von Keely Mullen (Socialist Alternative, ISA in den USA)
Die COVID-Pandemie hat die katastrophale Unfähigkeit des westlichen Kapitalismus offengelegt. Eine neue Studie kommt zu dem Ergebnis, dass 40% der COVID-Todesfälle in den USA vermeidbar gewesen wären. Das sind Hunderttausende, die nicht hätten sterben müssen. Die Regierungen der EU, der USA und Großbritanniens haben alle völlig dabei versagt, das Virus einzudämmen. Ihre höchste Priorität war es, die globale Profitmacherei für ihre eigene heimische Kapitalist*innenklasse wieder in Gang zu setzen, was zu einem wahnwitzigen Kreislauf von Schließungen und überstürzten Wiedereröffnungen geführt hat. Sie haben auf nationalistisches Horten von Ressourcen zurückgegriffen, was die Krise nur verschlimmert hat und es dem Virus ermöglicht hat, in anderen Teilen der Welt um sich zu greifen und zu mutieren.
Leider ist dies nicht die einzige Pandemie, die wir erleben werden. Wissenschaftler*innen sagen voraus, dass zukünftige Pandemien häufiger auftreten, sich schneller verbreiten und mehr Menschen töten werden. Die Ausbeutung des Planeten durch kapitalistische „Entwicklung“ ist das, was uns COVID überhaupt erst beschert hat: Die Abholzung von Wäldern und die Störung von wilden Lebensräumen (immer im Namen des Profits) erhöht den Kontakt zwischen Wildtieren, Vieh, Krankheitserregern und Menschen und ist ein Hauptgrund für die Verbreitung von Infektionskrankheiten. Wenn es jemals einen Zweifel daran gab, dass der Kapitalismus seinen Nutzen überlebt hat, dann sollte diese Krise ihn ausräumen.
Der Trend zur Deglobalisierung hat dazu geführt, dass die engen Interessen nationaler Kapitalist*innenklassen Vorrang vor einer global koordinierten Reaktion auf die Pandemie hatten. Zu Beginn der Pandemie entschieden sich die USA, auf die COVID-Testtechnologie der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zu verzichten und stattdessen einen selbstgemachten Test der Centers for Disease Control (CDC) zu verwenden, der später zurückgerufen wurde. Dieser Trend wurde durch die Impfkampagne nur noch verschärft, bei der westliche Kapitalist*innen Impfstoffe horten und einen Großteil der neokolonialen Welt ungeschützt lassen.
Die Folgen dieser Vorgehensweise sind komplett kontraproduktiv. So sehr sich nationale Regierungen es auch wünschen mögen, es ist fast unmöglich, seine Grenzen gegen die COVID-Bedrohung abzuschotten. Wenn das Virus in einem Teil der Welt zirkulieren kann und gefährliche neue Mutationen entwickelt, ist der Rest der Welt gefährdet.
Schon jetzt scheint die Coronavirus-Variante in Südafrika gegen den Impfstoff von AstraZeneca resistent zu sein, der als Königsweg zur Lösung von Ausbrüchen in der neokolonialen Welt gepriesen wurde, weil er pro Dosis billiger ist als andere Impfstoffe. Bloomberg schätzt, dass es bei dem derzeitigen Tempo 6,6 Jahre dauern wird, bis die Welt eine 75%ige Immunität gegen COVID erreicht hat.
Die Bereitstellung von Impfstoffen für die 7,8 Milliarden Menschen auf der Welt wird eine der größten logistischen Herausforderungen sein, die die Menschheit je bewältigt hat. Trotz des ganzen Hypes um die Innovationskraft des Kapitalismus versagt dieses System völlig bei der Bewältigung dieser Herausforderung. Die Konsequenz? Tod und Krankheit für die globale Arbeiter*innenklasse und die Armen, Megaprofite für die Profiteur*innen des Gesundheitswesens. Anstatt innovativ zu sein, wird das kapitalistische System zur Fessel für Innovation. Die üblichen neoliberalen Spielchen der Kapitalist*innenklasse, wie z.B. sich auf NGOs zu stützen, um die Probleme aufzufangen, versagen jetzt. Ohne eine zentrale Planung und ein Ende des Profitstrebens der Pharmakonzerne wird sich dieses Virus weiter seinen Weg durch die Weltbevölkerung bahnen.
