Ein Interview mit Roman Fabian, Betriebsratsvorsitzender im Klinikum Links der Weser (LdW) in Bremen, Gesamtbetriebsratsmitglied der Gesundheit Nord (Geno) sowie Mitglied im Beirat Bremen-Obervieland. Das Interview führte Sebastian Rave.
Bei dem kommunalen Klinikverbund Gesundheit Nord (Geno) in Bremen sollen mitten in der Pandemie 440 Stellen gestrichen werden, warum?
Angeblich wegen Überhängen überwiegend im ärztlichen Bereich. Wir haben als Betriebsrat einen ganz guten Überblick über die Arbeitsbelastungen der verschiedenen Bereiche und haben weder im ärztlichen Bereich noch in den anderen Bereichen wie Reinigung, Küche, Ver- und Entsorgung einen Personalüberhang. Das scheint auch in den anderen Häusern so zu sein.
Was sich in Gesprächen mit der Geschäftsleitung herauskristallisiert hat: Es geht gar nicht um einen Personalüberhang, sondern um ein wirtschaftliche Defizit, das sich auf einen zweistelligen Millionenbetrag im Jahr beläuft und wegen ausstehender Gewinne wächst.
Es gibt jetzt Pläne, Geburtshilfe, Neonatologie und Gynäkologie im Klinikum Links der Weser (LdW) zu schließen und im Klinikum Bremen Mitte (KBM) zu zentralisieren.
Ja, auch dieses Projekt ist Teil der „Betriebsvereinbarung Sanierung“ und wird über den sogenannten Steuerungskreis einer Scheinbeteiligung zugeführt. Da die Kapazitäten für die Geburtshilfe in Bremen nicht ausreichen, sollte ursprünglich eine zusätzliche Geburtsstation im KBM eingerichtet werden. Aber es wurden auch nach langer Suche, auch im Ausland, nicht genug Hebammen gefunden. Jetzt sollen die Hallen in LdW schließen und alles ins KBM geschafft werden. Mit der Zentralisierung wird der Bedarf aber immer noch nicht gedeckt, weil kein Ausbau der geburtshilflichen Leistungen im Bremen erfolgt und beim Umzug nicht alle Beschäftigten mitgehen werden.
Man könnte auch zehn weitere Kreißsäle bauen: Wenn du das Personal nicht hast bringt das nichts. Es gibt bundesweit Kapazitäten ohne Ende: Maschinen, Inkubatoren, Beatmungsgeräte die in Plastik eingeschweißt sind – aber man hat zu wenig Personal, das Equipment zu bedienen.
Die Gesundheitssenatorin Claudia Bernhard (LINKE) sagt, dass die Geno als kommunaler Klinikverbund erhalten werden muss, und dafür sei es nötig, einen Sanierungspfad einzuschlagen.
Ja, man kann aber nicht einfach 440 Vollzeitstellen abbauen. Die Arbeitsbedingungen sind jetzt schon so, dass das Personal aus den Krankenhäusern flüchtet. Statt die Leistungen zu regulieren um das Personal zu entlasten wird Personal abgebaut und Leistungen gehalten, um weiterhin die Erlöse zu haben. Damit wird die Überlastung des Personals noch verstärkt, und Beschäftigte erkranken physisch oder psychisch, weil sie die Patient*innen nicht adäquat versorgen können.
Mit Claudia Bernhard gibt es jetzt seit 2 Jahren eine linke Gesundheitssenatorin. Was habt ihr euch davon erhofft?
DIE LINKE in Bremen hatte das Volksbegehren für mehr Krankenhauspersonal aktiv unterstützt, bei jedem Parteitag wurde das Thema diskutiert… Wir haben natürlich erwartet, dass eine Personalbemessung wie die Gewerkschaft ver.di sie fordert eingeführt wird, also dass die Personalbelastung verbindlich und nach den tatsächlichen Bedarfen der Patient*innen festgeschrieben wird. Weil ja auch die Pflegepersonal-Untergrenzen des Gesundheitsminister Spahn erstens durch die Arbeitgeber*innen nicht eingehalten werden müssen weil die Strafzahlungen niedriger sind als der Gewinn, und sie zweitens immer noch nicht ausreichend sind und drittens teilweise sogar zu Verschlechterungen geführt haben.
Jetzt hat man das Gefühl, dass eine linke Senatorin die sozialdemokratische Politik nicht nur fortführt, sondern verschlechtert. 440 Stellen ist der größte Stellenabbau der je bei der Geno geplant wurde. In der Pandemie Krankenhausbereiche zu schließen und einen zugesagten Ausbau in der Geburtshilfe nicht umzusetzen hätte man nie verbunden mit linker Politik. DIE LINKE fordert auf Bundesebene die Abschaffung der Fallpauschalen, die Befreiung des Gesundheitswesen von der Notwendigkeit, Gewinne zu erwirtschaften, und das, was hier jetzt gemacht wird, ist Leistungsverdichtung auf Kosten der Gesundheit der Beschäftigten.
Was ist die Reaktion der Partei darauf, welche Diskussionen gibt es?
Wir bekommen viel Unterstützung von der Basis. Andere wollen aber unbedingt in der Regierung bleiben, auch wenn es nicht genug Geld für die Krankenhäuser gibt. Das zu lösen, indem der Ausbau der Geburtshilfe beerdigt wird, gefährdet nicht nur die Versorgung der Bevölkerung, sondern auch die kommunale Trägerschaft und die Arbeitsplätze.
Wie diskutiert ihr die Umbaupläne im Beirat, dem Stadtteilparlament?
Im Beirat gab es eine einstimmige Ablehnung der Schließung der Geburtsstation, Gynäkologie und Perinatalversorgung. Krankenhäuser müssen eine wohnortnahe Gesundheitsversorgung garantieren. Was aber geplant wird, ist nicht nur ein Stellenabbau, sondern der Umbau des Konzerns, wo wohnortnahe medizinisch breit aufgestellte Krankenhäuser abgebaut, und stattdessen zentralisierte Hochleistungsmedizin installiert werden soll. Die Bevölkerung muss vernünftig versorgt werden – das gilt besonders für das höchste Gut was man hat: Die Gesundheit.