen gab. Tatsächlich kam das vereinzelt vor – aber nur selten aus politischen Gründen. Der Hauptgrund war die verständliche Angst ums eigene Leben bei diesem gefährlichen Einsatz. Echte politische Motive waren selten von fortschrittlichen Ansichten geprägt: So weigerten sich einzelne Rotarmist*innen bäuerlicher Herkunft, für “die Jüd*innen” zu kämpfen und wurden daher von verlässlichen Roten Offiziersschüler*innen (Kursantiy) aus dem Kommunistischen Jugendverband ersetzt. Unter den Aufständischen versuchten Agitator*innen auch, die angreifenden Rotarmist*innen mit antisemitischen Losungen zum Überlaufen zu bringen. Das gelang zum Glück nicht. (Kronstadt-Tragödie, Bd. I. ) Dass in Kronstadt selbst beileibe nicht alle Matros*innen und erst recht Zivilist*innen hinter dem Aufstand standen, zeigte sich auch daran, dass beim Eindrücken der Roten Armee die Besatzung eines der Forts dieses kampflos übergab. Manche Matros*innen schlugen sich sogar aktiv und bewaffnet auf die Seite der Roten Armee. (Avrich, S. 209 ff.) Am 18. März wurde der Aufstand nach einem blutigen Häuserkampf unter gewaltigen Verlusten besiegt. Die Verteidigung der Sowjetmacht kostete ca. 10.000 loyalen Rotarmist*innen das Leben. Ihnen hatten sich unter hohen Opfern auch freiwillig 300 Delegierte des X. Parteitags der Kommunistischen Partei Russlands angeschlossen, darunter auch Angehörige der “Arbeiter*innenopposition” und der “Demokratischen Zentralisten”, die starke Kritik an der Sowjetregierung übten, aber den konterrevolutionären Charakter des Kronstädter Aufstands erkannten. Alexandra Kollontai, die Lenins und Trotzkis Kurs scharf kritisierte, rief ihre Anhänger*innen aus der “Arbeiter*innenopposition” dazu auf, sich am Sturmangriff zu beteiligen. Politisch gesehen war das nicht verwunderlich. Denn sie und ihre Fraktion waren auch – anders als Lenin und Trotzki – prinzipiell gegen Zugeständnisse an Privathandel und die Bäuer*innenschaft. Dass Delegierte des Parteitags der regierenden Partei ihr Leben im Kampf riskierten, zeigt deutlich auf, dass die Partei damals noch nicht vollkommen bürokratisiert war und auf opferbereite Mitglieder auch in führenden Positionen setzten konnte. Delegierte kämpften selbst mit der Waffe in der Hand und dienten als Agitator*innen. Gut ein Sechstel der in den Kampf gezogenen Parteitagsdelegierten starb auf dem Eis der Kronstädter Bucht.
Die politischen Folgen
Die Aufständischen hatten deutlich weniger Opfer zu beklagen, doch wurden einige von ihnen inhaftiert und einige Hundert hingerichtet. Ab 1923 wurden einige Tausend von ihnen aus den Gefängnissen nach Solowezki gebracht, der Gefangeneninsel im Weißen Meer, die als erstes GULAG-Lager gilt. Die allermeisten kamen aber nach ein paar Jahren frei. Die Sowjetmacht erließ nach ein paar Jahren der Repression und Vergeltung eine allgemeine Amnestie. Es war eben noch nicht die Zeit des Stalinismus. Der Aufstandsführer Petritschenko und mehrere Tausend Aufständische aber – darunter ein Großteil der Führung der Rebellion – flohen noch kurz vor dem Einrücken der Rotarmist*innen in Kronstadt übers Eis ins von den Weißen regierte Finnland, wo sie Kontakte zu konterrevolutionären rechten Exilgruppen pflegten. Petritschenkos weiterer Werdegang ist überaus seltsam: In den 1930ern näherte er sich im Exil dem Stalinismus an und kehrte später in die Sowjetunion zurück. Er kooperierte mit dem stalinistischen Geheimdienst GPU. (Was Stalin nicht davon abhielt, ihn später zu inhaftieren und doch noch hinzurichten). Lenin dachte kurze Zeit nach dem Kronstädter Aufstand daran, die Baltische Flotte ganz aufzulösen. Doch das wurde von der Partei abgelehnt. Trotzki sorgte besonders energisch dafür. Der angebliche “Diktator” und “neue Zar” Lenin wurde hier ganz einfach demokratisch überstimmt. Schließlich wurde Kronstadt wieder zu einem wichtigen Stützpunkt der Roten Marine, die Petrograd und später Leningrad sicherte. (Im Zweiten Weltkrieg, bei der Belagerung Leningrads durch die Wehrmacht, sollte sich das noch auszahlen). Die Bolschewiki benannten die Schiffe der Aufständischen, die Schiffe “Petropawlowsk” und “Sewastopol” in “Marat” und “Pariser Kommune” um, um die Revolutionen der Vergangenheit zu ehren. Die politische Arbeit der KP in der Flotte wurde verstärkt. Die ökonomischen Forderungen der Matros*innen zu Gunsten der Bäuer*innenschaft wurden ab Sommer 1921 durch die Neue Ökonomische Politik (NEP) erfüllt. In der NEP wurde die Getreidebeschlagnahmung durch eine Naturalsteuer ersetzt und der kleine Privathandel wieder ermöglicht, was den Bäuer*innen, Handwerker*innen und Kleinhändler*innen zu Gute kam. Politisch aber riss der Aufstand eine tiefe Wunde. Die Entwicklung zur Einparteiherrschaft verstärkte sich.
