Mit klimafreundlichen Arbeitsplätzen gegen den Klima-Notstand

Von Chas Berry, Mitglied im Vorstand der NAPO (Gewerkschaft der Bewährungshelfer*innen) und von Socialist Alternative (Schwesterorganisation der SAV und Sektion der ISA in England, Schottland und Wales)

Diese Rezension erschien im englischen Original am 16.2.2022. Wir veröffentlichen sie hier als ausführliche Ergänzung und Hintergrund zu den Lehren aus dem Lucas-Plan und der Bedeutung der Vernetzung von betrieblichen, gewerkschaftlichen Kämpfen und der Klimabewegung.

Die jüngste Veröffentlichung der Campaign Against Climate Change Trade Union Group (CACCTU; „Kampagne gegen den Klimawandel – Gruppe der Gewerkschafter*innen“) trägt den Titel „Climate Jobs: Building a workforce for the climate emergency“ („Mit klimafreundlichen Arbeitsplätzen gegen den Klima-Notstand“). Sie kommt gerade zur rechten Zeit, ist als Beitrag zur Debatte über umweltgerechte Politik zu verstehen und richtet sich an breite Schichten der Arbeitnehmerschaft. Die Schrift knüpft an dem 2014 erschienenen Pamphlet „One Million Climate Jobs“ (dt.: „Eine Million klimafreundliche Arbeitsplätze“) an, stellt aber eine wesentlich umfangreichere Zusammenstellung dar, die um ein digital zur Verfügung gestelltes „technisches Handbuch“ ergänzt wurde. Dieses liefert Quellen, Modelle und detailreiche Erklärungen zu einzelnen Aspekten. Auch wenn es für Britannien geschrieben worden ist, so sind die Herangehensweise wie auch die Schlussfolgerungen international anwendbar.

Mit klimafreundlichen Arbeitsplätze gegen den Klima-Notstand

Die Broschüre steht zum kostenlosen Download als Online-Version unter Climate Jobs: Building a workforce for the climate emergency pdf bereit (6MB)

Das Buch stellt einen begrüßenswerten Kontrapunkt zur finsteren Sichtweise („doomerism“) dar, die seit dem Scheitern der COP26-Konferenz von Glasgow einen Großteil der Klimabewegung erfasst hat. Es liefert praxisbezogene Lösungen, mit denen Arbeitsplätze gesichert werden und Millionen von Menschen Sicherheit gegeben wird, die bereits vom Klima-Notstand betroffen sind. Die Grundlage bildet ein rationaler Plan, der öffentliches Eigentum an den Schlüsselindustrien der Wirtschaft voraussetzt.

Ein landesweiter Klima-Dienst

Die zentrale Forderung des ursprünglichen Pamphlets mit dem Titel „One Million Climate Jobs“ bestand darin, einen landesweiten Klima-Dienst („National Climate Service“) einzurichten, der direkt Arbeitskräfte für „grüne Arbeitsplätze“ einstellt. Grundsätzlich ist die Kernaussage dieser Forderung (außer, was den Titel angeht) 2019 von der britischen „Labour Party“ unter Corbyns Vorsitz übernommen worden. Das damalige Manifest trug die Überschrift einer „Grünen Industriellen Revolution“ und umfasste die Schaffung von „mindestens einer Million gut bezahlter und gewerkschaftlich abgesicherter Arbeitsplätze im Vereinigten Königreich“ durch eine Kombination aus öffentlichem Eigentum an den Schlüsselindustrien (wie dem Energiesektor), öffentlichen Investitionen in „grüne“ Technologien sowie Ausbildung und Umschulung für Arbeiter*innen, die in den von der Energiewende betroffenen Sparten beschäftigt sind.

Im Detail nimmt die neue Broschüre sich vor, was in den Bereichen Energie, Wohnungsbau, Transport und Verkehr, Bodennutzung und Recycling erreicht werden kann. Am Ende wird die Frage gestellt, wie die abhängig Beschäftigten die entsprechenden Forderungen in ihren Betrieben verbreiten können. Alle Autor*innen sind Gewerkschafter*innen, Umweltaktivist*innen und Wissenschaftler*innen, die als Spezialist*innen auf den einzelnen Feldern gelten.

Das Kapitel über den Energiesektor liefert eine detaillierte Untersuchung darüber, wie viel Strom mit erneuerbaren Energien erzeugt werden muss, um die fossilen Brennstoffe ohne negative Folgen für die Industrie ersetzen zu können. Keine Lampe würde ausgehen und auch die Heizungen in den Privatwohnungen blieben in Gang. Die Zielvorgaben sind enorm aber erreichbar. Die Autor*innen schätzen, dass 1.374 Terawattstunden pro Jahr (TWh/Jahr) für die vollständige Umstellung auf erneuerbare Energieträger nötig sind, um den aktuellen Bedarf zu decken. Wenn jedoch Maßnahmen zur Energieeinsparung (wie Wärmedämmung und andere effiziente Instrumentarien) zur Anwendung kommen, kann dieser Wert auf rund die Hälfte (700 TWh/Jahr) reduziert werden. Es wird dezidiert dargelegt, wie dies durch einen Mix aus Windkraft, Sonnenenergie und die Stromerzeugung durch Tide- sowie Wasserkraftwerke bis 2038 einfach erreicht werden kann, ohne dabei auf Atomkraft oder unausgereifte Techniken zur Bindung von CO2 angewiesen zu sein.

