Seit 2008 ist das Centro Sociale ein nicht-kommerzieller Raum für Kultur, Beratung und Politik mitten in Hamburg. Verhandlungen über einen neuen Mietvertrag für das stadteigene Gebäude waren schon fast abgeschlossen, als plötzlich eine deutliche Mieterhöhung gefordert wurde. Dagegen wehren sich Aktive und Nutzer*innen des Centro.
von Thies Wilkening, Hamburg
Das Centro Sociale ist im seit langem massiv von Gentrifizierung betroffenen Karoviertel zwischen Sternschanze und St. Pauli ein Treffpunkt für Menschen aus dem Stadtteil und weit darüber hinaus. Es gibt Beratungsangebote für queere Geflüchtete und für von Repression Betroffene, ein offenes Café, eine Fahrradwerkstatt, Kunstschweißen für Jugendliche, diverse kulturelle und politische Gruppen und vor Corona auch Konzerte und Partys. Viele dieser Angebote und Aktivitäten sind nur möglich, weil das selbstverwaltete Zentrum kostengünstig Räume zur Verfügung stellen kann.
Rechten Kräften ist das Centro schon lange ein Dorn im Auge. Die AfD-Bürgerschaftsfraktion greift es regelmäßig in „kleinen Anfragen“ an, für den Verfassungsschutz ist es ein „integraler Bestandteil der linksextremistischen Szene“ und beim G20-Gipfel wollte eine sächsische Hundertschaft die vermeintliche „Befehlsstelle der Linksextremen“ stürmen – wurde von der Einsatzleitung aber davon abgehalten.
Die Forderung der Stadt Hamburg als Eigentümerin des Gebäudes bzw. der als Vermieterin agierenden privaten Verwaltungsgesellschaft STEG nach einer Mieterhöhung um 12,5% auf 6,50€/m² und einer im Mietvertrag verankerten automatischen Erhöhung als Inflationsausgleich ist nicht vom Kampf gegen Links motiviert. Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) beruft sich auf „haushaltsrechtliche Gründe“, eine niedrigere Miete sei nicht möglich. Es geht also um die Einhaltung des neoliberalen Dogmas, dass keine Zugeständnisse an soziale und kulturelle Einrichtungen bzw. generell an Mieter*innen staatlicher Gebäude gemacht werden dürfen und dass die Immobilien mehr Geld abwerfen müssen. Gerade in einer so stark gentrifizierten Gegend ist es für STEG und Senat natürlich verlockend, die Miete allmählich an die noch deutlich höheren Summen, die hier üblicherweise gezahlt werden, anzunähern.
Das Centro lehnt die Mieterhöhung ab und hat die Kampagne „Centro Sociale forever!“ gestartet, mit der Forderung die Miete stattdessen um einen Euro pro Quadratmeter zu senken, bei einer Vertragslaufzeit von mindestens 20 Jahren um den Bestand des Zentrums dauerhaft zu sichern. Ein entsprechender Mietvertrag war schon beinahe unterschrieben, bevor Stadt und STEG die Erhöhung verlangten. Zum Start der Kampagne gab es bereits einige Berichterstattung, der Senat hat gegenüber den Medien Gesprächsbereitschaft signalisiert. Die Höhe der Miete ist letztlich Ausdruck eines politischen Kräfteverhältnisses. Durch eine möglichst starke Kampagne kann eine geringere Miete erkämpft werden. Die Hamburger Ortsgruppe der SAV wird sich daran beteiligen.
Foto: Anke Haarmann