Auf dem X. Parteitag, der nach der Niederschlagung des Aufstands fortgesetzt werden konnte, wurde zur Festigung der Geschlossenheit der Partei in der Krise das Fraktionsverbot beschlossen. Statt mehr Demokratie gab es weniger. Jedoch sollte man bei alledem nicht vergessen, dass noch bis Mitte der 20er-Jahre SR, Menschewiki und Anarchist*innen zu Sowjetwahlen und Wahlen für Fabrikkomitees antreten konnten. Erst die Zerschlagung der Linken Opposition sollte dazu führen, dass auch hiermit von der neuen Bürokratie Schluss gemacht wurde. (Vgl. Kevin Murphy, Revolution and Counterrevolution: Class Struggle in a Moscow Metal Factory) Die letzten legalen anarchistischen Clubs und Vereine wurden zeitgleich verboten und geschlossen. (Paul Avrich, The Russian Anarchists, New York 1967, S. 244 ff)
Zur Bewertung
Kronstadt 1921 war nicht die erste, aber die dramatischste und symbolträchtigte Zuspitzung eines Konfliktes zwischen demoralisierten Arbeiter*innen und Bäuer*innen und der Sowjetmacht unter den Bedingungen einer isolierten Revolution, von Hunger und Erschöpfung.
Der Aufstand stellte sich gegen eine Revolution, die in einer schwierigen Lage ums Überleben kämpfte. Hätte man diese Kräfte gewähren lassen, hätte dies das Ende der Errungenschaften von 1917 eingeleitet. Hinter der Losung “Sowjets ohne Kommunist*innen” konnten sich reaktionäre Kräfte aller Art gut verstecken. Diese selbst machten 1921 keinen Hehl daraus, notfalls auch über den Umweg von Sowjets ohne Bolschewiki ihre Ziele durchsetzen zu wollen. Der Anführer der liberalen bürgerlichen Kadetten-Partei, Miljukow, wurde von Lenin und Trotzki als Beispiel zitiert. Schon Trotzki hatte 1921 darauf hingewiesen, wie euphorisch das kapitalistische Ausland, und besonders die Börse, auf den Aufstand reagierte.
Besonders von anarchistischer Seite wurde und wird Kronstadt 1921 immer als Vorzeigebeispiel für ihre Abgrenzung vom Bolschewismus verwendet. Bis heute werden von anarchistischer Seite – Avrich ist da eine Ausnahme – die alten Klassiker zitiert: Emma Goldman, Alexander Berkman, Voline usw. Die reaktionären Seiten dieses Aufstand werden dabei weitgehend ignoriert oder heruntergespielt.
Im Groben steckt in der anarchistischen Sicht die Idee, dass das, was irgendwie „von unten” kommt, sich gegen die politische Zentralgewalt stellt und scheinbar spontan ist, allein deshalb für den besseren und richtigen Sozialismus stünde.
Im Jahr 1921 waren viele Anarchist*innen kurz davor, sich der Kommunistischen Internationale anzuschließen. Das galt besonders für die einflussreiche syndikalistische CNT/FAI in Spanien. “Kronstadt” galt ihnen als Grund dafür, diesen Schritt mehrheitlich nicht zu gehen. Anarchist*innen wie Emma Goldman klagten vor allem Trotzki als Chef der Roten Armee wegen der Niederschlagung des Aufstands von Kronstadt an. Sie verweigerten ihm in den 1930ern auch jede Solidarität anläßlich der Stalin’schen Repression. “Trotzki protestiert zu viel” schrieb Emma Goldman damals. Das war zur Zeit der blutigen Kommunist*innenverfolgungen in der Sowjetunion im Zuge der “Moskauer Prozesse”!
Anarchist*innen und andere linke Bolschewismus-Kritiker*innen bezeichneten es als zynisch, dass die Bolschewiki im März 1921 ihren Sieg mit einer Parade feierten, bei der sie auch des 50. Jahrestages der Pariser Kommune gedachten. Angeblich hätten sie “die Kronstädter Kommune in Blut ertränkt”. (Alexander Berkman) Tatsächlich aber hetzten die Kronstädter Aufständischen wörtlich gegen “die Kommune”. Der Begriff war ein Schimpfwort und eine Feindbild für sie.
Vor allem aber zeigt die Lage der Bolschewiki 1921 gut auf, vor welchen Schwierigkeiten das städtische Proletariat stehen kann, wenn es die Macht ergreift und als Minderheit in einem Bäuer*innenland isoliert bleibt. Womöglich hätten die Kommunard*innen von Paris 1871 auch vor solchen Problemen gestanden, wenn sie nicht schon nach wenigen Wochen blutig gestützt worden wären…?