Zum Beispiel durch bessere und effektivere Heizungsanlagen und entsprechende Dämmung von Wohnraum ist ein großer Beitrag zur Eindämmung des Klimawandels möglich. Das Heizen unserer Wohnungen erfordert zwischen 300 TWh/Jahr und 370 TWh/Jahr. Die Autor*innen gehen davon aus, dass diese Werte innerhalb von zehn Jahren halbiert werden können. Dazu müssen Brenner ausgetauscht und durch neue Wärmequellen ersetzt werden. Die bestehende Bausubstanz muss komplett wärmeisoliert werden. Dazu ist es nötig, jedes Gebäude Straße für Straße umzurüsten. Es wird geschätzt, dass ein Plan dieses Umfangs allein im Vereinigten Königreich zur Schaffung von zwei Millionen Arbeitsplätzen bis 2030 führen könnte. Die Autor*innen räumen ein, dass einige neue Technologien wie etwa Wärmepumpen nicht in jedem Fall möglich sind. Auch stehen sie der breiten Umstellung vom Gasbetrieb auf Wasserstoff kritisch gegenüber, weil sie diese Technik korrekter Weise als einen Versuch der Energiekonzerne betrachten, den üblichen Betrieb aufrecht zu erhalten und im Grunde so weiterzumachen wie bisher.

Umstellung des öffentlichen Nahverkehrs

Die Autor*innen weisen darauf hin, dass der Verkehr im Vereinigten Königreich den größten Beitrag zu den Treibhausgasemissionen leistet. Lässt man den internationalen Flug- und Schiffsverkehr außen vor (die ihrerseits in enormem Umfang zur Klimaerwärmung beitragen), so steht der Bereich Transport und Verkehr für 27 Prozent aller Emissionen. Will man den dringend nötigen Wandel schaffen, dann besteht die größte Herausforderung darin, den individuellen Autoverkehr anzugehen. Der PKW ist immer noch das bevorzugte Verkehrsmittel. 76 Prozent aller britischen Haushalte haben ein Auto und manche sogar mehr als eins. Die Autor*innen fordern eine umfassende Ausweitung des öffentlichen Nahverkehrs, um die Menschen aber auch Güter vom Individualverkehr zu entkoppeln und auf die Schiene, in Busse und Bahnen zu bringen. Eine Straßenbahn in einer Großstadt kann ungefähr 40 PKW auf der Straße ersetzen!

Es wird nicht einfach sein, sich vom Individualverkehr mit dem Auto zu lösen. Das liegt nicht zuletzt daran, dass die kapitalistische Marktwirtschaft von einer Unzahl täglich stattfindender kurzer (und nicht gar so kurzer) Fahrten abhängig ist, zu denen auch die Strecken zwischen Wohnort und Arbeitsplatz, Schulstätte, Einkaufsmöglichkeit oder Freizeiteinrichtung gehören. Während die Corona-Pandemie zwar zu einer Ausweitung des home office und zunehmenden Warenlieferungen nach Hause geführt hat, muss die Mehrheit der Arbeiter*innen in Fabriken, Geschäften, Bildungseinrichtungen und die der Pflege und sozialen Berufen weiterhin den Arbeitsweg auf sich nehmen und dafür brauchen sie die Infrastruktur

Noch nie war die Notwendigkeit eines vollintegrierten, grünen Transportsystems dringlicher. Die Autorin*innen schätzen, dass eine massive Reduzierung von rund 108 Megatonnen an Treibhausgasen (= CO2e) pro Jahr sowie die Schaffung von 100.000 neuen Arbeitsplätzen allein im Bereich des Schienenverkehrs möglich ist, wenn die Investitionen und die Infrastruktur für den Aufbau eines solchen Transportsystems bereitgestellt werden.

Was allerdings zweifelsfrei klar ist, ist, dass der Austausch von Fahrzeugen mit Benzin- und Dieselantrieb durch Elektrofahrzeuge das Problem der Schaffung eines nachhaltigen Transport- und Verkehrssystems nicht lösen wird. Dafür gibt es im Wesentlichen zwei Gründe: Der erhöhte Strombedarf in Konkurrenz zu anderen Bereichen und die Nachfrage nach Rohstoffen für Batterien, die weit über dem läge, was heute verfügbar ist und somit eine noch massivere Ausbeutung des globalen Südens bei der Förderung der entsprechenden Mineralien bedeuten würde.

Keine planvolle Energiewende kann die Notwendigkeit außer Acht lassen, vom massenhaften Gebrauch privater Fahrzeuge auf Fortbewegungsmittel umsteigen zu müssen, die sich im Eigentum der Gesellschaft bzw. von größeren Gemeinschaften befinden und die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen müssen. Auch wenn elektrisch betriebene Züge, Busse und Straßenbahnen nicht in der Lage sind, umgehend sämtliche Transportfahrten zu übernehmen, so raten die Autor*innen dazu, eine nachhaltige Anzahl an Elektrofahrzeugen für Car-Sharing-Angebote zur Verfügung zu stellen. Dies muss durch Vereine geschehen und es muss um öffentlich zugängliche Fahrzeuge gehen, die mit den Smartphones der Nutzer*innen verbunden sind. Derartige Vorschläge sind nicht schwer umzusetzen, wenn man Unternehmen wie „Uber“ in Gemeineigentum überführt.