Die Kapitalist*innen befinden sich in einer Zwickmühle. Auf der einen Seite würde die Lösung dieser Krise es ihnen ermöglichen, ihre Profitmacherei wieder fortzusetzen. Aber auf der anderen Seite erfordert die Lösung der Krise die Beendigung der Profitmacherei für die große Pharmaindustrie und möglicherweise für bestimmte Teile der Logistikindustrie. Sie wollen unbedingt wieder zur Tagesordnung übergehen, aber die Frage ist: Werden sie dazu in der Lage sein?
Globale Ungleichheit bei Impfstoffen
Schon früh in der Pandemie setzten wohlhabende westliche Länder wie die EU, die USA, Kanada und Großbritannien auf eine Reihe von Impfstoffen, die sich in der Entwicklung befanden, und bestellten Milliarden Impfdosen, insbesondere von Pfizer und Moderna. Sie reservierten genug Dosen, um ihre eigene Bevölkerung mehrfach zu versorgen und ließen die armen Länder dabei außen vor.
Noch bevor die Impfstoffe von den Behörden zugelassen wurden, stand fest, dass die wohlhabenderen Länder die verfügbaren Impfstoffe aufkaufen und die armen Länder schutzlos gegen COVID-19 zurücklassen würden. Tatsächlich wurde in den USA in den Verträgen der „Operation Warp Speed“ festgeschrieben, dass jeder Impfstoff, der mit amerikanischen Dollars entwickelt wurde, zuerst an Amerikaner*innen verimpft werden muss.
Es war die Voraussicht dieser Ungerechtigkeit, die zur Gründung des COVAX-Programms führte, einer Partnerschaft zwischen der WHO und GAVI, einer öffentlich-privaten „globalen Gesundheitsallianz“. GAVI, eine 20 Jahre alte Initiative der Bill und Melinda Gates Stiftung, bringt Pharmariesen und nationale und internationale Gremien zusammen, um „Impfstoffe in arme Länder zu schaffen.“
Die Absicht des COVAX-Programms war es, die Entwicklung bestimmter Impfstoffe finanziell zu unterstützen und im Gegenzug Milliarden von Dosen für arme Länder zu sichern. Aber selbst die weitreichendsten Ziele von COVAX würden kein Ende der Pandemie bringen. Das Programm sieht vor, bis Ende 2021 zwei Milliarden Dosen zu liefern. Damit wären nur 20 % der Bevölkerung in 91 armen und Ländern mit mittlerem Einkommen in Afrika, Asien und Lateinamerika abgedeckt. Und sie sind weit davon entfernt, auch nur dieses bescheidene Ziel zu erreichen, da sie damit ringen, genügend Unterstützung von den kapitalistischen Großmächten weltweit zu bekommen.
Das COVAX-Programm befindet sich nun im freien Fall, und sein Scheitern könnte bedeuten, dass arme Länder bis 2024 nicht einmal Zugang zu den Impfstoffen erhalten werden.
COVAX-Krise
Der Weg zu massenhaften Impfungen in armen Ländern ist übersät mit Hindernissen, die von der großen Pharmaindustrie aufgebaut wurden. Hindernisse, die nicht einmal der reichste Philanthrop überwinden kann.
