Auf einer öffentlichen Veranstaltung haben wir über das schlechte Wahlergebnis der LINKEN diskutiert, die mit Ach und Krach gerade so noch in Fraktionsstärke in den Bundestag eingezogen ist. Die Diskussion wurde eingeleitet von zwei Referaten, in denen die Ursachen der Schlappe analysiert wurden, aber auch Handlungsperspektiven aufgezeigt wurden. Wir dokumentieren hier die beiden Einleitungen von Claus Ludwig (Köln) und Anne Engelhardt (Kassel). Moderiert wurde die Veranstaltung von Sebastian Rave (Bremen), die anschließende Diskussion selber wurde nicht aufgenommen.
Claus Ludwig gibt einen kurzen Überblick über die verschiedenen Flügel in der LINKEN und deren Interpretationen der Wahlergebnisse: Die Reformer*innen in der Partei drängen darauf, als Ergänzung von SPD und Grünen in eine Regierungsverantwortung zu kommen. Die Parteispitze hat es versäumt, deutlich zu machen, dass DIE LINKE eine andere Partei ist, die Opposition ausdrücken soll, und ist damit – auch wahltaktisch – deutlich gescheitert. DIE LINKE ist stattdessen in der Polarisierung zwischen SPD und CDU zerquetscht worden. Die Erzählung des Flügels um Wagenknecht, nach der die soziale Frage nicht ausreichend gestellt worden sei, ist nicht haltbar. Problem ist aber gewesen, dass als Antwort auf diese Frage nur soziale Stellvertreterpolitik präsentiert wurde. Statt die soziale Frage als Klassenfrage zu präsentieren, statt den gemeinsamen Kampf für Verbesserungen in den Vordergrund zu stellen, wurde der Sozialstaat in den Vordergrund gestellt.
Nicht nur Dietmar Bartsch habe mit taktischen und strategischen Fehlern versagt, auch Sahra Wagenknecht hat massiven Schaden angerichtet. Die Partei hat gerade unter Aktivist*innen (gegen Rassismus, Sexismus oder gegen Klimawandel) verloren. Die beiden reformistischen Flügel um Bartsch und Wagenknecht kooperieren teilweise miteinander, bekämpfen sich aber auch. Ob das sogar in einer Spaltung enden könnte, bleibt offen. Der Kampf um diese Partei und eine antikapitalistische Bewegungsorientierung bleibt aktuell.
Anne Engelhardt zitierte aus einem Kommentar von Kersten Augustin: „Die beste Zeit der Linken kommt noch“. Neben der Wahlniederlage, die DIE LINKE dazu bringen muss, sich zu verändern, gibt es neue Streikbewegungen (GDL, Krankenhäuser, Lehrkräfte, Gorillas), ist die Klimabewegung zurück, und hat in Berlin die Bewegung „Deutsche Wohnen und Co. enteignen“ gewonnen.
Kämpfe in Pflege, Bildung und Logistik, die in der Pandemie an der ersten Front standen, verschärfen sich. Dazu kommen Bewegungen wie gegen das Abtreibungsverbot und gegen Rassismus. In Berlin Neukölln, wo DIE LINKE sich deutlich auf die Seite solcher Bewegungen stellt, hat die Partei dazugewonnen. Besonders schwer verlor die Partei hingegen in NRW, wo die Spitzenkandidatin Wagenknecht Ausbeutung und Unterdrückung voneinander trennte. Angesichts von Gorillas-Fahrer*innen, die von Rassismus betroffen sind, Kolleg*innen im öffentlichen Dienst, die unter Sexismus leiden, oder Arbeiter*innen, die vom Klimawandel betroffen sind: Die künstliche Trennung von Ausbeutung und Unterdrückung spaltet die Klasse.
Die Klasse braucht eine Partei, die Klassenkämpfe unterstützt, die Gewerkschaftsführung unter Druck setzt, und für eine demokratische Streikkultur eintritt. DIE LINKE muss überall Initiativen wie „Deutsche Wohnen und Co. enteignen“ aufbauen und unterstützen, stärker in Tarifbewegungen und in die Klimaproteste eingreifen.
Die SAV beteiligt sich an diesen Kämpfen, und kämpft um eine solche LINKE.