Im beschaulichen Hennef wollte die AfD einen Infostand gegen ,,importierte Gewalt“ durchführen. Was mit großen Pomp angekündigt wurde, endete als Sturm im Wasserglas.
Von Christoph Emmerich, Siegburg
Dichtung….
Auf Twitter ließ die AfD die Welt schon zwei Tage vorher wissen, dass sie in Hennef (im Rhein-Sieg-Kreis) einen Infostand durchführen wolle, um auf die ,,seit Jahren grassierende Migrantengewalt“ aufmerksam zu machen. Anlass war der Fall einer Frau, die von einem Geflüchteten vergewaltigt wurde. Dafür mobilisierte sie NRW-weit ihre politische Resterampe, da sie im lokalen Rhein-Sieg-Kreis über eine nur dünne Personaldecke verfügt und mit ständigen Abspaltungen, wie jüngst im benachbarten Troisdorf, konfrontiert ist.
…und Wahrheit
Schon bevor die AfD ihren Infostand aufbauen konnte waren 60-70 Antifaschist*innen vor Ort, die den Infostand blockierten. Auch die Bevölkerung des kleinen Ortes stand eindeutig auf der Seite der Demonstrierenden und ließ die AfD wissen: ,,Ganz Hennef hasst die AfD“. Auch als das kleine Grüppchen versuchte Flyer zu verteilen, gaben die Menschen entrüstet die Flyer zurück wofür es Szenenapplaus von der Demo gab. Die AfD selbst zeigte sich auch zutiefst uninformiert über die lokalen Gegebenheiten. So wurde behauptet, dass der Täter in einer Gemeindewohnung wohnen würde. Dabei ist Hennef eine Stadt. Auch war der Umzug schon vor mehreren Wochen verfügt worden, um eine Trennung zwischen Täter und Opfer zu ermöglichen. Damit hatte die Stadt Hennef auch ihre juristischen Möglichkeiten ausgeschöpft. Auch der Mythos einer ,,importierten Gewalt“ ist in hohem Maße zynisch. So wird in Deutschland jeden dritten Tag eine Frau durch ihren (Ex-)Partner umgebracht. In mehr als zwei Dritteln der Fälle hat der Täter die Deutsche Staatsangehörigkeit. Der lokale Fall musste also für eine Selbstinszenierung der AfD herhalten. Ein wirkliches Mitgefühl mit dem Opfer sieht anders aus.
Die AfD is not amused
Mit zunehmender Dauer verlor die AfD die Geduld und versuchte die Gegendemo mit Pöbeleien zu provozieren. Als auch das nicht klappte, wandelte sie ihren Infostand in eine ,,Spontandemo“ um. Diese wurde ebenfalls sofort blockiert. Der Pfarrer der lokalen evangelischen Kirche setze sich genau auf den Platz der ,,Spontandemo“, wodurch die AfD gezwungen war ihren Infotisch direkt neben ihm aufzubauen. Die antifaschistischen Gegendemonstrant*innen wurden abgedrängt und die AfD konnte nun ihren Infotisch im Bullenkreis durchführen.
Stand-off mit repressivem Ausgang
Bei dieser Stand-off-Situation blieb es erstmal. Da die AfD durch den erfolgreichen Gegenprotest einen Scheißtag hatte, erstattete sie gegen die gesamte Gegendemo Anzeige wegen ,,Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz“. Tatsächlich fanden sich kurz danach ca. 100 Bereitschaftscops ein, die den verbliebenen Gegenprotest kesselten und von 30 Antifaschist*innen die Personalien aufnahmen. Darunter auch von SAV-Aktivist*innen.
Dorfantifa notwendig
Klein- und Mittelstädte bilden für die AfD lukrative Ziele, da die antifaschistische Szene vor Ort überschaubar ist und die etablierten Parteien diese Städte aus den Augen verloren haben. Dadurch hat es die AfD leicht, sich als Vertreterin der Menschen dort aufzuspielen, obwohl sie in der Realität auch keine Lösungen anbietet, um die Kommunen zu entschulden oder gar die kommunale Selbstverwaltung zu stärken. Dass Hennef für die AfD ein Reinfall war, lag zum einen an der guten Vernetzung zu der antifaschistischen Szene in den Großstädten Köln und Bonn, zum anderen an dem verhältnismäßig gut ausgebauten ÖPNV zwischen Köln, Bonn und der Mitte des Rhein-Sieg-Kreises. In anderen Regionen Deutschlands würde eine antifaschistische Mobilisierung an diesen Vorbedingungen bereits scheitern. Aus diesem Grund ist es notwendig, dass die Linke überall antifaschistische Strukturen aufbaut und überall alten und neuen Rechten entgegentritt.