Erklärung von ROSA International
Es ist einer der schlimmsten Rückschläge für Frauen und Arbeiter*innen in diesem Jahr. Der Imperialismus ist dafür verantwortlich, dass ein für Frauen extrem repressives Regime zurück an der Macht ist. Die Herrschaft der Taliban bedeutet Apartheid auf Grundlage des Geschlechts.
Während die Taliban die Etablierung ihres neuen „Emirates“ in Angriff nehmen, leben Frauen, Mädchen und sexuelle Minderheiten voller Furcht, was das für ihr Leben bedeuten wird. Viele in Afghanistan und darüber hinaus erinnern sich daran, wie die erste Herrschaft der Taliban von 1996 bis 2001 eine Welle grausamer frauenfeindlicher Misshandlungen und systematische Gewalt gegen Frauen zur Folge hatte.
Es gibt allerdings eine Änderungen gegenüber der damaligen Taliban-Herrschaft: Vor dem Hintergrund eines wachsenden feministischen Bewusstseins und von Bewegungen weltweit hat sich auch der Kampf von Frauen in Afghanistan weiterentwickelt und wird dieses Mal zu mehr Widerstand führen. Anders als 1996 wissen die Menschen heute auch, was sie erwartet.
Frieden und Demokratie können niemals herbeigebombt werden. Wir Sozialist*innen haben schon vor 20 Jahren gegen die imperialistische Besatzung demonstriert und davor gewarnt, dass diese nicht zu Frieden führen würde.
Niemals haben wir die Lüge des US-Imperialismus geglaubt, man hätte Afghanistan besetzt, um die afghanischen Frauen zu befreien. Diese Propaganda verschwieg, dass es die US-Außenpolitik selbst war, welche die Taliban mit hervorgebracht hatte. Die Rechte der Frauen spielten keine Rolle, als in den 1980er Jahren die CIA die Vorläufer der Taliban, die fundamentalistischen Mudschahedin, großzügig in ihrem Kreuzzug gegen die Sowjetunion finanzierte, zusammen mit der saudischen Monarchie, dem pakistanischen Geheimdienst und mehreren europäischen Staaten.
Nach dem Zusammenbruch des ersten Taliban-Regimes 2001 erhielten die afghanischen Frauen einige ihrer Rechte zurück, die sie während der brutalen Unterwerfung in den Jahren zuvor verloren hatten. Doch von ihrer „Befreiung“, wie der Imperialismus versprochen hatte, waren sie weit entfernt. Gewalt gegen Frauen und Unterdrückung waren weiterhin stark verbreitet.
Die Großmächte würden gerne den Taliban glauben, wenn diese sagen, dass sie Frauen Studium und Arbeit (in einigen Jobs) erlauben würden. Sie könnten behaupten, das wäre ihre Hinterlassenschaft. Aber Frauen, LGBTQ-Personen und unterdrückte Minderheiten wie die Hazara haben kein Vertrauen in diese Heuchelei.
Im Juli führten die Taliban in der Provinz Balch Beschränkungen für Frauen ein, diese durften sich nicht außerhalb ihrer Wohnungen ohne Begleitung eines Mannes bewegen. In weiteren Provinzen wurden Radiostationen geschlossen und Kleidervorschriften verhängt. In Mazar-i-Sharif wurde eine 21jährige getötet, weil sie ohne männliche Begleitung unterwegs war.
Die Auslegung der Scharia unter dem ersten Taliban-Regime basierte auf geschlechtlicher Apartheid, Frauen wurden als Besitz von Männern betrachtet. Die Kontrolle der weiblichen Sexualität ist ein Mechanismus, den es in der patriarchalen Klassengesellschaft überall in der Welt gibt, aber die Taliban üben eine extreme Form davon aus.
In den letzten 20 Jahren konnten die Frauen Afghanistans langsam ihre Lebensbedingungen ändern. Heute sind 40% der Schüler*innen weiblich und die Hälfte der voll ausgebildeten Frauen hat begonnen, selbst als Lehrerin zu arbeiten. Die Taliban sind sich dieser Faktoren sehr bewusst und das trägt zu ihrer Werbekampagne über ihren angeblichen „Respekt für die Rechte der Frauen“ bei.
Es wird schwierig werden für die Taliban, die Frauen zurück in die Häuser zu zwingen. Es haben bereits Demonstrationen von Frauen in Kabul stattgefunden. Der Widerstand in der Bevölkerung gegen die Taliban wird wachsen.
Foto: SocFemAlternativa (ROSA/ISA in Russland, Genoss*innen in Moskau wurden im Zusammenhang mit Solidaritätsaktionen für Frauen in Afghanistan in Gewahrsam genommen und zu Geldstrafen verurteilt)