Eine grüne Industriewende

Mit Blick auf die Schwerindustrie und das produzierende Gewerbe ist festzustellen, dass ein großer Teil an Kohlenstoff wegen der Hitze freigesetzt wird, die nötig ist, um die Grundstoffe für Beton, Stahl, Aluminium, Kupfer, Kunststoffe, chemische Verbindungen und raffiniertes Öl herzustellen. Weltweit betrachtet ist allein die Stahlindustrie verantwortlich für elf Prozent der jährlichen Emissionen an CO2e. Die Produktion von Plastik führt zu 2,5 Tonnen an CO2e je Tonne plus zusätzlicher 2,7 Tonnen an CO2-Äquivalenten (CO2e), wenn die einzelne Tonne an Kunststoff am Ende ihrer Lebensdauer verbrannt wird. Sowohl die Industrie wie auch Regierungen werben derzeit für die Methode des CO2-Abscheidung und -Speicherung („Carbon Capture und Storage“; CCS). Behauptet wird, dass das „die Antwort“ sei. Dazu stellen die Autor*innen fest: „[…] nach 30 Jahren Entwicklungszeit hat es kaum Fortschritte über die Grundlagenforschung hinaus gegeben oder über Modellprojekte. Deswegen kann diese Technik nicht schnell genug oder in ausreichendem Maß Linderung bringen, wie es in Landesgesetzen und internationalen Abkommen festgelegt worden ist“. Mit anderen Worten, es handelt sich um einen Rohrkrepierer, mit dem die herrschende Klasse hausieren geht, um im Endeffekt weiter zu machen wie bisher.

Auch wenn bereits einige neue Industrieprozesse vorhanden sind (wie bspw. Elektroöfen, mit denen Kohle- oder Koksöfen bei der Stahlschmelze ersetzt werden können), so muss ein ganz wesentlicher Schwerpunkt in der Industrie darauf gelegt werden, Alternativen für Beton und Stahl in der Baubranche zu entwickeln sowie die Nutzung von Kunststoffen im produzierenden Gewerbe zu reduzieren. Entscheidend ist jedoch, den Sinn und Zweck der Industrie neu zu denken und wegzukommen vom marktwirtschaftlich-kapitalistischen Modell der Produktion, die rein auf den Profit ausgerichtet ist. Stattdessen muss eine Ausrichtung das Ziel sein, die die gesellschaftlichen Bedürfnisse in den Blick nimmt. Denn auf diese Weise wird auch die Anzahl an unnötigen Produkten signifikant reduziert. Das wiederum hat den größten Effekt bei der Menge an ausgestoßenen Treibhausgasen.

Das Kapitel über die Bodennutzung richtet das Hauptaugenmerk auf die Probleme, die mit der intensiven Landwirtschaft im Vereinigten Königreich einhergehen. Vor allem geht es um die Fleisch- und Milchproduktion und die Verflechtungen mit dem globalen Lebensmittelhandel, der von riesigen multinationalen Konzernen beherrscht wird. Die Autor*innen heben die Tatsache hervor, dass aktuell lediglich vier Konzerne zwei Drittel des weltweiten Saatgutmarktes kontrollieren. Drei von ihnen gehören zudem zu den vier größten Unternehmen, die 70 Prozent des globalen Handels mit Chemikalien zur Nutzung in der Landwirtschaft kontrollieren. Was den Einzelhandel im Vereinigten Königreich angeht, so dominieren die Supermärkte mit 95 Prozent des Lebensmittelhandels. Drei Viertel davon wird von den größten fünf Ketten beherrscht. Allein Tesco steht für mehr als ein Viertel des gesamten Marktes.

Im Vereinigten Königreich ist so einiges zu erreichen, wenn es um die Reduzierung der Mengen und Folgen von Emissionen geht. Nötig sind dazu weniger intensive Methoden, ein verringerter Einsatz chemischer Mittel und eine Abkehr von Fleisch- und Molkereiprodukten hin zu einer nachhaltigeren Lebensmittelproduktion. Beispielsweise ein Wiederaufleben des Gartenanbaus von Obst und Gemüse, der momentan nur für ein Prozent der Bodennutzung im Vereinigten Königreich steht und in den letzten 30 Jahren um ein Viertel zurückgegangen ist, hätte spürbare Folgen für die Reduzierung der Menge an importierten Waren (mehr als die Hälfte) wie auch bei der Verringerung der Emissionen, die durch Verschiffung und den LKW-Transport entstehen. Neben solchen Maßnahmen könnte ein landesweiter Umwelt-Dienst („National Nature Service“) gut 70.000 Arbeitsplätze schaffen um die ausgelaugte Landschaft zu renaturieren und die Biodiversität zu steigern und sowohl das städtische als auch das ländliche Umfeld wieder lebenswerter zu machen.

Das Kapitel über die Reduzierung und den Umgang mit Müll trifft den Kern eines Grundproblems, das mit der kapitalistisch-marktwirtschaftlichen Produktionsweise zusammenhängt. Das Motiv für die Produktion von Waren in großer Stückzahl (oft für den einmaligen Gebrauch) besteht aus dem daraus erwirtschafteten Profit. Es geht nicht darum, gesellschaftliche Bedürfnisse abzudecken. Von daher gibt es keinen Anreiz, Güter herzustellen, die eine lange Lebensdauer haben oder repariert oder recycelt werden können, ohne (aus Gründen des Profits!) von neuem produziert zu werden.

