Bei der Deutschen Bahn, aber auch vielen anderen Bahnunternehmen kämpft die EVG seit März für 650 Euro mehr Lohn und 325 Euro für die Azubis bei einem Jahr Laufzeit.
Die Tarifrunde begann mit einem Paukenschlag: dem „Megastreiktag“ am 27. März, als die Eisenbahner*innen gemeinsam mit Kolleg*innen an den Flughäfen und im Nahverkehr streikten. EVG und ver.di hatten die Gelegenheit gleichzeitig laufender Tarifrunden genutzt, um endlich einmal gemeinsam Stärke zu zeigen – mit durchschlagendem Erfolg. Leider wurde die Tarifrunde im öffentlichen Dienst mittlerweile beendet, aber die EVG hat den Versuch der Bahn, den ÖD-Abschluss zu übernehmen, zurückgewiesen und erklärt, weiter kämpfen zu wollen.
Juristische Niederlage
Der 50-stündige dritte Warnstreik vom 14.-16.5. konnte nur bei den Privat- und Länderbahnen stattfinden, weil die Deutsche Bahn mit einer Klage gegen die EVG Erfolg hatte. Das Gericht urteilte zwar nicht direkt gegen die Gewerkschaft, hatte aber angedeutet, den Streik verbieten zu wollen. Zu den Gründen gibt es verschiedene Angaben. Einerseits soll es Formfehler im Streikaufruf gegeben haben, andererseits erklärte die EVG selbst, der Grund sei, dass das DB-Management vor Gericht angeboten hatte, sich künftig an das Mindestlohngesetz zu halten und damit eine Forderung der Gewerkschaft zu erfüllen. Daraufhin sagte die EVG-Führung am 13.5. schon vor dem Urteil den Warnstreik bei der Bahn ab und schloss einen entsprechenden „Vergleich“ mit dem Konzern, den sie als Erfolg bewertet. Über die allgemeine Lohnforderung wird weiter verhandelt, die EVG betonte die Möglichkeit weiterer Warnstreiks.
Bei 20 anderen Bahnunternehmen, vorwiegend private und landeseigene Bahnen sowie einer DB-Tochterfirma, bei der wegen noch laufender Verhandlungen erst am 16.5. gestreikt wurde beteiligten sich insgesamt ca. 2000 Kolleg*innen am dritten Warnstreik.
Streikrecht verteidigen
Streiks in der Verkehrsinfrastruktur und die damit verbundenen Einschränkungen werden von den Konzernen immer wieder als Argument benutzt, um das Streikrecht anzugreifen und Verbote zu fordern – vor Gericht und politisch. Deshalb ist Solidarität mit den Streikenden besonders wichtig. Es geht nicht nur um die berechtigte Lohnforderung, sondern auch um die Verteidigung des Streikrechts aller Gewerkschaften.
Nach den schwachen Abschlüssen bei der Post und im öffentlichen Dienst und den noch schlechteren bei den Industriegewerkschaften 2022 ist die Bahn-Tarifrunde eine der letzten Chancen, in einer großen Branche eine echte Lohnerhöhung zu erkämpfen, die die Kaufkraftverluste der letzten beiden Jahre ausgleicht. Es bleibt zu hoffen, dass die EVG sie nutzen und nach dem abgesagten Warnstreik die kämpferische Dynamik zurückgewinnen kann.
Bild von evg-online