Laut internen COVAX-Dokumenten, die Reuters vorliegen, besteht für das COVAX-Programm ein „sehr hohes Risiko“ des Scheiterns. Reuters berichtet, „die Förderer des Programms sagen, dass das Programm mit einem Mangel an Geldmitteln, Lieferrisiken und komplexen vertraglichen Vereinbarungen kämpft, die es unmöglich machen könnten, seine Ziele zu erreichen.“
Die Impfstoffe von Pfizer und Moderna, die auf einer brandneuen, revolutionären mRNA-Technologie basieren, haben sich als hochwirksam erwiesen. Berichten zufolge lösen beide zwar eine geringere Antikörperreaktion auf die südafrikanische Variante aus, sind aber generell wirksam, wenn sie mit einer Auffrischungsimpfung kombiniert werden. Diese Impfstoffe sind schneller und billiger zu produzieren als herkömmliche Impfstoffe und werden im Labor entwickelt, was bedeutet, dass die Produktion relativ einfach hochgefahren werden kann.
Trotz alledem hat COVAX nur magere Verträge mit Pfizer und Moderna und Milliarden von Menschen auf der ganzen Welt, die in armen Ländern leben, werden niemals Zugang zu diesem lebensrettenden Impfstoff erhalten. Der Grund? Profit, schlicht und einfach.
Obwohl die Impfstoffe von Pfizer und Moderna billiger zu produzieren sind, kosten sie viermal mehr als der weniger wirksame Impfstoff von AstraZeneca. Ryan Richardson, Chief Strategy Officer von BioNTech, der deutschen Firma, die den Impfstoff von Pfizer entwickelt hat, sagte, dass der Produktpreis „teilweise die Risiken widerspiegelt, die die Investor*innen eingegangen sind.“ Die Führungskräfte von Pfizer weigern sich, detaillierte Informationen darüber herauszugeben, wie sie zu diesen Preisentscheidungen gekommen sind oder was sie mit den erzielten Gewinnen zu tun gedenken. Werden sie wieder in Forschung und Entwicklung investieren? Höchst zweifelhaft, wenn man bedenkt, dass Pfizer doppelt so viel für Werbung, Managergehälter und Zulagen usw. ausgibt wie für Forschung.
In Anbetracht all dessen wird das COVAX-Programm kaum Zugang zu den neuen mRNA-Impfstoffen haben und auf billigere traditionelle Impfstoffe wie die von AstraZeneca und Novavax zurückgreifen müssen. Beunruhigend ist die Tatsache, dass Pfizer ein GAVI-Partner ist.
COVAX hat eine unverbindliche Vereinbarung mit AstraZeneca, Novavax und Sanofi getroffen, um 400 Millionen Dosen bereitzustellen. Diese drei Unternehmen haben jedoch alle mit Verzögerungen zu kämpfen, und die Impfstudien von AstraZeneca in Südafrika wurden kürzlich gestoppt, weil sich der Impfstoff als unwirksam gegen die gefährliche neue Variante namens B.1.351 erwies.
COVAX ist in einer so schlechten Lage, dass sie die CitiGroup beauftragt haben, sie zu beraten, wie sie finanzielle Fallstricke überwinden können.
Geistige Eigentumsrechte
Es gibt eine Welt, die gar nicht so weit von unserer entfernt ist, in der die revolutionäre mRNA-Impfstofftechnologie in die ganze Welt exportiert werden könnte, so dass Länder, die derzeit überhaupt keinen Zugang zu einem Impfstoff haben, die Blaupause von Pfizer und Moderna nutzen könnten, um Impfstoffe zu Hause herzustellen.
Eine Gruppe von Ländern hat vorgeschlagen, dass die Welthandelsorganisation (WTO) die traditionellen Beschränkungen des geistigen Eigentums aufhebt und ihnen genau dies erlaubt. Aber die WTO erfordert einen Konsens, und die USA, Großbritannien und die EU haben diese Bemühungen im Keim erstickt, den Wünschen ihrer Pharmariesen folgend.
Die Pharmariesen benutzen typisch kapitalistische Argumente, um zu sagen, dass der Patentschutz für die Innovation unerlässlich ist. Warum? Weil der Patentschutz ihnen ermöglicht, Profit zu machen, und Profite ermöglichen ihnen in Innovationen zu investieren.
