Die dritte Stufe des Volksentscheids „Deutsche Wohnen & Co enteignen“ geht in die entscheidende Phase: Am 26.9. stimmen – wahlberechtigte – Berliner*innen darüber ab, ob der Senat aufgefordert wird, ein Gesetz zur Vergesellschaftung der großen Immobilienkonzerne auszuarbeiten. Die nötige Hürde, um den Volksentscheid zu gewinnen: Ungefähr eine Million Berliner*innen müssen zustimmen.
von Lucy Redler, Berlin
Die wichtigste politische Kampagne seit Jahrzehnten hat großen Rückenwind. Bei der zweiten Stufe des Volksbegehrens unterschrieben über 350.000 Berliner*innen, ein neuer Rekord in der Geschichte der Berliner Volksbegehren. Der Volksentscheid trifft einen Nerv, weil die Mieten in den letzten zehn Jahren massiv gestiegen sind, in Neukölln um 146% für neu vermietete Wohnungen. Das juristische Aus für den Mietendeckel durch das Bundesverfassungsgericht – auf Antrag von CDU und FDP – war Wasser auf die Mühlen der Kampagne zur Enteignung. Viele sehen die Vergesellschaftung als letztes Mittel.
Private bauen nicht
Die Gegner*innen der Vergesellschaftung argumentieren damit, dass die Enteignung keine neuen Wohnungen schaffe. Doch das sind Fake News. Die Rosa-Luxemburg-Stiftung analysierte im Juni 2019, dass private Konzerne lediglich ein bis fünf Prozent ihrer Ausgaben für Neubau verwenden, bei landeseigenen Unternehmen liegt der Wert bei 27%. Private Immobilienkonzerne, die zu niedrigen Mieten neuen Wohnraum schaffen, sucht man erfolglos. Deutsche Wohnen, Akelius und andere sind keine Wohnungsbaukonzerne, sondern Finanzkonzerne. Sie kaufen Bestände auf und treiben die Mieten hoch, um Profite zu machen. Diese Desinvestoren sollen durch die Kampagne aus Berlin vertrieben werden.
Doch ein Erfolg der Kampagne ist icht sicher. Die Freund*innen der Immobilienkonzerne in SPD, CDU, FDP, AfD und teilweise bei den Grünen werden alles tun, um diesen zu verhindern. Die SPD-Spitzenkandidatin Franziska Giffey hat bereits verkündet, dass ein „Nein“ zur Enteignung eine Vorbedingung für Koalitionsverhandlungen mit Grünen und LINKE sei. Damit sagt sie, dass sie einen erfolgreichen Volksentscheid nicht umsetzen wird und offenbart, wie sie zu demokratischen Entscheidungen steht. Auch die Spitzenkandidatin der Grünen, Bettina Jarrasch, schert sich nicht um die Demokratie, wenn sie sagt, dass sie zwar für den Volksentscheid stimmen werde, aber erst einmal auf einen Pakt mit den Immobilienkonzernen setzte anstatt die Vergesellschaftung umzusetzen.
Bereits jetzt ist klar: Im Falle eines Erfolgs werden alle Parteien außer der LINKEN versuchen, eine Umsetzung zu verhindern oder hinauszuzögern. Die Frage der Entschädigungssumme wird nach der Abstimmung im Mittelpunkt der Debatte stehen. Der Senat geht von bis zu 36 Milliarden Euro Kosten aus, eine Haltung, die skandalöserweise vom Senator für Stadtentwicklung und Wohnen, Sebastian Scheel (DIE LINKE), im Gegensatz zur Partei DIE LINKE unterstützt wird. Die Initiative geht von einem Bruchteil der Entschädigungssumme aus.
Es gibt also viele Gründe, am 26.9. nicht nur mit Ja zu stimmen, sondern aktiv zu werden und sich mit uns in Mieterinitiativen, bei der Kampagne „Deutsche Wohnen & Co enteignen“ und bei der LINKEN zu engagieren und den Widerstand aufzubauen: Wohnen statt Profite!
Samstag 11.9., 13:00 Alexanderplatz: Große Mietendemo
Freitag, 17.9., 19:00: Veranstaltung: Erfolgreicher Mieter*innenkampf in Schweden: Regierung gestürzt, Mietregulierung verteidigt
Im Verein iranischer Flüchtlinge, Reuterstraße 52, Berlin-Neukölln
Mit der schwedischen Mietenaktivistin Katja Raetz von Rädda hyresrättarna („Rettet die Mietwohnungen“) aus Stockholm. Sie stellt die erfolgreiche Kampagne gegen am Markt ausgerichtete Mieten vor, deren nächster Höhepunkt eine landesweite Großdemo am 18.9. in Stockholm ist. Anschließend diskutieren wir, wie es weitergeht und was Berliner und Stockholmer Aktivist*innen voneinander lernen können.