In der Nacht vom 4. auf den 5. Dezember 1933 wurde in Troisdorf ein Kommunist ermordet. Sein Name: Anton Hamacher
Anton wurde 1905 in Beuel geboren und fand im Laufe seines Lebens eine Arbeitsstelle in Troisdorf. Dort politisierte sich der Arbeiter und wurde Mitglied der KPD.
Er selbst lebte im heutigen Troisdorfer Stadtteil Sieglar, damals eine eigenständige Gemeinde, in der Hauptstraße (heute Larsstraße) 5.
In den rheinischen Kleinstädten Troisdorf und Sieglar waren die Nazis bis zur Machtübertragung am 30. Januar 1933 eine politische Randerscheinung, da sie hier auf politische Milieus mit relativ fester Parteibindung stießen.
So wählten große Teile der katholischen Bevölkerung die Zentrumspartei, die Partei des politischen Katholizismus, oder aber kleine bürgerliche Parteien. Die politisierten Arbeiter*innen in Troisdorf und Sieglar, wählten hingegen die SPD und die KPD.
Politische Strukturen der Nazis gab es hingegen in der benachbarten Kreisstadt Siegburg, sodass die Nazis von dort Aufmärsche nach Troisdorf durchführten.
Bei einem dieser Aufmärsche kam es am 22. Januar 1931 zu einem Zusammenstoß auf der Aggerbrücke zwischen Antifaschist*innen und den abmarschierenden Nazis.
Hierbei hatten unter anderem Anton Hamacher und sein Bruder Philipp im Dickicht des Büsche hinter der Brücke den Nazis aufgelauert und sie anschließend überfallen.
Da die Polizei in der Nähe war, kam sie sofort zum Schutz der Nazis angelaufen und konnte Philipp festnehmen. Die Gebrüder Hamacher standen von nun an im Fokus der Behörden.
Der ,,demokratische“ Bürgermeister liefert die Kommunist*innen ans Messer
Kaum auf Reichsebene an der Regierung, versuchten die Nazis auch in den Kommunen Einfluss zu gewinnen.
In Troisdorf hatten sie hierbei mit dem Bürgermeister Langen leichtes Spiel. Er war der letzte demokratisch gewählte Bürgermeister der Stadt und hatte für sich die Strategie gewählt, den Nazis mit vorauseilendem Gehorsam ,,entgegenzukommen“. So übermittelte er dem Landrat bereits am 22. Februar 1933 eine Liste aller Kommunist*innen in Troisdorf samt Adressen. Insgesamt umfasste diese Liste 14 Namen und war die Grundlage für spätere Ermittlungen der Polizei und der Gestapo. In anderen benachbarten Städten waren die Bürgermeister nicht so eifrig. Hier enthielt die Liste nur 2-3 Namen.
Das SA-Heim: Die Folterkammer der Troisdorfer SA
Nachdem die Nazis im weiteren Verlauf der ersten Jahreshälfte des Jahres 1933 die Parteien verboten und Bürgermeister Langen durch einen Nazi ersetzt und den Gemeinderat vollständig in der Hand hatten, wurde am 01. Juli 1933 in der Stationsstraße ein SA-Heim errichtet. Die Nazis hatten hierbei ein leerstehendes Fabrikgebäude umgebaut, sodass die Troisdorfer SA-Schergen nun eine Stätte hatten in der sie politische Gegner*innen inhaftieren und foltern konnten.
Die erste Verhaftung fand am 19.September 1933 statt und traf den Kommunisten Leonhard Roedel. Er wurde für 10 Tage festgehalten und dabei wiederholt gefoltert und von den Vernehmern gequält. Juristische Grundlage hierfür war die sogenannte ,,Schutzhaft“, mit der die Polizei oder die SA ohne Gerichtsverfahren nach eigenem Belieben politische Gegner*innen verhaften konnte. Zum Repertoire der NS-Schergen gehörten verschiedenste sowohl psychische als auch physische Methoden. Die meisten Opfer waren Mitglieder der KPD und wurden hier zwecks ,,Vernehmung“ festgehalten. Unter anderem kam auch der sogenannte Eiskeller zum Einsatz. Dabei handelte es sich um eine vollständig geflieste Isolationszelle, deren Kälte bei mind. einem Häftling zu einem Nieren- oder Blasenleiden führte. Insgesamt wurden hier von Juli 1933 bis Januar 1934 mindestens 10 Menschen interniert, gefoltert und gequält. Sie wurden gezwungen Texte vorzulesen, um dann für das Gesagte geschlagen zu werden. Als Grundlage für die Verhaftungen diente die Liste vom Februar 1933, die der damalige Bürgermeister Langen im voreilendem Gehorsam für die Nazis erstellt hatte. Die Haftdauer variierte zwischen Stunden und Tagen.
Der Mord an Anton Hamacher
Am 4. Dezember wurde schließlich Anton Hamacher aus Sieglar ,,zur Vernehmung“ festgenommen.
Mitgefangene berichteten später widersprüchlich über die genauen Geschehnisse. Dennoch lässt sich rekonstruieren, dass im Laufe der Folter einer der anwesenden Nazis Anton so heftig mit einer Peitsche in die Magengegend schlug, dass er zusammenbrach und ins Krankenhaus eingeliefert werden musste.
Dort erlag er seinen schweren Verletzungen in der Nacht auf den 5. Dezember 1933.
Diese Tat kam den Nazis nicht gelegen, da sie ihre Herrschaft noch nicht gefestigt hatten und sich nun mit einem politischen Skandal konfrontiert sahen. Daher versuchten sie die Flucht nach vorne und ließen Ermittlungen zu. Zwar stellte ein Anwalt aus Siegburg ,,SA- und SS-Leute“ als Täter fest, vermerkte aber auch eine ,,lebhafte Beteiligung des Sieglarer Bürgermeisters Jakob Hörsch“. Dennoch verliefen die Ermittlungen im Sande, weshalb sich Hörsch für seine ,,Amtszeit als Bürgermeister“ nach der Kriegsniederlage 1945 auch lebenslange Pensionen sichern konnte.
Nachdem die Ermittlungen eingestellt waren, zeigten sich die lokalen Nazis auch wieder mutiger im Umgang mit dem SA-Heim. So ließen sie sich schon 1934 die Telefonrechnungen durch die Gemeinde erstatten, eine städtische Angestellte erstellte die Protokolle und die Kosten der „Unterbringung“ der Häftlinge wurden durch den Landrat erstattet.
Erinnern heißt kämpfen!
Die Ermordung von Anton Hamacher war lange nicht im geschichtlichen Bewusstsein der Stadt Troisdorf verankert, da sein Grab bereits 1945 eingeebnet wurde und nach dem Zweiten Weltkrieg die bürgerlichen Kollaborateure wie Langen wieder in Amt und Würden gekommen waren. Darüber hinaus existiert das Gebäude nicht mehr. Dort wo früher das SA-Heim stand, ist nun die Wiese um das heutige Rathaus.
Dies änderte sich erst vor Kurzem: Im Jahr 2018 hatte DIE LINKE Troisdorf beantragt für Anton Hamacher und seinen Bruder Philipp einen Stolperstein zu verlegen und seit Januar 2020 erinnern nun zwei Stolpersteine an das Schicksal der engagierten Antifaschisten. Aktivist*innen der Linksjugend [‘solid] Rhein-Sieg wollen nun die Patenschaft für die Stolpersteine übernehmen, um ihr Gedenken in Ehren zu halten.