Nun, wenn man bedenkt, dass die eigentliche Innovation für diese Impfstoffe mit öffentlichen Geldern und Ressourcen durchgeführt wurde – wie es bei der großen Mehrheit der medizinischen Durchbrüche der Fall ist – ist dieses Argument eine komplette Farce. Die Wahrheit ist, dass der Patentschutz ihnen ermöglicht, Profit zu machen, und Profite ermöglichen ihnen, fette Schecks an die Aktionär*innen auszuschütten.
Impfstoff-Diplomatie und Impfstoff-Protektionismus
Der Wettlauf um Impfungen ist ein Abbild der zwischenimperialistischen Rivalitäten auf der ganzen Welt. Auf der einen Seite haben wir einen unheimlichen und rücksichtslosen Protektionismus der USA, der EU und Großbritanniens gesehen, die ihre Vorräte horten. Auf der anderen Seite gibt es eine ebenso unheilvolle Instrumentalisierung des Impfstoffs zu diplomatischen Zwecken von China und Russland, die armen Ländern, die sie in ihrem globalen Wettbewerb mit westlichen Mächten, insbesondere den USA, umwerben, kostenlose Lieferungen von im Inland produzierten Impfstoffen zukommen lassen. Beide Ansätze, Impfstoff-Diplomatie und Impfstoff-Protektionismus, können letztlich als Impfstoff-Nationalismus kategorisiert werden, da sie beide enge nationale Interessen fördern.
Biden verfolgt im Allgemeinen die gleiche „America first“-Impfpolitik, die auch Trump vertreten hat, abzüglich der nationalistischen Rhetorik. Und die E.U. hat einen ähnlichen Ansatz gewählt. Ende Januar verhängte die EU Exportkontrollen für Impfstoffe und wies die Zollbehörden an, alle Impfstoffexporte in 100 Länder weltweit zu blockieren, sofern sie keine ausdrückliche Genehmigung von EU-Beamten erhalten. Darüber hinaus gibt es einen anhaltenden Streit zwischen der EU und Großbritannien über die Versorgung mit Impfstoffen. Die New York Times kommentierte dies mit den Worten: „Es gibt nicht nur zu wenig Impfstoff für viele ärmere Länder, um mit den Impfungen zu beginnen, sondern die wohlhabenden Länder können sich nicht einigen, wie sie die verfügbaren Dosen untereinander aufteilen sollen.“
Die Einführung des Impfstoffs in der EU war ein totales Desaster, nur 5% der Bevölkerung haben bis Anfang 2021 eine Dosis erhalten. Die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, musste dies zugeben, als sie sagte: „Wir haben die Zulassung zu spät erteilt, wir waren zu optimistisch, was die Massenproduktion angeht, und vielleicht waren wir uns auch zu sicher, dass die Bestellungen rechtzeitig geliefert werden würden.“
Der geradezu kriminelle Ansatz des Impfstoff-Protektionismus wird schlimme Folgen für die ganze Welt haben. Je länger es dauert, bis wir dieses Virus global bekämpfen, desto länger werden wir es auch im eigenen Land bekämpfen müssen.
Demgegenüber, und angesichts des Scheiterns des COVAX-Programms, sind die herrschenden Klassen Russlands und Chinas in Aktion getreten.
In einem „Soft Power“-Schritt bieten China und Russland ihre selbst hergestellten Impfstoffe – Russlands Sputnik V und Chinas Sinovac und Sinopharm – großen Teilen des Nahen Ostens, Afrikas und Lateinamerikas an. In einigen Fällen schicken sie hunderttausende Dosen „kostenlos“. Obwohl als Diplomatie getarnt, ist dies ein Versuch, Allianzen in ihrer andauernden Rivalität mit dem US-Imperialismus zu festigen. Die herrschenden Klassen Chinas und Russlands sind mehr daran interessiert, die Abhängigkeit der armen Länder von ihnen zu vergrößern, als die globale öffentliche Gesundheit zu garantieren.
