Auch in Brandenburg an der Havel standen am 25.03.2022 Menschen versammelt auf dem Neustädtischen Markt für das Klima ein.
von Celina Fattach, Brandenburg/Havel
Und das hat das Land Brandenburg auch bitter nötig; wir sind das Bundesland mit den höchsten CO2-Emissionen pro Kopf – ganze 21 Tonnen. Verglichen mit dem globalen Durchschnitt ist das vier Mal mehr. Und trotz allem plant die Landesregierung den Kohleausstieg erst für 2045. Haben sie etwa schon wieder vergessen, dass Brandenburgs CO2-Kontingent bereits aufgebraucht ist, und jede weitere Emission auf Kosten anderer geschieht? Über die Ziellinie der 1,5 Grad sind wir nun lange hinweg. Gleichzeitig baut Elon Musk seine Tesla Gigafactory in Grünheide, Brandenburg auf. Wieder einmal Kosten und Emissionen, die auf die Kappe einfacher Arbeitender gehen, während Multimilliardär Musk sich die Taschen vollstopft. Eins ist klar: die Klimakrise trifft nicht einen Elon Musk, sondern Menschen, die damit nur wenig zu tun haben. Die propagierte Konsumkritik wirkt, die Systemkritik rückt in den Hintergrund. Und angesichts dessen dürfen wir nicht aufhören zu kämpfen, präsenter denn je zu sein. Auf uns warten eine Menge Jugendliche und Arbeiter*innen, die die Katastrophe als einzige noch abwenden können.
Dieses Problem sieht aber nicht nur die Fridays For Future-Jugend, die sich in Brandenburg an der Havel seit 2019 gegen die unzureichende Klimapolitik organisiert, oft mit eher bürgerlichen Initiativen, wie dem Autoverbot in der Innenstadt, primär für den Zweck der Lärmreduktion. Bei der Demo diesen Freitag lag der Altersdurchschnitt der 85 Teilnehmer*innen weit über 30. Dieses Mal dabei: die SAV. Wir durften die Kundgebung mit einer Rede eröffnen, in der der Imperialismus, die Konkurrenz kapitalistischer Staaten als Ursache für Krieg und Klimawandel herauskristallisiert wurde. Die Forderungen kamen bei den Menschen gut an. Sie wurden kopfnickend und klatschend entgegengenommen. Auch in den folgenden Reden fanden sich antikapitalistische Inhalte, aber die Brücke von der Überwindung des kapitalistischen System, hin zum Aufbau einer sozialistische Gesellschaft, wurde nicht geschlagen. Der Aufruhr gegen die 100 Milliarden für Rüstung und Militär ist groß. Die Verwunderung darüber, wo dieses Geld plötzlich herkommt, wenn es seit Jahren heißt es gäbe kein Geld für Klima und Soziales, umso größer. Denn bei einem waren sich die Demonstrierenden in Brandenburg einig: das Geld, was heute noch als Subventionen für Klimakiller fließt, ist viel dringender woanders nötig: für Bildung, für erneuerbare Energien, für das Gesundheitswesen, für Pflege, für Wohnungsbau, für Soziales – nur nicht für fossile Brennstoffe.
Fortschritte in der Klimabewegung
Eine lange Zeit bewegten sich große Teile von Fridays For Future auf Kurs der Grünen-Politik. Mit Luisa Neubauer als bekanntester Vertreterin und Repräsentantin der Bewegung erhielt FFF eine eher bürgerliche Prägung.
Kapitalismuskritik wird innerhalb von FFF eher oberflächlich aufgegriffen, sozialistische Forderungen werden abgelehnt. Intern braute sich eine Unzufriedenheit zusammen, die schlussendlich Hunderte linke Jugendliche vereinte. Zunächst online über Telegram und Videokonferenzen, dann live in Darmstadt, tauschten sich diesen Winter verschiedenste Klimaaktivist*innen über den politischen Kurs von Fridays for Future aus. Die Idee: mehr ziviler Ungehorsam und die Verbindung der Klimabewegung mit der Arbeiter*innenbewegung. Nur über die Zusammenarbeit von Gewerkschaften und Jugendlichen kann man etwas erreichen. Es scheint, als haben sich diese Wünsche in die Tat verwirklicht. Das Mobi-Material für den globalen Klimastreik am 25.3. inkludierte Sticker mit Aufschriften, wie „Burn capitalism, not fossil fuels“, und Plakate mit dem Hashtag #PeopleNotProfit – die aber nicht von allen Ortsgruppen genutzt wurden. Es braut sich etwas zusammen, und es ist unsere Aufgabe, mit den richtigen Strategien und sozialistischen Ideen zu intervenieren.