In den Niederlanden erringen Geert Wilders und seine rassistische “Partei für die Freiheit” (PVV) bei den Parlamentswahlen einen Erdrutschsieg. Der selbsternannte “Anarchokapitalist” Javier Milei setzt sich in der zweiten Runde der Präsidentschaftswahlen in Argentinien durch. Was bedeuten diese jüngsten Wahlsiege für die Linke und die Arbeiter*innenklasse?
Von Nikolas Friedrich, München
Das Wahlergebnis spiegelt den Frust über eine lang anhaltende Krise in Argentinien wider, deren Ursachen die peronistische Mitte-Links-Koalition nicht zu beseitigen vermochte. Seit langem herrschen dort eine dreistellige Inflationsrate und eine Armutsquote von 40%. Viele haben ihre Hoffnungen in den ultraliberalen Milei gesetzt, der behauptet, die „Freiheit“ zurückzubringen. Aber für Milei bedeutet Freiheit die Schließung der Zentralbank, Sozialkürzungen und die Einführung des US-Dollars. Mileis extremistische Ansichten in Wirtschaftsfragen sind beispiellos. Sein Sieg bedeutet keinen Ausweg aus der Krise, sondern ihre Verschärfung.
Die Maßnahmen von Milei werden die Lebensbedingungen der Arbeiter*innenklasse nur verschlechtern. Er hat massive Angriffe auf die Arbeiter*innenklasse, queere Personen und demokratische Rechte angekündigt, sowie die Abschaffung von Arbeitsrechten und die Privatisierung der Renten. Er leugnet den Gender-Pay-Gap am Arbeitsplatz und will Männern die Möglichkeit einräumen, die „Vaterschaft abzulehnen“, d.h., sich zu weigern, für ihre Kinder zu sorgen. Milei behauptet zudem, Homosexualität sei eine Krankheit oder eine Behinderung.
Die Entwicklungen in Argentinien vertiefen nicht nur die Krise des politischen Systems, sondern stellen auch traditionelle politische Kräfte vor Herausforderungen. Das konservative Wahlbündnis Juntos por el Cambio zerfällt, und der Zweitplatzierte Sergio Massa kündigte an, eine Regierung der „nationalen Einheit“ zu bilden, was das Ende der Peronistischen Koalition bedeuten wird.
Für die Arbeiter*innenklasse Argentiniens beginnen unsichere Zeiten. Der Aufbau einer sozialistischen Alternative in Argentinien ist von entscheidender Bedeutung, um sich gegen den kapitalistischen Kurs zu stellen, der nur den Reichen zugute kommt, während die Arbeiter*innen immer ärmer werden.
Wilders‘ Taktik – Teile und herrsche
Der Wahlsieg von Geert Wilders PVV in den Niederlanden wird oft als eindeutiger Rechtsruck in der Gesamtgesellschaft interpretiert. Doch die Lage ist etwas komplizierter. Wilders Sieg ist eher ein Ergebnis einer Unzufriedenheit mit der traditionellen Politik, dem Fehlen einer linken Alternative und einer geschickten Wahlkampftaktik, , um die Anti-Establishment-Stimmen einzuheimsen. Wilders hat soziale Anliegen mit Migrationsfragen verknüpft und so erfolgreich verschiedene Teile der Arbeiter*innenklasse gegeneinander ausgespielt.
Ähnlich wie in Deutschland gibt es seit den frühen 1990er Jahren keine Massenpartei der Arbeiter*innenklasse in den Niederlanden mehr, die Wahlen werden zwischen bürgerlichen Parteien ausgefochten, die unterschiedlich mit Krisen und Sozialausgaben umgehen.
Trotz der Wahlniederlage kommt die Arbeiter*innenbewegung der Niederlanden gerade voran, vor allem im Kampf um bessere Löhne. Die Bewegung sollte die Unterdrückung der migrantischen Schichten der Arbeiter*innenklasse berücksichtigen, um eine möglichst breite Basis für den Kampf gegen die soziale Abwärtsspirale, gegen Rassismus und rechte Kräfte zu schaffen.
Weltweit – One Struggle, One Fight
Die rechten Wahlsiege in den Niederlanden und Argentinien sind keine Ausnahmefälle, sondern ein internationales Phänomen. Auch in Deutschland signalisieren die Umfragewerte, dass die AfD bei der kommenden Europawahl und den Landtagswahlen in den ostdeutschen Bundesländern zulegen kann. Das von der wiedergewählten CSU-FW-Landesregierung verkündete Genderverbot ist ein weiteres Anzeichen. Weltweit befinden wir uns in einer Phase, die von der großen Kampfbereitschaft einerseits und dem niedrigen Organisationsgrad der Arbeiter*innenklasse andererseits geprägt ist. Die Linke und die Gewerkschaften müssen dieser Kampfbereitschaft eine Stimme geben, um den Bruch mit dem Kapitalismus möglich zu machen.