Rollout-Chaos in den USA
Trump hat am Ende seiner Präsidentschaft große Versprechungen gemacht, unter anderem, dass 20 Millionen Amerikaner*innen bis Anfang Januar ihre erste Impfdosis erhalten würden. In Wirklichkeit waren zu Beginn des neuen Jahres weniger als drei Millionen Dosen verabreicht worden.
Die Nachricht, dass Joe Biden „Himmel und Erde in Bewegung setzen“ würde, um innerhalb seiner ersten 100 Tage im Amt 100 Millionen Impfungen zu verabreichen, war für viele Millionen Amerikaner*innen Musik in den Ohren. Als Joe Biden das Weiße Haus betrat, war die Impfstoff-Infrastruktur miserabel, schlampig und weitgehend unzureichend finanziert. Seine Regierung hat es geschafft, das Tempo der Impfungen auf 1,6 Millionen pro Tag zu erhöhen, was zwar eine ernsthafte Verbesserung gegenüber dem Jahresbeginn darstellt, aber immer noch unzureichend ist, da wir im Rennen sind, um die Coronavirus-Varianten auszustechen.
Trumps Versagen bei der Impfung
Wie Socialist Alternative in einem Artikel Anfang Dezember warnte:
„Eine enorme Herausforderung, vor der wir jetzt stehen, ist es, den Impfstoff von der Laderampe des Labors bis zu jedem Oberarm zu bringen. Das ist kein leichtes Unterfangen, besonders auf der Basis des Kapitalismus, wo logische Planung beim Streben nach Gewinnmaximierung zum Fenster hinausgeworfen wird.“
Und in der Tat wurde die logische Planung von Anfang an zum Fenster hinausgeworfen. Als die Impfstoffe von Pfizer und Moderna von der US Food and Drug Administration (FDA) zugelassen wurden, hatte die CDC noch keine Impfstoffrichtlinien herausgegeben, und den Bundesstaaten war kein Geld für den Aufbau einer Impfinfrastruktur zur Verfügung gestellt worden. Die COVID-Fälle stiegen weiter dramatisch an.
Es ist unmöglich, den enormen Druck zu unterzubewerten, der in dieser Krise auf die amerikanischen Arbeiter*innen im Gesundheitswesen ausgeübt wurde. Die COVID-Fälle häuften sich, während die Arbeiter*innen behelfsmäßige Intensivstationen mit gefährlichen Personalschlüsseln einrichteten. Und dann kam der Impfstoff. Ohne zusätzliches Personal, Ausbildung oder finanzielle Mittel wurde von den Arbeiter*innen erwartet, dass sie tausende Impfstoffdosen an noch nicht identifizierte priorisierte Gruppen verabreichen. Dies trug entscheidend dazu bei, dass viele der ausgelieferten Impfstoffdosen abgelaufen sind. Selbst jetzt laufen landesweit noch etwa 20 % ab, was ein absoluter Skandal ist. Im Gegensatz dazu hat es in Großbritannien das öffentliche Gesundheitssystem (National Health Service) trotz der schrecklichen Versäumnisse im Umgang mit der Pandemie geschafft, 25 % der Bevölkerung zumindest eine Dosis zu verabreichen.
Zu dem Chaos trug auch das völlige Fehlen einer Anleitung durch die Bundesregierung bei. Die CDC veröffentlichte am 20. Dezember einen abgestuften Plan zur Priorisierung. Aber bis dahin hatten keine zwei Staaten die gleichen Prioritätsgruppen oder Zeitvorgaben für die Verteilung des Impfstoffs. Da die CDC-Richtlinien nur Richtlinien und keine Vorschriften waren, hielten sich die Staaten in der Regel an ihre ursprünglichen Pläne und arbeiteten nach einem Flickenteppich unterschiedlicher Regeln.
