Die erste Verhandlungsrunde in der Tarifrunde der Metall- und Elektroindustrie mit vier Millionen Beschäftigten ist am 12. September ohne Ergebnis beendet worden. Die IG Metall fordert 8%t Lohnsteigerungen bei einer Laufzeit von 12 Monaten. Die Arbeitgeber bieten: Gar nix.
Von Marc Treude, Aachen
Die Positionen der beiden Tarifvertragsparteien könnten nicht weiter auseinanderliegen, es bahnt sich eine harte Auseinandersetzung an. Die Tarifverträge enden am 30. September, ab dem 28. Oktober könnte es zum Arbeitskampf kommen. Dies würden Arbeitgeber und Regierung allerdings gerne vermeiden, droht doch wegen der weiter anhaltenden Inflation und den rasant steigenden Energiekosten ein „heißer Herbst“ der Proteste. Ein Arbeitskampf der größten Gewerkschaft in Deutschland könnte, sollte und würde diesen Protesten ihren Stempel aufdrücken und zu einem breiteren Klassenkampf werden lassen.
Doch damit dies möglichst nicht passiert, hatte Bundeskanzler Scholz bereits zweimal Arbeitgeber und Gewerkschaftsführungen zu einer „konzertierten Aktion“ ins Kanzleramt geladen. Ein drittes Treffen soll im November stattfinden. Die Bundesregierung hatte mit ihrem dritten Entlastungspaket den deutschen Arbeitgebern die Möglichkeit gegeben, bis zu 3000 Euro steuer- und abgabenfrei an Beschäftigte auszahlen zu können.
Dreckiges Spiel
Der IG Metall-Vorsitzende Jörg Hofmann wurde noch im Juli mit den Worten zitiert, dass man schauen müsse, wie die Lage im Herbst sei. Er machte damit deutlich, dass es nicht bei der 8%-Forderung bleiben müsse. Nach der ergebnislosen ersten Verhandlungsrund sagte er, dass es nicht bei 24-stündigen Warnstreiks bleiben müsse.
Die Führung der IG Metall steht unter dem Druck der eigenen Mitglieder. Diese forderten vielerorts deutlich mehr Geld als die nun geltenden 8%. Hofmann muss liefern und gleichzeitig den „Sozialpartnern“ auf den Arbeitgeberbänken sowie dem SPD-Genossen Olaf Scholz entgegenkommen. Dies ist die Rolle, die die Führung der Gewerkschaften spielen soll: soziale und wirtschaftliche Kämpfe nicht befeuern, sondern befrieden.
Nötig ist jedoch etwas anderes: Die Kolleg*innen in den Betrieben brauchen mehr Geld im Portemonnaie sowie Sicherheit bezüglich der Zukunft. Die Bundesregierung versucht jedoch, mit der Möglichkeite der 3000-Euro-Zahlung Einfluss auf die Kampfbereitschaft der IG Metall zu nehmen und sie zu einem Kompromiss zu drängen. Bisher hatte die Gewerkschaft die Vereinbarung von weiteren Einmalzahlungen wie in der Corona-Tarifrunde 2020 strikt abgelehnt. Gleichzeitig behaupten die Spitzenfunktionär*innen unisono, dass die Tarifrunde die steigenden Preise nicht allein ausgleichen kann. Das ist die Hintertür, durch die nun eine Einmalzahlung – befeuert aus dem Kanzleramt – doch noch durchgedrückt werden könnte. Vielleicht wird dies durch eine geringe Lohnsteigerung weit weg von 8% abgefedert werden, aber eine deutlich längere Laufzeit von 18 oder sogar 24 Monaten ist zu befürchten.
Nötig wäre, in der IG Metall zu diskutieren, ob die aufgestellte Forderung nicht nochmals angepasst werden müsste. Dabei sollte es um zwei Dinge gehen: erstens eine Anpassung nach oben, am besten mit einer Festgeldforderung von vier- bis fünfhundert Euro. Davon würden vor allem die unteren Entgeltgruppen profitieren. Zweitens: eine tariflich geregelte Anpassung an die Inflation, auch Indexlohn oder gleitende Lohnskala genannt.
Kämpfe müssen geführt werden
In Deutschland formiert sich gerade eine potentiell starke Bewegung gegen Inflation und Energiekostenkrise. Die IG Metall könnte mit Streiks in der Tarifrunde diese Bewegung enorm stärken, gleichzeitig müsste diese Bewegung auch in die Betriebe hinein wirken. Linke Kräfte können hierbei eine wichtige Rolle spielen und in Bündnissen und Gewerkschaften konkrete Vorschläge machen. Wichtig ist, dass der Versuch, die organisierte Arbeiter*innenbewegung klein zu halten, zurückgewiesen wird und Regierung und Arbeitgeber als die Verantwortlichen der Krise benannt und bekämpft werden. Bei einem schlechten Ergebnis der Tarifrunde droht neben Massenaustritten aus der IG Metall vor allem eine dramatische Verarmung der Beschäftigten.