Filmbesprechung: Seaspiracy von Ali Tabrizi

In der neuen Netflix-Dokumentation Seaspiracy setzt sich der britische Filmemacher Ali Tabrizi mit der Verschmutzung der Meere und der Nachhaltigkeit auseinander und begibt sich auf eine weltweite Reise, um die Frage zu beantworten, warum die Verschmutzung der Meere so schlimm geworden ist und wohl immer schlimmer wird. Und was noch wichtiger ist: Er fragt, was wir, die Weltbevölkerung, tun können, um die Ozeane zu retten.

von Heather O’Callaghan, Socialist Party (ISA in Irland)

Der Dokumentarfilm beginnt mit Tabrizis Hintergrundgeschichte über seine Liebe zum Leben im Meer, die er auf das Anschauen der Dokumentationen von Sylvia Earle, David Attenborough und Jacques Cousteau zurückführt. Nach etwa fünf Minuten werden die idyllischen Szenen von farbenfrohen, lebendigen Ozeanen jedoch mit erschreckenden Ausmaßen von Plastikverschmutzung in den Meeren kontrastiert. Die Schuld an diesem gefährlichen Schlamassel wird den normalen Menschen und dem Hausmüll zugeschoben. Doch das kratzt nur an der Oberfläche des Problems, wie der Film bald herausstellt.

Tatsächlich rührt das Problem nicht von den Menschen her, die an den Stränden Müll hinterlassen, und die Lösung besteht nicht darin, dass andere einfach Tausende von Müllsäcken sammeln, wenn sie unterwegs sind, und auch nicht darin, einfach mit der Verwendung von Einwegplastik wie Strohhalmen aufzuhören. 46 % der Plastikverschmutzung im Meer besteht aus Plastikfischernetzen, was zeigt, dass das Problem zum Großteil mit der systemischen Profitmacherei der großen Fischtrawler zusammenhängt.

Der Film lenkt unsere Aufmerksamkeit auf die grausame Realität der weltweiten Fischereiindustrie, die genug Inhalt für eine ganze Dokumentationsreihe bieten würde. Er konzentriert sich zunächst auf die barbarischen Waljagden in Japan und zeigt erschütternde und entsetzliche Szenen von Walen, Delfinen und Haien, die unnötig abgeschlachtet werden – als halbherzige und lächerliche Ausrede wird angeführt, dass die Fischer*innen mit ihnen um Fische konkurrieren. Mit ein wenig Recherche lässt sich diese Behauptung schnell entlarven. Die Fischer*innen konkurrieren nicht mit den Delfinen, sondern untereinander. Der Grund für den sinkenden Fischbestand sind nicht andere Tiere, sondern die Überfischung.

Außerdem ist die Unterhaltungsindustrie der Freizeitparks einer der größten Geld- und Auftraggeber für den Fang von jungen Delfinen und Walen für ihre Shows – da sie leichter zu trainieren und zu Showtieren zu formen sind – die bis zu 100.000 Dollar pro voll trainiertem Delfin einbringen. Die ekelerregenden Praktiken der Meeresparks sind keine Überraschung, besonders für alle, die vor einigen Jahren den Dokumentarfilm Blackfish gesehen haben. Dieser zeigte, dass für jeden gefangenen Delfin etwa 12 getötet werden.

Tabrizi weist auch auf den Markt für Haifischflossen in Asien hin, insbesondere in China, wo Haifischflossensuppe als Statussymbol gefragt ist und mehr als 100 Dollar pro Schale kostet. Die ökologischen Auswirkungen der Jagd auf Haie, bis hin zu ihrer Ausrottung, für die Suppe der Reichen sind gravierend – die Gesundheit der Fischbestände und Korallenriffe verschlechtert sich und die Ozeane werden zu Sümpfen. Zwischen 11.000 und 33.000 Haie werden pro Stunde getötet, wobei die Hälfte davon als Beifang (unbeabsichtigter Fang) von kommerziellen Fischereischiffen getötet wird. Das entspricht 50 Millionen Haien pro Jahr. Hunderttausende, wenn nicht Millionen, weiterer Meereslebewesen werden absichtlich oder unabsichtlich gefangen und getötet. Dies alles geschieht, um eine bestimmte Fischart zu fangen, die lächerlicherweise mit dem „blauen Häkchen“ des MSC gekennzeichnet und verkauft wird, was anzeigen soll, dass das Produkt mit „nachhaltigen Fangmethoden“ gefangen wurde.

Neben den Grausamkeiten, die die Fischereiindustrie den Tieren zufügt, deckt die Dokumentation auch das gewaltige multinationale organisierte Verbrechen auf, das auf See stattfindet. Von unabhängigen Beobachter*innen für nachhaltige Fischerei von Umweltorganisationen, die erschossen werden oder auf mysteriöse Weise verschwinden, über Drogen- und Menschenhandel bis hin zu Sklaverei an Bord von Fischereibooten. All das wird von Regierungen auf der ganzen Welt subventioniert.

Während Seaspiracy die Korruption der Fischereiindustrie recht gut aufdeckt, ist die überwältigende Botschaft des Dokumentarfilms im Grunde; reduziert euren Verbrauch von Einwegplastik und hört auf, Fisch zu essen. Das mag zwar ein vernünftiger Rat sein, den die Menschen befolgen sollten, wenn es möglich ist (obwohl es für viele Gemeinschaften, die seit Generationen auf Fisch als Nahrungsquelle angewiesen sind, vielleicht nicht möglich ist), aber die grundlegende Erkenntnis aus dem Film sollte nicht da stehen bleiben. Wenn man die Menschenrechtsverletzungen, die Tierquälerei und die massenhafte Verschmutzung durch die Fischereiindustrie in Betracht zieht, ist der Hauptschuldige für den schlechten Zustand der Ozeane und der Umwelt der Kapitalismus.

Dieses System kümmert sich nur um die Anhäufung von Profiten und ist für Nahrungsmittelknappheiten und Umweltzerstörung, einschließlich des Klimawandels, verantwortlich. Auch legt es keinen Wert auf das Leben von Menschen oder Tieren. Die wichtigste Lehre aus dieser Dokumentation sollte sein, dass es keine Verschwörung gibt, sondern nur ein kapitalistisches Marktsystem, das abgeschafft werden muss. Zu diesem Zweck müssen wir uns alle für eine nachhaltige sozialistische Zukunft organisieren, die den Profit nicht über jedes Lebewesen auf der Erde stellt.

Artikel im Original auf Englisch lesen: https://socialistparty.ie/2021/04/review-seaspiracy-directed-by-ali-tabrizi/

Bild: Muntaka Chasant, CC BY-SA 4.0 https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0, via Wikimedia Commons