Die Autor*innen weisen darauf hin, dass heute den kommunalen Verwaltungen die Aufgabe zukommt, mit der unfassbaren Menge an Müll klarzukommen, die im Vereinigten Königreich anfällt. Nur 45 Prozent davon wird recycelt oder ist kompostierbar. Als Alternative zu Deponien wird in großem Umfang Gebrauch von der Methode der Müllverbrennung gemacht. Doch dabei werden abermals Emissionen freigesetzt, und es entsteht Hitze, die höhere Werte erreicht als das, was in Kohlekraftwerken gemessen wird. Stattdessen wird die Schaffung von gut 83.000 Arbeitsplätzen empfohlen, die vom „National Climate Service“ zu koordinieren sind, der einen kollektiven und an den Interessen der jeweiligen Gemeinde ausgerichteten Ansatz verfolgen muss, um mehr Güter wieder instand zu setzen und aufzuarbeiten. Ziel muss demnach eine „Kreislauf-Wirtschaft“ sein.

Klima-Kampf als Klassenkampf“

Im letzten Kapitel richten die Autor*innen sich an die Umweltaktivist*innen. Sie sollten den Aspekt der klima- und umweltfreundlichen Arbeitsplätze in unseren Betrieben aufgreifen und dafür werben, wie einige dieser gesammelten Vorschläge umgesetzt werden können, um sowohl die CO2-Emissionen in allen Wirtschaftszweigen zu senken als auch die Energiewende hin zu einer klimaneutralen Wirtschaft zu unterstützen. An die Beschäftigten richten sich die Autor*innen, um sowohl vor Ort als auch in landesweiten Kampagnen aktiv zu werden, die das Problem der Arbeitsplatzgarantien mit der Notwendigkeit verknüpfen, zu einem strategischen wie auch transformativen Paradigmenwechsel zu kommen. Zitiert wird in diesem Zusammenhang der „Lucas-Plan“ für eine alternative Produktionsweise, der 1976 von den Beschäftigten bei dem Unternehmen „Lucas Aerospace“ entwickelt worden ist, als ein Beispiel für das, was erreicht werden kann.

Auch wenn die Autor*innen in ihrer Schrift nicht in voller Ausführlichkeit auf die Bedeutung des „Lucas-Plans“ eingehen, so dient er dennoch als Paradebeispiel dafür, welche Rolle die Menschen aus der Arbeiter*innenklasse dabei spielen können, den Kapitalismus herauszufordern und seine zerstörerische Herrschaft letztlich sogar zu ersetzen. Das Beispiel zeigt, was erreicht werden kann, wenn die Produktion auf demokratischer Kontrolle basiert und an den Bedürfnissen der Menschen orientiert ist – anstatt dem Streben nach Profit.

Letztlich geht es um umweltgerechte Arbeitsplätze, um klimafreundliche Arbeitsplätze gegen den Klima-Notstand. Bleibt es aber allein bei dieser Forderung, so werden Maßnahmen außer Acht gelassen, die notwendig sind, um die Macht der kapitalistischen Klasse zu brechen, deren Interessen von den konservativen „Tories“ gedeckt werden – wie auch von den sozialdemokratischen Regierungen dieser Welt. Die Ursache des Problems wird von den Autor*innen zwar korrekt in den Mittelpunkt der Betrachtung gestellt. Selbiges gilt für die Frage, was erreicht werden kann, wenn die Abläufe einer rationalen Planung unterliegen. Allerdings laviert man um die Frage, wie die Energie-Riesen und diejenigen, die CO2-intensive Waren und Lebensmittel herstellen und vertreiben, unter Kontrolle gebracht werden können. Während das Thema des öffentlichen Eigentums an den Energiekonzernen, dem Bereich Transport und Verkehr sowie einiger Schlüsselindustrien richtigerweise ins Spiel gebracht wird, so wird die Frage umschifft, wie denen die Macht entrissen werden kann, die sie aktuell noch haben. Als einziges Mittel wird auf „staatliche Intervention“ Bezug genommen. Für die Koordination und Regulierung solle der „National Climate Service“ zuständig sein.

Mitglieder von „Socialist Alternative“ sind aktiv sowohl in den Gewerkschaften als auch in der Klimabewegung. Wo immer möglich verfolgen wir das Ziel, die Minimalforderungen nach sicheren Arbeitsplätzen mit der Maximalforderung nach einer sozialistischen Transformation der Gesellschaft zu verbinden. Die vorliegende Broschüre stellt eine nützliche Quelle dar, wenn es darum geht, genau diese Verbindungen herzustellen. Wir sollten allerdings hinzufügen, wie grundlegend es für die abhängig Beschäftigten ist, ihr eigenes Potential zu erkennen. Denn sie sind die einzige Kraft in der Gesellschaft, die in der Lage ist, die Macht der kapitalistischen Klasse zu brechen.