Die Koordination zwischen Bundes- und Landesregierungen war ein totaler Witz. Während der gesamten Pandemie berichteten Gouverneur*innen von einem „Wildwest“-Szenario, bei dem die Bundesstaaten auf dem Markt für Schutzausrüstung und andere benötigte Materialien gegeneinander konkurrierten. Dieses Chaos hat sich bei der Impfkampagne in vielerlei Hinsicht wiederholt.
Auftritt links: Joe Biden
Joe Biden trat am 20. Januar sein Amt an und hat „Anstrengungen wie in Kriegszeiten“ angekündigt, um COVID unter Kontrolle zu bringen. Dazu gehört die Nutzung des Defense Production Act, um die Produktion zu beschleunigen, die Gewährung von Milliarden an direkter Hilfe für die Bundesstaaten, um deren Infrastruktur aufzubauen, die Einführung eines Jobprogramms für das öffentliche Gesundheitswesen und die Einstellung von Hunderttausenden von Arbeiter*innen im Gesundheitswesen, die Ausweitung der Impfstellen und der Start einer öffentlichen Aufklärungskampagne über die Vorteile des COVID-Impfstoffs.
Die Geschwindigkeit der Impfungen hat sich in der Tat erhöht, obwohl ein Teil davon nicht direkt auf die Intervention der Biden-Regierung zurückzuführen ist, sondern eher darauf, dass die staatlichen Systeme effizienter geworden sind. Eine Sache, die der Biden-Regierung gutgeschrieben werden muss, ist die Steigerung der Produktion aufgrund der Anwendung des Defense Production Acts für Kriegszeiten, der es der Bundesregierung erlaubt, die Produktion der notwendigen Versorgungsgüter zentral zu steuern.
Die verbleibenden Komponenten von Bidens „Kriegsanstrengungen“, die noch verabschiedet werden müssen, sind für die Demokraten, die jetzt beide Häuser des Kongresses kontrollieren, durchaus in Reichweite. Sie können die dringend benötigten Hilfeleistungen mit in Haushaltsabstimmungen oder durch die Abschaffung der undemokratischen Filibuster-Regeln durchsetzen. Es scheint, dass sie diesen Prozess vorantreiben, wenn auch nicht mit ausreichender Geschwindigkeit und Entschlossenheit. Und selbst bei der Haushaltsabstimmung sind es die Demokraten selbst, die das Hindernis sein könnten. Wenn nur ein einziger demokratischer Senator sich weigert, Bidens 1,9 Billionen Dollar schweren Plan zu unterstützen, ist er gescheitert.
Intervention des Großkapitals
Es ist wichtig zu betonen, dass der Umfang von Bidens Vorschlägen nichts mit seinem Wohlwollen zu tun hat. Die Ausgaben und Interventionen in diesem Umfang stehen im Dienste des Großkapitals, das verzweifelt versucht, die Menschen wieder an den Arbeitsplatz zu bringen und seine Profitmaschine wieder in Gang zu setzen. Genau aus diesem Grund springt das Großkapital in das Vakuum, um die Impfbemühungen in den Bundesstaaten voranzutreiben.
In North Carolina bündeln Honeywell International, Atrium Health und Tepper Sports & Entertainment ihre riesigen Netzwerke, um ein von großen Unternehmen angetriebenes Pilotprogramm zur Impfung zu starten. Sie verwandeln den Charlotte Motor Speedway in eine privat geführte und betriebene Drive-Through-Impfstelle. Im Bundesstaat Washington steigt Starbucks in das Spiel ein. Und auf nationaler Ebene hat Amazons Vizepräsident für weltweite Operationen einen Brief an Biden geschickt, in dem er die „Betriebs-, Informationstechnologie- und Kommunikationsfähigkeiten“ des Unternehmens für die nationalen Impfbemühungen anbietet.
