Bis zu 3000 von insgesamt 14.000 Arbeitsplätzen sollen im deutschen Hauptwerk von Ford in Köln abgebaut werden. Darüber informierten Betriebsrat und IG Metall auf einer Betriebsversammlung am 23. Januar. Es trifft vor allem die Entwicklungsabteilung und kaufmännische Bereiche. Auch im Forschungszentrum des Autoherstellers in Aachen sollen Jobs vernichtet werden. Die Umstellung auf Elektroautos und die Absatzkrise hatten bereits viele Zulieferbetriebe hart getroffen, jetzt sind die Probleme endgültig in den Kernbereichen der Autoindustrie angekommen.
Von Claus Ludwig, Köln
Eine Woche bevor die Pläne bekannt wurden hatte Ford noch in einer Betriebsvereinbarung mit dem Betriebsrat im Werk Saarlouis vereinbart , dass Kolleg*innen von dort nach Köln wechseln könnten. Dort gäbe es mit dem Start der E-Auto-Produktion im Sommer 2023 einen höheren Personalbedarf. In Saarlouis wird die Produktion von Verbrennern 2025 beendet, Elektro-Autos sollen dort nicht gebaut werden. Von heute 4600 Beschäftigten werden vielleicht einige Hundert ihren Job behalten, eine komplette Schließung des Standorts ist möglich.
“Transformation” für den Profit
Für die Produktion von E-Fahrzeugen werden weniger Beschäftigte benötigt, sowohl in der Entwicklung als auch beim Bau selbst. Getriebe und Motoren bestehen aus weniger Teilen, sind einfacher zu montieren, die Industrie nennt das “geringere Fertigungstiefe”. Beim Getriebehersteller ZF, dem mit 157.000 Beschäftigten drittgrößten Autozulieferer weltweit, werden massiv Jobs abgebaut. Zum ersten Mal in der Geschichte des Unternehmens soll in Eitorf im Rhein-Sieg-Kreis Ende 2025 ein ganzer Standort mit 690 Beschäftigten geschlossen werden. Der Gelenkwellenhersteller GKN kündigte an, sein Werk in Zwickau mit 800 Beschäftigten zu schließen, die Verlagerung soll noch dieses Jahr beginnen.
Hinzu kommt, dass die großen Autokonzerne in Deutschland und den USA die Umstellung auf E-Mobilität verschlafen und verschlampt und stattdessen immer fettere Benzinschleudern in den Markt gedrückt haben. Ihr Nachholbedarf soll jetzt auf Kosten der Beschäftigten gehen.
Die Umstellung auf E-Mobilität wird unter den Bedingungen der Profitorientierung der einzelnen Konzerne zu einer Vernichtung von Arbeitsplätzen führen, zu Arbeitslosigkeit und Abwertung von Qualifikationen der Kolleg*innen, so dass diese Jobs mit niedrigeren Löhnen und zu schlechteren Bedingungen annehmen müssen.
Mobilitätswende würde Jobs schaffen
Gleichzeitig besteht ein enormer Bedarf an Fachkräften. Es gibt einen Investitionsstau. Die Verkehrswende kommt nicht in Gang, ÖPNV und Bahn sind unterfinanziert. Die Kölner Verkehrsbetriebe streichen ihren Fahrplan zusammen, weil sie zuwenig Bus- und Bahnfahrer*innen einsetzen können.
Wenn die Verbrenner 1:1 durch E-Autos ersetzt werden, ist das keine Verkehrs- sondern lediglich eine Antriebswende. Die ökologischen Kosten der Batterie-Produktion sind enorm. Solange der Strom nicht zu 100% aus erneuerbaren Energien kommt, schleudern auch E-Autos CO2 in die Atmosphäre. Wie auch beim Verbrenner wollen die Autokonzerne große, schwere E-SUVs bauen, mit großen Motoren und hohem Verbrauch an Ressourcen.
Nötig ist ein anderes Verkehrssystem, das auf öffentlichem Verkehr basiert und verschiedene Verkehrsträger – Bahnen, Busse, Kleinbusse, Car-Sharing, Taxis, Fahrräder – integriert. Dazu ist eine demokratische Verkehrsplanung nötig. Diese Umstellung erfordert die Ausweitung von Produktionskapazitäten, die Nutzung aller Talente und Qualifikationen der Beschäftigten. Es müssen mehr Busse, Bahnen und Fahrräder gebaut werden, es müssen attraktive Löhne und Arbeitsbedingungen für Fahrer*innen und technisches Personal im öffentlichen Verkehr geschaffen werden.
Heute arbeiten noch 550.000 Kolleg*innen in der Autoindustrie, bis zu 275.000 Stellen könnten wegfallen. Gleichzeitig würden für eine echte Mobilitätswende 200.000-300.000 zusätzliche Arbeitskräfte allein in der Produktion gebraucht, plus 220.000 bei Bahn, ÖPNV und dem Umbau der Infrastruktur. Würde dies mit einer Arbeitszeitverkürzung auf 30 Stunden (bei vollem Lohnausgleich) verbunden, kämen weitere 85.000 Jobs allein in der Produktion dazu.
Nicht die Umstellung auf einen klimaneutralen, günstigen, gerechten und guten öffentlichen Verkehr führt zur Vernichtung von Arbeitsplätzen, sondern die Profitinteressen der Kapitalbesitzer*innen. Sie wollen keine Mobilitätswende, sondern nur eine Antriebswende zum E-Motor, um uns weiter unnötig große und leistungsstarke Fahrzeuge zu verkaufen, die mit einer Person darin im Stau stehen. Unter dem Diktat der Profitmaximierung werden die Beschäftigten, Nutzer*innen der Mobilität und letztlich wir alle durch den Klimawandel einen hohen Preis zahlen.
Autokonzerne vergesellschaften
Doch für die Mobilitätswende werden alle Kolleg*innen bei Ford in Köln, Saarlouis, bei ZF in Eitorf und bei GKN in Zwickau gebraucht. Die IG Metall sollte den Abbau nicht hinnehmen, sondern den Kampf zur Verteidigung jedes einzelnen Arbeitsplatzes führen. Die Proteste in den verschiedenen Betrieben – Ford, GF, GKN – sollten zusammengeführt werden, mit einem gemeinsamen Forderungsprogramm und gemeinsamen Aktionen.
Statt einer asozialen “Transformation” auf kapitalistische Art brauchen wir die Vergesellschaftung der Fahrzeug-Industrie unter der demokratischen Kontrolle der Beschäftigten, von Bund, Ländern, Kommunen und Umweltverbänden und deren Zusammenfassung mit Bahn und ÖPNV zu einer integrierten Verkehrsplanung. In diesem Prozess würden alle Jobs, Löhne und Arbeitsbedingungen erhalten.
Für diese echte Mobilitätswende gibt es viele potenzielle Bündnispartner*innen, nicht zuletzt die Klimabewegung. Arbeiter*innenbewegung und Klimaschützer*innen sollten sich vereinigen, für den Erhalt aller Arbeitsplätze und eine Umstellung der Produktion in gesellschaftlichem Eigentum.
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