Titelbild: https://www.cacctu.org.uk/climatejobs

Die jüngste Veröffentlichung der CACCTU kommt gerade zur rechten Zeit und ist ein Beitrag zur Debatte über umweltgerechte Politik. Sie richtet sich an breite Schichten der Arbeitnehmerschaft.

Von Chas Berry, Mitglied im Vorstand der NAPO (Gewerkschaft der Bewährungshelfer*innen) und von Socialist Alternative (Schwesterorganisation der SAV und Sektion der ISA in England, Schottland und Wales)

Diese Rezension erschien im englischen Original am 16.2.2022. Wir veröffentlichen sie hier als ausführliche Ergänzung und Hintergrund zu den Lehren aus dem Lucas-Plan und der Bedeutung der Vernetzung von betrieblichen, gewerkschaftlichen Kämpfen und der Klimabewegung.

Die jüngste Veröffentlichung der Campaign Against Climate Change Trade Union Group (CACCTU; „Kampagne gegen den Klimawandel – Gruppe der Gewerkschafter*innen“) trägt den Titel „Climate Jobs: Building a workforce for the climate emergency“ („Mit klimafreundlichen Arbeitsplätzen gegen den Klima-Notstand“). Sie kommt gerade zur rechten Zeit, ist als Beitrag zur Debatte über umweltgerechte Politik zu verstehen und richtet sich an breite Schichten der Arbeitnehmerschaft. Die Schrift knüpft an dem 2014 erschienenen Pamphlet „One Million Climate Jobs“ (dt.: „Eine Million klimafreundliche Arbeitsplätze“) an, stellt aber eine wesentlich umfangreichere Zusammenstellung dar, die um ein digital zur Verfügung gestelltes „technisches Handbuch“ ergänzt wurde. Dieses liefert Quellen, Modelle und detailreiche Erklärungen zu einzelnen Aspekten. Auch wenn es für Britannien geschrieben worden ist, so sind die Herangehensweise wie auch die Schlussfolgerungen international anwendbar.

Mit klimafreundlichen Arbeitsplätze gegen den Klima-Notstand

Die Broschüre steht zum kostenlosen Download als Online-Version unter Climate Jobs: Building a workforce for the climate emergency pdf bereit (6MB)

Das Buch stellt einen begrüßenswerten Kontrapunkt zur finsteren Sichtweise („doomerism“) dar, die seit dem Scheitern der COP26-Konferenz von Glasgow einen Großteil der Klimabewegung erfasst hat. Es liefert praxisbezogene Lösungen, mit denen Arbeitsplätze gesichert werden und Millionen von Menschen Sicherheit gegeben wird, die bereits vom Klima-Notstand betroffen sind. Die Grundlage bildet ein rationaler Plan, der öffentliches Eigentum an den Schlüsselindustrien der Wirtschaft voraussetzt.

Ein landesweiter Klima-Dienst

Die zentrale Forderung des ursprünglichen Pamphlets mit dem Titel „One Million Climate Jobs“ bestand darin, einen landesweiten Klima-Dienst („National Climate Service“) einzurichten, der direkt Arbeitskräfte für „grüne Arbeitsplätze“ einstellt. Grundsätzlich ist die Kernaussage dieser Forderung (außer, was den Titel angeht) 2019 von der britischen „Labour Party“ unter Corbyns Vorsitz übernommen worden. Das damalige Manifest trug die Überschrift einer „Grünen Industriellen Revolution“ und umfasste die Schaffung von „mindestens einer Million gut bezahlter und gewerkschaftlich abgesicherter Arbeitsplätze im Vereinigten Königreich“ durch eine Kombination aus öffentlichem Eigentum an den Schlüsselindustrien (wie dem Energiesektor), öffentlichen Investitionen in „grüne“ Technologien sowie Ausbildung und Umschulung für Arbeiter*innen, die in den von der Energiewende betroffenen Sparten beschäftigt sind.

Im Detail nimmt die neue Broschüre sich vor, was in den Bereichen Energie, Wohnungsbau, Transport und Verkehr, Bodennutzung und Recycling erreicht werden kann. Am Ende wird die Frage gestellt, wie die abhängig Beschäftigten die entsprechenden Forderungen in ihren Betrieben verbreiten können. Alle Autor*innen sind Gewerkschafter*innen, Umweltaktivist*innen und Wissenschaftler*innen, die als Spezialist*innen auf den einzelnen Feldern gelten.

Das Kapitel über den Energiesektor liefert eine detaillierte Untersuchung darüber, wie viel Strom mit erneuerbaren Energien erzeugt werden muss, um die fossilen Brennstoffe ohne negative Folgen für die Industrie ersetzen zu können. Keine Lampe würde ausgehen und auch die Heizungen in den Privatwohnungen blieben in Gang. Die Zielvorgaben sind enorm aber erreichbar. Die Autor*innen schätzen, dass 1.374 Terawattstunden pro Jahr (TWh/Jahr) für die vollständige Umstellung auf erneuerbare Energieträger nötig sind, um den aktuellen Bedarf zu decken. Wenn jedoch Maßnahmen zur Energieeinsparung (wie Wärmedämmung und andere effiziente Instrumentarien) zur Anwendung kommen, kann dieser Wert auf rund die Hälfte (700 TWh/Jahr) reduziert werden. Es wird dezidiert dargelegt, wie dies durch einen Mix aus Windkraft, Sonnenenergie und die Stromerzeugung durch Tide- sowie Wasserkraftwerke bis 2038 einfach erreicht werden kann, ohne dabei auf Atomkraft oder unausgereifte Techniken zur Bindung von CO2 angewiesen zu sein.

