Heute ist der sogenannte Gender Care Gap Day. Er soll auf die unterschiedliche Zeitverwendung von Männern und Frauen für unbezahlte Sorgearbeit, auch Care-Arbeit genannt, aufmerksam machen. Unbezahlte Sorgearbeit sind alle unbezahlten Dienstleistungen, die innerhalb eines Haushalts für dessen Mitglieder oder für pflegebedürftige Personen außerhalb des Haushaltes erbracht werden: Einkaufen, Haushalt, Kindererziehung und Betreuung, Pflege usw.
In Deutschland leisten Frauen im Durchschnitt etwa eineinhalbmal so viel unbezahlte Sorgearbeit wie Männer. Es ist davon auszugehen, dass sich der Gender Care Gap auf alle Geschlechter die vom Patriarchat unterdrückt werden auswirkt, die Datenlage ist dazu jedoch sehr schlecht.
Auch wenn Frauen – egal wie alt und ob sie einer Lohnarbeit nachgehen oder nicht – deutlich mehr unbezahlte Care-Arbeit leisten als Männer, ist Kinder bekommen weiterhin das größte „Risiko“ um den Gender Care Cap in die Höhe schnellen zu lassen. In der Altersgruppe der 34-Jährigen leisten Frauen durchschnittlich fast neun Stunden pro Tag unbezahlte Care Arbeit während es bei Männern nur etwa drei Stunden sind.
Es gibt Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland. Männer in Ostdeutschland leisten über den gesamten Lebensverlauf mehr unbezahlte Care Arbeit als Männer in Westdeutschland und Frauen in Ostdeutschland verrichten weniger unbezahlte Care Arbeit. Gründe dafür sind die weiterhin nachwirkende höhere soziale Akzeptanz von Erwerbstätigkeit von Müttern mit Kleinkindern und die insgesamt höhere Verfügbarkeit von Kinderbetreuungsplätzen.
Der Vergleich zeigt: Der Mythos, es sei eine natürliche weibliche Eigenschaft, sich um andere zu kümmern, ist sexistisch. Er entspringt dieser patriarchalen, kapitalistischen Gesellschaft.
Wie wir Care-Arbeit organisieren, hängt von den gesellschaftlichen Umständen ab. Im Kapitalismus werden Care-Berufe abgewertet und notwendige Haus- und Sorgearbeit in den Privathaushalt verschoben. Aus Sicht des kapitalistischen Staates und der Konzerne ist dies sinnvoll, um Kosten zu sparen bzw. Profite zu maximieren.
Für die AfD ist die „Vollzeit-Mutter“ Bestandteil ihrer reaktionären Ideologie. Die Ampelregierung spricht zwar von Gleichberechtigung, ihre Politik des jahrzehntelangen Kaputtsparens des Sozial-, Bildungs- und Gesundheitssystems bewirkt jedoch das Gegenteil.
Ohne qualitativ hochwertige öffentliche Betreuungs-, Pflege- und Bildungseinrichtungen können traditionelle Rollenbilder und die sexistische Arbeitsteilung nicht überwunden werden.
Deswegen brauchen wir massive Investitionen in ein gutes und kostenloses, öffentliches Gesundheits- und Bildungswesen für alle – von der Krippe, über Ausbildung und Uni bis ins hohe Alter. Wir brauchen eine umfassende soziale Infrastruktur in den Stadtteilen: mit kostengünstigen Mittagstischen, Wäschereien, wohnortnahen kostenlosen Erholungsgebieten und Treffpunkten für alle Generationen, ausreichend Wohnraum mit Gemeinschaftsflächen und vieles mehr.
Der Kampf für die Vergesellschaftung der Care-Arbeit muss mit dem Kampf gegen sexistische Rollenbilder und Arbeitsteilung verbunden werden.
Geld ist genug da: In Deutschland besitzen die reichsten zehn Prozent mehr als die Hälfte des Gesamtvermögens. Allein die zehn reichsten Deutschen kommen aktuell auf ein Vermögen von mehr als 200 Milliarden Dollar.