Die Einigung von Bund und Ländern vom Anfang November sieht vor, ab März oder Februar 2023 einen Preisdeckel für Gas einzuführen. Im Dezember 2022 soll eine monatliche Abschlagszahlung für Gas übernommen werden. Das heißt, dass wir seit Oktober die absurd hohen Gaspreise für drei oder vier Monate voll bezahlen.
Von Claus Ludwig, Köln
Für viele geht dieser Winter an die Substanz. Bei einem 2-Personen-Haushalt in Köln (Versorger: RheinEnergie) entstehen allein in diesen drei bis vier Monaten zusammen 200-400 Euro Mehrkosten im Vergleich zu den Monaten vor Oktober 2022.
Preisanstieg bleibt heftig
Der ab Februar oder März geltende Deckel soll bei 12 Cent pro Kilowattstunde (kWs) liegen und für 80 % des Verbrauchs (Stand September 2022) gelten. Vor der Krise kostete eine Kilowattstunde bei den meisten lokalen Versorgern zwischen 6 und 8 Cent. Für die restlichen 20 % sollen wir die „Marktpreise“ bezahlen, die je nach Versorger zwischen 15 und 25 Cent/kWs betragen.
Der Anstieg der Gaspreise wird zwar verlangsamt, aber es bleibt dabei, dass die Kosten der von Politik und Konzernen geschaffenen Krise der Masse der arbeitenden Menschen und den Armen aufgebürdet werden. 2021 bezahlte ein 1-Personen-Haushalt mit 10.000 kWs Verbrauch 600-800 Euro, ab 2023 wären es – trotz groß angekündigtem Preisdeckel – 1200-1500 Euro, für Familien können es bis zu 3000 Euro jährlich werden, in Einzelfällen auch mehr. Hätte die Regierung die Menschen mit weniger Geld unterstützen wollen, hätte der Preis für den Grundverbrauch von 10.000 Kilowattstunden pro Person im Haushalt gedeckelt werden müssen, allerdings nicht auf Grundlage der teuren 12 Cent, sondern auf dem Preis von 2021 (ca. 6-8 Cent).
Guter Deal für Villen mit Pools
„Durch das Modell wird eine Zweizimmerwohnung genauso behandelt wie eine Villa mit Pool.“, so Frank Werneke, Vorsitzender der Gewerkschaft ver.di. Die reichsten 10 % der deutschen Haushalte verbrauchen genauso viel Energie wie die ärmsten 40%, jeweils 23 % des gesamten Verbrauchs. Die Politiker*innen der etablierten Parteien sind eng verbandelt mit der Klasse der Besitzenden, begreifen Konzernchefs und reiche Erb*innen, Spitzenbürokrat*innen und Lobbyist*innen als das wahre “Volk“. Sie lassen uns die Extra-Profite der Energiekonzerne bezahlen und sorgen dafür, dass sie selbst und ihresgleichen fein raus sind.
Während die Bremse für Privathaushalte erst im März greift, soll der Gaspreis für Betriebe bereits ab Januar 2023 auf 7 Cent pro Kilowattstunde begrenzt werden, bezahlt von uns allen. Die Regierung nennt die 200 Milliarden ein „Sondervermögen“, faktisch handelt es sich jedoch um Schulden. Der Staat nimmt Kredite bei Banken auf, die Steuerzahlenden begleichen diese, samt Zinsen. Wir bezahlen damit ein umfassendes Programm zur Subventionierung der Konzerne und der Reichen mit dem Verzicht auf notwendige öffentliche Investitionen in Klimaschutz, Bildung, Pflege und mit kommenden Sozialkürzungen.
Gas ist nicht alles, wir erleben insgesamt eine fette Inflation. Jeder Gang zu Aldi oder Lidl bringt die deprimierende Erkenntnis, dass man für 40 Euro oft nur noch den Boden des Einkaufswagens bedeckt. Bei den Dienstleistungen kommen die Erhöhungen erst noch. Wie hoch die Abschläge für Strom noch werden, wissen wir nicht. Die Mieten steigen weiter.
Demonstrieren, streiken, organisieren
Keine der etablierten Parteien ist gewillt, die Masse der Bevölkerung zu entlasten. Der Großteil der staatlichen Hilfsgelder wandert auf die Konten der Konzerne und der Wohlhabenden. Die Regierung hält an ihrem 100-Milliarden-Ausrüstungspaket fest und beschenkt damit die Aktionär*innen der Rüstungsindustrie zusätzlich.
Wir müssen unsere Entlastung selbst in die Hand nehmen, indem wir für niedrigere Preise und höhere Löhne kämpfen – mit Demonstrationen auf der Straßen, mit gewerkschaftlichen Streiks und indem wir uns organisieren, in Städten und Stadtteilen und dauerhaft Druck ausüben, letztlich, indem wir eine Alternative zum kapitalistischen System der Krisen aufbauen.
Bild: sparkleice (CC-BY-NC-ND)