Irland war in der globalen politischen Landschaft bisher eine Ausnahme ohne ernstzunehmende rechte Kraft im Parlament. Migration ist dort eher ein neues Phänomen, historisch gesehen war Irland eher immer ein Land, das von Auswanderung dominiert wurde. Fremdenfeindlichkeit war in der Vergangenheit kein politisches Thema, von dem die Parteien stark profitiert hätten.
Von Elisa Mellin, Bremen
Während der Pandemie konnten sich rechte Strukturen in den sozialen Medien etablieren. Es folgten rechte Demonstrationen gegen die Einschränkungen im Lockdown.
Weiterhin erhöhte der Krieg in der Ukraine die Anzahl von Geflüchteten in Irland um das Zehnfache. Der Staat war gezwungen, diese Menschen schnellstmöglich unterzubringen, die Zustände in diesen Unterbringungen sind alles andere als angemessen. Viele der Geflüchteten müssen sogar auf der Straße schlafen.
In Irland gibt es eine Wohnungskrise, ein Problem, das Rechte für sich ausnutzen und mit der Einwanderung Geflüchteter verbinden. Sie organisierten Proteste, bei denen sie behaupteten, der Staat kümmere sich nur um die „Ausländer*innen“, während Ir*innen keine Wohnung fänden. Es stimmt, dass es keine Wohnungen gibt, deswegen hatte diese Idee eine enorme Kraft. Davon sind aber alle betroffen, egal ob in Irland geboren oder zugewandert.
Soziale Medien und die Arbeit damit sind für diese Gruppen sehr effektiv, sie sprechen damit hauptsächlich (junge) weiße Männer an. Es gibt in den rechten Strukturen bis zu 100 Operateur*innen, die diese Arbeit betreiben. Außerdem organisieren sich viele auf Telegram, um nicht gesperrt zu werden.
Die vorher schon existierenden rassistischen Tendenzen in der Gesellschaft vor dem Hintergrund der anwachsenden und anhaltenden kapitalistischen Krisen werden wahrscheinlich dazu führen, dass diese rechten Gruppen in der Zukunft wahrscheinlich noch mehr Mitglieder und Zuspruch gewinnen können.
Was tun?
Es ist wichtig, faschistischen Strukturen keine Plattform zu bieten und ihre Ideologie zu bekämpfen, da sie demokratische Rechte missbrauchen, die von Arbeiter*innen erkämpft wurden. Die Socialist Party in Irland hat Faschist*innen durch Gegenproteste und Blockaden daran gehindert, ihre Ideologie in der Öffentlichkeit zu verbreiten. Effektiver als nur zu betonen, dass Rassismus ungerecht ist, ist es, die Argumente der Rechten zu widerlegen und aufzuzeigen, dass die Krise nicht durch Geflüchtete verursacht wird, sondern durch fehlerhafte politische Entscheidungen und kapitalistische Prinzipien. Wir sollten den Kampf nicht untereinander führen, sondern gegen die superreiche kapitalistische Klasse, denn es gibt genug Ressourcen für alle.
Wir müssen das wahre Gesicht des Faschismus enthüllen, weil faschistische Strukturen eben eher die Immobilienbesitzer*innen unterstützen statt die Mieter*innen, weil sie immer eher zu den Bossen halten, als zu den Arbeiter*innen. Um das aufzudecken, brauchen wir die Solidarität in der Arbeiter*innenklasse international.
Leider reichen die richtigen Argumente alleine nicht aus, wir brauchen aktive Massenkampagnen, um wirklich Druck aufbauen zu können und die sozialen Themen aufzugreifen, die die Rechten für ihre Propaganda missbrauchen. Die Socialist Party in Irland hat zum Beispiel breite Nachbarschaftskampagnen in Cork und Dublin West initiiert. Es wird auch diskutiert, inwieweit Wohnen ein Thema für die Gewerkschaften sein kann.
Die Gewerkschaften haben eine besondere Verantwortung im Kampf gegen Rassismus am Arbeitsplatz, ganz egal ob der Rassismus vom Management ausgeht, von der Öffentlichkeit oder von anderen Arbeiter*innen. Sie sind außerdem die größte Kraft in Irland (über 500.000 Mitglieder im Süden), die gegen rechte Strukturen mobilisiert werden kann.
Die Jugend spielt bei all dem eine wichtige Rolle. Es sind auch junge Menschen, die gesellschaftlich die Sicht auf feministische Kämpfe zum Positiven verändern und für LGBTQ+-Rechte in der ersten Reihe stehen.
Die rechtesten Teile der Gesellschaft sind die Essenz der Symptomatik eines krisenhaften und verrottenden Kapitalismus – es braucht eine starke Alternative zu diesem kranken System und es gibt eine reale Chance darauf, dass viele Menschen die nötigen sozialistischen Schlussfolgerungen ziehen werden.