Zum Beispiel durch bessere und effektivere Heizungsanlagen und entsprechende Dämmung von Wohnraum ist ein großer Beitrag zur Eindämmung des Klimawandels möglich. Das Heizen unserer Wohnungen erfordert zwischen 300 TWh/Jahr und 370 TWh/Jahr. Die Autor*innen gehen davon aus, dass diese Werte innerhalb von zehn Jahren halbiert werden können. Dazu müssen Brenner ausgetauscht und durch neue Wärmequellen ersetzt werden. Die bestehende Bausubstanz muss komplett wärmeisoliert werden. Dazu ist es nötig, jedes Gebäude Straße für Straße umzurüsten. Es wird geschätzt, dass ein Plan dieses Umfangs allein im Vereinigten Königreich zur Schaffung von zwei Millionen Arbeitsplätzen bis 2030 führen könnte. Die Autor*innen räumen ein, dass einige neue Technologien wie etwa Wärmepumpen nicht in jedem Fall möglich sind. Auch stehen sie der breiten Umstellung vom Gasbetrieb auf Wasserstoff kritisch gegenüber, weil sie diese Technik korrekter Weise als einen Versuch der Energiekonzerne betrachten, den üblichen Betrieb aufrecht zu erhalten und im Grunde so weiterzumachen wie bisher.

Umstellung des öffentlichen Nahverkehrs

Die Autor*innen weisen darauf hin, dass der Verkehr im Vereinigten Königreich den größten Beitrag zu den Treibhausgasemissionen leistet. Lässt man den internationalen Flug- und Schiffsverkehr außen vor (die ihrerseits in enormem Umfang zur Klimaerwärmung beitragen), so steht der Bereich Transport und Verkehr für 27 Prozent aller Emissionen. Will man den dringend nötigen Wandel schaffen, dann besteht die größte Herausforderung darin, den individuellen Autoverkehr anzugehen. Der PKW ist immer noch das bevorzugte Verkehrsmittel. 76 Prozent aller britischen Haushalte haben ein Auto und manche sogar mehr als eins. Die Autor*innen fordern eine umfassende Ausweitung des öffentlichen Nahverkehrs, um die Menschen aber auch Güter vom Individualverkehr zu entkoppeln und auf die Schiene, in Busse und Bahnen zu bringen. Eine Straßenbahn in einer Großstadt kann ungefähr 40 PKW auf der Straße ersetzen!

Es wird nicht einfach sein, sich vom Individualverkehr mit dem Auto zu lösen. Das liegt nicht zuletzt daran, dass die kapitalistische Marktwirtschaft von einer Unzahl täglich stattfindender kurzer (und nicht gar so kurzer) Fahrten abhängig ist, zu denen auch die Strecken zwischen Wohnort und Arbeitsplatz, Schulstätte, Einkaufsmöglichkeit oder Freizeiteinrichtung gehören. Während die Corona-Pandemie zwar zu einer Ausweitung des home office und zunehmenden Warenlieferungen nach Hause geführt hat, muss die Mehrheit der Arbeiter*innen in Fabriken, Geschäften, Bildungseinrichtungen und die der Pflege und sozialen Berufen weiterhin den Arbeitsweg auf sich nehmen und dafür brauchen sie die Infrastruktur

Noch nie war die Notwendigkeit eines vollintegrierten, grünen Transportsystems dringlicher. Die Autorin*innen schätzen, dass eine massive Reduzierung von rund 108 Megatonnen an Treibhausgasen (= CO2e) pro Jahr sowie die Schaffung von 100.000 neuen Arbeitsplätzen allein im Bereich des Schienenverkehrs möglich ist, wenn die Investitionen und die Infrastruktur für den Aufbau eines solchen Transportsystems bereitgestellt werden.

Was allerdings zweifelsfrei klar ist, ist, dass der Austausch von Fahrzeugen mit Benzin- und Dieselantrieb durch Elektrofahrzeuge das Problem der Schaffung eines nachhaltigen Transport- und Verkehrssystems nicht lösen wird. Dafür gibt es im Wesentlichen zwei Gründe: Der erhöhte Strombedarf in Konkurrenz zu anderen Bereichen und die Nachfrage nach Rohstoffen für Batterien, die weit über dem läge, was heute verfügbar ist und somit eine noch massivere Ausbeutung des globalen Südens bei der Förderung der entsprechenden Mineralien bedeuten würde.

Keine planvolle Energiewende kann die Notwendigkeit außer Acht lassen, vom massenhaften Gebrauch privater Fahrzeuge auf Fortbewegungsmittel umsteigen zu müssen, die sich im Eigentum der Gesellschaft bzw. von größeren Gemeinschaften befinden und die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen müssen. Auch wenn elektrisch betriebene Züge, Busse und Straßenbahnen nicht in der Lage sind, umgehend sämtliche Transportfahrten zu übernehmen, so raten die Autor*innen dazu, eine nachhaltige Anzahl an Elektrofahrzeugen für Car-Sharing-Angebote zur Verfügung zu stellen. Dies muss durch Vereine geschehen und es muss um öffentlich zugängliche Fahrzeuge gehen, die mit den Smartphones der Nutzer*innen verbunden sind. Derartige Vorschläge sind nicht schwer umzusetzen, wenn man Unternehmen wie „Uber“ in Gemeineigentum überführt.