Als Trotzki in einer Rede die Rotarmist*innen ehrte, die ihr Leben beim Sturm auf Kronstadt ließen, wählte er folgende zwar pathetische, aber angesichts des tragischen Ereignisses und des Todes von 10.000 gefallenen Kämpfer*innen für die Verteidigung der Revolution, passende Worte:
“Wir warteten so lange wie möglich, damit unsere verblendeten Matros*innengenossen mit eigenen Augen sehen konnten, wohin die Revolte sie führte. Aber wir wurden mit der Gefahr konfrontiert, daß das Eis schmelzen würde, und waren gezwungen, kurz, scharf und entscheidend zuzuschlagen. Mit unvergleichlichem Heroismus, in einem Waffengang ohnegleichen in der Militärgeschichte nahmen unsere kursanti (Militärkadetten) – und die von ihnen inspirierten Einheiten der Roten Armee – eine vorzügliche Seefestung im Sturm. Ohne einen einzigen Schuß abzugeben, gingen diese Söhne des Rußlands der Arbeiter*innen und Bäuer*innen, würdig der Revolution, über das Eis vor. Einige gingen ohne ein Wort der Klage zugrunde, aber der Rest ging weiter vor bis zum endgültigen Sieg. Sie werden von den arbeitenden Massen Rußlands und der ganzen Welt niemals vergessen werden.”
Karl Radek schrieb 1921 noch in einem bemerkenswerten Artikel in der Zeitschrift “Russische Korrespondenz”, dass Revolutionen allgemein geführt werden, damit die Massen besser leben. Aber angesichts von Bürgerkrieg und Isolation könne eine Revolution zunächst eine Verschlechterung des Lebensniveaus bringen. In dieser Situation, so betonte Radek, dürfe die fortgeschrittenen Teile der Klasse das Heft nicht den Demoralisiert*innen und Rückständig*innen überlassen. Auch wenn die materiellen Bedingungen in zukünftige Revolutionen sicher besser sein werden, als im damaligen Russland, enthalten diese Zeilen sehr viel allgemeingültige Wahrheit.
Lenin schrieb am 26. März 1921: “Glauben Sie mir, in Russland sind nur zwei Regierungen möglich: entweder eine zaristische Regierung oder die Sowjetregierung.” (LW Bd. 36, S. 528)
Der Kronstädter Aufstand wird gern in eine Reihe mit späteren Aufständen gegen den Stalinismus gesetzt: Ob 1953 in der DDR, 1956 in Ungarn, 1956, 1970 und 1980 im Polen oder 1968 in der CSSR. Oberflächlich betrachtet gab es sicher Parallelen. Aber die Regierungen, gegen die sich diese späteren Aufstände richteten, waren qualitativ unterschiedlich zu Lenins und Trotzkis Regierung. Diese Aufstände richteten sich gegen stalinistische Regime und Parteien, die von Revolutionär*innen weitgehend “gesäubert” waren und unter denen die Bürokratie schon vollkommen verfestigt war. Die Zielsetzung der proletarischen Weltrevolution und der konsequent internationalistische Geist, die unter den Kommunist*innen von 1921 noch lebendig waren, waren von den späteren stalinistischen Apparatschiks längst aufgegeben worden.
Von sowjetischer Seite ist viel über die Verstrickung des kapitalistischen Auslands und weißer Organisationen geschrieben worden und über die Rolle des Generals Koslowski. Wir wissen heute sicher, dass all diese Kräfte beim Aufstand mitgemischt haben. Aber nicht sie waren die treibende Kraft, sondern die Enttäuschung der einfachen Matros*innen über die verfahrene Lage 1921. Lenin, Trotzki und ihre Partei erkannten das. Mit der NEP änderten sie radikal ihren Kurs gegenüber der Bäuer*innenschaft. Lenin hatte den Kronstädter Aufstand daher als “Blitz” bezeichnet, der “die Wirklichkeit erhellt”.
Das wirft die Frage auf, ob die blutige Zuspitzung hätte verhindert werden können, wenn der an seine Grenze geratene “Kriegskommunismus”, das staatlich-repressive Abschöpfen der landwirtschaftlichen Produkte, schon früher beendet worden und der neue wirtschaftliche Kurs schon früher umgesetzt worden wäre.
Diese Debatte bleibt wichtig, um Lehren für die Zukunft zu ziehen und Revolutionär*innen sollten die Geschehnisse von Kronstadt nicht einfach als Heldentat der bolschewistischen Einheiten abfeiern, sondern die Beschädigung ernst nehmen, welche das revolutionäre Projekt dadurch erlitt.
Aus der Sicht der historisch Verantwortlichen war die Niederschlagung des Aufstands jedoch, wie Trotzki schrieb, eine “tragische Notwendigkeit” und ohne jede Alternative, trotz der bis heute diskutierten Folgen.