Seit den großen Kundgebungen gegen die AfD fragen sich viele, wie es weitergehen soll. Es ist klar, dass Demonstrationen nicht ausreichen und ein organisiertes und politisches Vorgehen gegen Rassismus und Faschismus nötig ist. Ein vorwärts weisender Vorschlag kommt vom Bündnis „Köln stellt sich quer “ (KSSQ), das am 21. Januar eine Demonstration mit mit 70.000 Teilnehmenden organisiert hatten und dort zu einem 15minütigen Generalstreik am internationalen Tag gegen Rassismus auf am 21. März aufrief.
Von Angela Bankert, Köln
Im Aufruf heißt es u.a.: “Wir wollen, dass an Arbeits- und Ausbildungsplätzen eine Viertelstunde über Rassismus und die menschenverachtende Deportationspläne der AfD diskutiert wird, dass überlegt wird, wie gemeinsames Eintreten für Menschenrechte und Menschenwürde tatsächlich aussehen kann – gegen Rassismus, Antisemitismus, Nationalismus, Homophobie und Transfeindlichkeit.”
Im Bündnis „Köln stellt sich quer“ arbeiten Vertreter*innen verschiedener Parteien und Organisationen zusammen, unter anderem SPD, Grüne, Linke, Kirchen, und auch der Kölner Gewerkschaftsbund DGB, dessen Vorsitzender Witich Roßmann diesen Aufruf explizit unterstützt und erklärt, man werde “den Aktionsvorschlag jetzt in alle Gruppen einbringen”. Aus den Reihen der Kölner Gewerkschaften “gibt es schon sehr positive Resonanz darauf. Mitmachen kann jeder, von der Schülervertretung bis zu den Arbeitern in der Ford-Produktionshalle“, so Witich Roßmann.“ (Kölnische Rundschau 22.1.24). Die Kampagne #15vor12 verdient bundesweite Verbreitung und Ausweitung durch gewerkschaftlich Aktive und Antifaschist*innen.
Mit Tarifrunden verbinden
Wichtig ist, dass die Einzelgewerkschaften mitziehen. Besonders jene, die gerade in Tarifkämpfen unterwegs sind, könnten den 21. März für Streiks nutzen, z.B. ver.di in der Tarifrunde Nahverkehr. Würde ver.di, gemeinsam mit den Aktiven von Fridays. GDL und EVG, am 21. März den Nah- und Fernverkehr für 15 Minuten lahm legen, wäre das ein mächtiges Zeichen. Die Bildungsgewerkschaft GEW kann ihre Lehrkräfte auffordern, das Thema an dem Tag im Unterricht zu behandeln und am 21. März Veranstaltungen und Aktionen an Schulen zu organisieren. Parallel dazu sollte eine Vernetzung an Schulen und Uni erfolgen, um längere Streiks gegen Rassismus vorzubereiten. In mehreren Städten entstehen gerade neue antifaschistische Stadtteilgruppen, die Schüler*innen dabei unterstützen können.
Ein 15-minütiger politischer Streik würde deutlich machen, wer das Land am Laufen hält und wer es still stehen lassen kann, sollte die AfD auch nur einen Zipfel staatlicher Macht ergattern. Als reaktionäre Generäle 1920 die Regierung stürzten und eine Diktatur errichten wollten (sog. „Kapp-Putsch“), rief der ADGB zum Generalstreik auf, und der Putschversuch war binnen weniger Tage erledigt.
Als 13 Jahre später Hitler am 30. Januar 1933 zum Reichskanzler ernannt wurde, strömten viele Arbeiter*:innen zu den Gewerkschaftshäusern und warteten auf den Aufruf zum Generalstreik, der nicht kam. Nur durch dieses schreckliche Versagen der Gewerkschaften konnte es passieren, dass in Deutschland – im Gegensatz zu Spanien und Italien – der Faschismus an die Macht kam, ohne dass auch nur eine Fensterscheibe zu Bruch ging. Das darf nicht noch einmal geschehen. Bereiten wir uns ernsthaft vor. Die Faschist*innen machen längst ernst.
Durch einen Mini-Streik von einer Viertelstunde wird allerdings noch kein wirtschaftlicher Druck aufgebaut. Die bisherigen Auftritte von DGB-Vertreter*innen auf Kundgebungen und gemeinsame Erklärungen mit Konzernchefs (z.B. in Hamburg) lassen befürchten, dass eine Arbeitsniederlegung einvernehmlich mit den Arbeitgeber*innen organisiert werden könnte. Das würde die Aktion schwächen, es wäre keine unabhängige gewerkschaftliche Aktion. Noch sind die meisten Kapitalist*innen gegen die AfD, doch für Teile des Kapitals wird der Rechtspopulismus zu einer Option. Die Beschäftigten können sich nur auf sich selbst verlassen.
Aktive Gewerkschafter*innen sollten die Initiative von KSSQ nutzen, um jetzt mit der Vernetzung zu beginnen und Aktionen vorzubereiten, die über eine Viertelstunde hinausgehen und wirklichen Druck entfalten.