Am 3. Dezember fand in Saarbrücken die Demonstration “Nicht mit uns – Wir frieren nicht für Eure Profite” mit ca. 1200 Teilnehmer*innen statt. Aus unserer Sicht wäre deutlich mehr dringewesen. Zumal bei dem breiten Bündnis die Gewerkschaften des DGB mit aufgerufen hatten, die im Saarland einen vergleichsweise hohen Organisationsgrad haben. Auch wenn wir uns über jede*n Teilnehmenden freuen, scheint es offensichtlich, dass versäumt wurde, die Demonstration bei allen Mitgliedern bekannt zu machenn.
von Peter Narog, Saarbrücken
Der Bundesvorsitzende von ver.di, Frank Werneke, eröffnete die Abschlusskundgebung. Er startete mit dem Thema Ukraine-Krieg und verlautbarte, Putin wolle mit seinen jüngsten Angriffen die europäischen Gesellschaften spalten, weil er gezielt Flüchtlingsströme auslöse. Wir halten dies nicht nur für eine sehr eurozentrische Analyse der russischen Kriegsziele, sondern finden den Zusammenhang zwischen Fluchtbewegungen und gesellschaftlicher Spaltung höchst bedenklich.
Schönfärberei hilft nicht über den Winter
Seine Kritik an der Bundesregierung betonte die Notwendigkeit eines sozialen Zusammenhalts, an dem offenbar aus seiner Sicht auch diejenigen ein Interesse haben müssten, die sich auf unsere Kosten in der Krise auch noch an unserer Not bereichern.
Jede kleine Entlastung schrieb er auf die Fahnen der Gewerkschaften. Das SPD-Mitglied Werneke vermied es in seiner Rede, die politisch handelnden Parteien beim Namen zu nennen. Nur beim Thema Bürgergeld kritisierte er die Blockade durch CDU unter Mithilfe der FDP, so als ob seine Partei mit Hartz IV und der damit verbundenen Repression gegen Erwerbslose nie etwas zu tun gehabt hätte. Dann gratulierte er den Mitgliedern der IG-Metall zu ihrem Ergebnis in den Tarifverhandlungen, ein Ergebnis, das Reallohnverluste für die nächsten zwei Jahre festschreibt.
Wir fordern nicht erst seit gestern einen durchschnittlichen Facharbeiter*innenlohn für alle Funktionär*nnen der Arbeiter*innenbewegung und gehen davon aus, dass dann zumindest so viel Kampfkraft in die Waagschale gelegt würde, um Reallohnverluste zu vermeiden.
Im Anschluss waren wir froh, dass Sanne Speicher von Fridays for Future Saarland in ihrem Beitrag auf das systemische Versagen in allen aktuellen Krisen hinwies. Eine Antwort darauf, wie wir die Armutspolitik abwenden können, erhielten wir allerdings auf der Abschlusskundgebung nicht mehr.
Genug ist Genug
Um 14 Uhr trafen sich schon 150 Demonstrationsteilnehmer*innen am Malstatter Markt zu einer kämpferischen, antikapitalistischen Zubringerdemo. Auf der kurzen Eröffnungskundgebung wurde von der Redner*in des Bündnisses Genug ist Genug gesagt, was wir gerne bei der Abschlusskundgebung gehört hätten. Der Zusammenhang zwischen kapitalistischer Wirtschaftsweise und den aktuellen Krisen und die Notwendigkeit einer grundlegend anderen Wirschaftsordnung waren Konsens und wir haben uns gerne daran beteiligt. Die Parolen waren antikapitalistisch und betonten die Notwendigkeit von Massenstreiks zur Abwendung der Verarmung und benannten auch SPD und Grüne als politisch Verantwortliche.
Genau diese Ideen gehören nicht an den Rand einer Demonstration gehören, sondern in die Gewerkschaften des DGB. Die Funktionär*innen lassen sich nicht von den Parolen kleiner Gruppen beeindrucken, sondern nur durch eine aktive kämpferische Mitgliedschaft. Deshalb beteiligen sich Mitglieder der SAV an der Vernetzung für kämpferische Gewerkschaften (VKG).
Breite und Antikapitalismus zusammenbringen
Dennoch war die Demo für uns alle im Saarland ein Anfang und auch wir bedanken uns bei Michael Quetting, ehemaliger Pflegebeauftragter von ver.di Saar-Trier, für die Initiative dazu. Sowohl eine breite Mobilisierung ohne die Benennung von politischen Zielen als auch ein Antikapitalismus ohne eine Strategie, wie wir breitere Schichten einbeziehen können, bleiben zahnlos. Es stellt sich die Aufgabe, in beiden Bündnissen darüber zu diskutieren, mit welchen Maßnahmen die allgemeine Opposition gegen die Verarmungspolitik in eine Bewegung verwandelt werden kann, die ernsthaft Interessen von Banken und Konzernen herausfordern kann, und wie wir einer Gesellschaft ohne Ausbeutung, Armut und Krieg näher kommen können.
Die SAV-Ortsgruppe Saarbrücken steht für diese Debatten und für weitere gemeinsame Aktivitäten gerne zur Verfügung und freut sich auf die weitere Zusammenarbeit.