Eine grüne Industriewende

Mit Blick auf die Schwerindustrie und das produzierende Gewerbe ist festzustellen, dass ein großer Teil an Kohlenstoff wegen der Hitze freigesetzt wird, die nötig ist, um die Grundstoffe für Beton, Stahl, Aluminium, Kupfer, Kunststoffe, chemische Verbindungen und raffiniertes Öl herzustellen. Weltweit betrachtet ist allein die Stahlindustrie verantwortlich für elf Prozent der jährlichen Emissionen an CO2e. Die Produktion von Plastik führt zu 2,5 Tonnen an CO2e je Tonne plus zusätzlicher 2,7 Tonnen an CO2-Äquivalenten (CO2e), wenn die einzelne Tonne an Kunststoff am Ende ihrer Lebensdauer verbrannt wird. Sowohl die Industrie wie auch Regierungen werben derzeit für die Methode des CO2-Abscheidung und -Speicherung („Carbon Capture und Storage“; CCS). Behauptet wird, dass das „die Antwort“ sei. Dazu stellen die Autor*innen fest: „[…] nach 30 Jahren Entwicklungszeit hat es kaum Fortschritte über die Grundlagenforschung hinaus gegeben oder über Modellprojekte. Deswegen kann diese Technik nicht schnell genug oder in ausreichendem Maß Linderung bringen, wie es in Landesgesetzen und internationalen Abkommen festgelegt worden ist“. Mit anderen Worten, es handelt sich um einen Rohrkrepierer, mit dem die herrschende Klasse hausieren geht, um im Endeffekt weiter zu machen wie bisher.

Auch wenn bereits einige neue Industrieprozesse vorhanden sind (wie bspw. Elektroöfen, mit denen Kohle- oder Koksöfen bei der Stahlschmelze ersetzt werden können), so muss ein ganz wesentlicher Schwerpunkt in der Industrie darauf gelegt werden, Alternativen für Beton und Stahl in der Baubranche zu entwickeln sowie die Nutzung von Kunststoffen im produzierenden Gewerbe zu reduzieren. Entscheidend ist jedoch, den Sinn und Zweck der Industrie neu zu denken und wegzukommen vom marktwirtschaftlich-kapitalistischen Modell der Produktion, die rein auf den Profit ausgerichtet ist. Stattdessen muss eine Ausrichtung das Ziel sein, die die gesellschaftlichen Bedürfnisse in den Blick nimmt. Denn auf diese Weise wird auch die Anzahl an unnötigen Produkten signifikant reduziert. Das wiederum hat den größten Effekt bei der Menge an ausgestoßenen Treibhausgasen.

Das Kapitel über die Bodennutzung richtet das Hauptaugenmerk auf die Probleme, die mit der intensiven Landwirtschaft im Vereinigten Königreich einhergehen. Vor allem geht es um die Fleisch- und Milchproduktion und die Verflechtungen mit dem globalen Lebensmittelhandel, der von riesigen multinationalen Konzernen beherrscht wird. Die Autor*innen heben die Tatsache hervor, dass aktuell lediglich vier Konzerne zwei Drittel des weltweiten Saatgutmarktes kontrollieren. Drei von ihnen gehören zudem zu den vier größten Unternehmen, die 70 Prozent des globalen Handels mit Chemikalien zur Nutzung in der Landwirtschaft kontrollieren. Was den Einzelhandel im Vereinigten Königreich angeht, so dominieren die Supermärkte mit 95 Prozent des Lebensmittelhandels. Drei Viertel davon wird von den größten fünf Ketten beherrscht. Allein Tesco steht für mehr als ein Viertel des gesamten Marktes.

Im Vereinigten Königreich ist so einiges zu erreichen, wenn es um die Reduzierung der Mengen und Folgen von Emissionen geht. Nötig sind dazu weniger intensive Methoden, ein verringerter Einsatz chemischer Mittel und eine Abkehr von Fleisch- und Molkereiprodukten hin zu einer nachhaltigeren Lebensmittelproduktion. Beispielsweise ein Wiederaufleben des Gartenanbaus von Obst und Gemüse, der momentan nur für ein Prozent der Bodennutzung im Vereinigten Königreich steht und in den letzten 30 Jahren um ein Viertel zurückgegangen ist, hätte spürbare Folgen für die Reduzierung der Menge an importierten Waren (mehr als die Hälfte) wie auch bei der Verringerung der Emissionen, die durch Verschiffung und den LKW-Transport entstehen. Neben solchen Maßnahmen könnte ein landesweiter Umwelt-Dienst („National Nature Service“) gut 70.000 Arbeitsplätze schaffen um die ausgelaugte Landschaft zu renaturieren und die Biodiversität zu steigern und sowohl das städtische als auch das ländliche Umfeld wieder lebenswerter zu machen.