Biden hat Begeisterung über die Beteiligung des privaten Sektors signalisiert. Das ist das Gegenteil von dem, was wir brauchen. Während die massiven Ressourcen der Konzerne in dieser Situation helfen können, weil es in ihrem Interesse liegt, ist das Endergebnis ein Wettlauf nach unten, wenn große Unternehmen an die Stelle öffentlicher Institutionen treten. Die Logik des Privateigentums ist, dass Gewinne an die Aktionär*innen ausgeschüttet werden müssen, anstatt sie in die Ausweitung und Verbesserung von Dienstleistungen zu investieren. Wir müssen die riesigen Ressourcen dieser Großkonzerne, wie Amazon, in demokratisches öffentliches Eigentum überführen und in den Aufbau eines qualitativ hochwertigen, transparenten öffentlichen Gesundheitssystems integrieren. Die Profite von Milliardär*innen wie Jeff Bezos dürfen keinen Platz in unserem COVID-Rettungsplan haben.
Die Notwendigkeit einer sozialistischen Welt
Der globale Kapitalismus befindet sich in einer totalen Krise. Wir haben eine klare Degeneration des Systems gesehen, sogar im Vergleich zu vor zwölf Jahren mit dem Crash von 2008-9. Die damalige Reaktion der herrschenden Klasse war völlig unzureichend, was sie jetzt mit der vorübergehenden Übernahme keynesianischer Maßnahmen weitgehend akzeptiert. Doch im Gegensatz zu heute war die globale herrschende Klasse 2008-9 zumindest einigermaßen geeint. Die Obama-Regierung koordinierte ihre Schritte mit China und der EU, im Gegensatz zu dem „Jeder für sich“-Nationalismus, den wir im letzten Jahr erlebt haben. Diese Herangehensweise wird in den kommenden Jahren immer katastrophaler werden, da wir mit mehr und möglicherweise schlimmeren Pandemien konfrontiert werden, ebenso wie mit der weitaus größeren Herausforderung des Klimawandels.
Die Herausforderung, vor der die herrschenden Klassen auf der ganzen Welt stehen, einschließlich der amerikanischen herrschenden Klasse, kann nicht unterschätzt werden. In Anerkennung dessen sind sie gezwungen, staatliche Eingriffe in die Wirtschaft in einem Ausmaß zu nutzen, wie wir es seit den 1930er Jahren nicht mehr gesehen haben. Dies zeigt sich an den massiven Konjunkturausgaben in den USA sowie an den Plänen für große Investitionen in die Infrastruktur. Natürlich wird gleichzeitig der Großteil der Hilfen, die sie den einfachen Leuten geben, in nicht allzu ferner Zukunft auslaufen, und sie werden dann in vorhersehbarer Weise versuchen, die Arbeiter*innenklasse die Rechnung für die Krise zahlen zu lassen, die sie geschaffen haben.
Vor der Arbeiter*innenklasse der Welt liegen wirkliche Mammutaufgaben. Kurzfristig müssen wir einen globalen, öffentlichen Plan für Massenimpfungen einfordern. Das bedeutet die sofortige Aufhebung aller Patente und des Schutzes des „geistigen Eigentums“ an den COVID-Impfstoffen und die Überführung von Pfizer, Moderna, AstraZeneca und der gesamten großen Pharmaindustrie in demokratisches öffentliches Eigentum. Dies würde es uns ermöglichen, ihre enormen Ressourcen und Technologien zu bündeln und die Produktion und Verteilung der Impfstoffe auf der ganzen Welt schnell zu steigern.
In einem viel breiteren Kontext müssen wir entschlossen intervenieren, um noch schlimmere und weitere Katastrophen zu verhindern. Das bedeutet, kämpferische, linke Massenorganisationen der Arbeiter*innenklasse auf der ganzen Welt aufzubauen und zu entwickeln. Es bedeutet, eine internationale sozialistische Bewegung aufzubauen, um für eine Welt zu kämpfen, die auf Solidarität aufbaut und nicht auf den engen nationalistischen Interessen der globalen Kapitalist*innenklasse.
Den Artikel im Original auf Englisch lesen.