Das Kapitel über die Reduzierung und den Umgang mit Müll trifft den Kern eines Grundproblems, das mit der kapitalistisch-marktwirtschaftlichen Produktionsweise zusammenhängt. Das Motiv für die Produktion von Waren in großer Stückzahl (oft für den einmaligen Gebrauch) besteht aus dem daraus erwirtschafteten Profit. Es geht nicht darum, gesellschaftliche Bedürfnisse abzudecken. Von daher gibt es keinen Anreiz, Güter herzustellen, die eine lange Lebensdauer haben oder repariert oder recycelt werden können, ohne (aus Gründen des Profits!) von neuem produziert zu werden.

Die Autor*innen weisen darauf hin, dass heute den kommunalen Verwaltungen die Aufgabe zukommt, mit der unfassbaren Menge an Müll klarzukommen, die im Vereinigten Königreich anfällt. Nur 45 Prozent davon wird recycelt oder ist kompostierbar. Als Alternative zu Deponien wird in großem Umfang Gebrauch von der Methode der Müllverbrennung gemacht. Doch dabei werden abermals Emissionen freigesetzt, und es entsteht Hitze, die höhere Werte erreicht als das, was in Kohlekraftwerken gemessen wird. Stattdessen wird die Schaffung von gut 83.000 Arbeitsplätzen empfohlen, die vom „National Climate Service“ zu koordinieren sind, der einen kollektiven und an den Interessen der jeweiligen Gemeinde ausgerichteten Ansatz verfolgen muss, um mehr Güter wieder instand zu setzen und aufzuarbeiten. Ziel muss demnach eine „Kreislauf-Wirtschaft“ sein.

Klima-Kampf als Klassenkampf“

Im letzten Kapitel richten die Autor*innen sich an die Umweltaktivist*innen. Sie sollten den Aspekt der klima- und umweltfreundlichen Arbeitsplätze in unseren Betrieben aufgreifen und dafür werben, wie einige dieser gesammelten Vorschläge umgesetzt werden können, um sowohl die CO2-Emissionen in allen Wirtschaftszweigen zu senken als auch die Energiewende hin zu einer klimaneutralen Wirtschaft zu unterstützen. An die Beschäftigten richten sich die Autor*innen, um sowohl vor Ort als auch in landesweiten Kampagnen aktiv zu werden, die das Problem der Arbeitsplatzgarantien mit der Notwendigkeit verknüpfen, zu einem strategischen wie auch transformativen Paradigmenwechsel zu kommen. Zitiert wird in diesem Zusammenhang der „Lucas-Plan“ für eine alternative Produktionsweise, der 1976 von den Beschäftigten bei dem Unternehmen „Lucas Aerospace“ entwickelt worden ist, als ein Beispiel für das, was erreicht werden kann.

Auch wenn die Autor*innen in ihrer Schrift nicht in voller Ausführlichkeit auf die Bedeutung des „Lucas-Plans“ eingehen, so dient er dennoch als Paradebeispiel dafür, welche Rolle die Menschen aus der Arbeiter*innenklasse dabei spielen können, den Kapitalismus herauszufordern und seine zerstörerische Herrschaft letztlich sogar zu ersetzen. Das Beispiel zeigt, was erreicht werden kann, wenn die Produktion auf demokratischer Kontrolle basiert und an den Bedürfnissen der Menschen orientiert ist – anstatt dem Streben nach Profit.

Letztlich geht es um umweltgerechte Arbeitsplätze, um klimafreundliche Arbeitsplätze gegen den Klima-Notstand. Bleibt es aber allein bei dieser Forderung, so werden Maßnahmen außer Acht gelassen, die notwendig sind, um die Macht der kapitalistischen Klasse zu brechen, deren Interessen von den konservativen „Tories“ gedeckt werden – wie auch von den sozialdemokratischen Regierungen dieser Welt. Die Ursache des Problems wird von den Autor*innen zwar korrekt in den Mittelpunkt der Betrachtung gestellt. Selbiges gilt für die Frage, was erreicht werden kann, wenn die Abläufe einer rationalen Planung unterliegen. Allerdings laviert man um die Frage, wie die Energie-Riesen und diejenigen, die CO2-intensive Waren und Lebensmittel herstellen und vertreiben, unter Kontrolle gebracht werden können. Während das Thema des öffentlichen Eigentums an den Energiekonzernen, dem Bereich Transport und Verkehr sowie einiger Schlüsselindustrien richtigerweise ins Spiel gebracht wird, so wird die Frage umschifft, wie denen die Macht entrissen werden kann, die sie aktuell noch haben. Als einziges Mittel wird auf „staatliche Intervention“ Bezug genommen. Für die Koordination und Regulierung solle der „National Climate Service“ zuständig sein.

Mitglieder von „Socialist Alternative“ sind aktiv sowohl in den Gewerkschaften als auch in der Klimabewegung. Wo immer möglich verfolgen wir das Ziel, die Minimalforderungen nach sicheren Arbeitsplätzen mit der Maximalforderung nach einer sozialistischen Transformation der Gesellschaft zu verbinden. Die vorliegende Broschüre stellt eine nützliche Quelle dar, wenn es darum geht, genau diese Verbindungen herzustellen. Wir sollten allerdings hinzufügen, wie grundlegend es für die abhängig Beschäftigten ist, ihr eigenes Potential zu erkennen. Denn sie sind die einzige Kraft in der Gesellschaft, die in der Lage ist, die Macht der kapitalistischen Klasse zu brechen.

Titelbild: https://www.cacctu.org.uk/climatejobs