Wir haben einen großartigen Genossen, entschlossenen Sozialisten und fürsorglichen Freund verloren. Über 20 Jahre lang war Fernando in der SAV Hamburg aktiv und lange Zeit auf fast jeder Demo präsent.
Fernando Paulo Bonifacio Vilas wurde 1961 in Lissabon geboren. Sein Vater war Kommunist und floh vor dem faschistischen portugiesischen Regime nach Deutschland. Mit acht Jahren kam auch Fernando nach Hamburg, wo er fortan sein ganzes Leben verbrachte. Nach der Schule arbeitete er bei Blohm+Voß in der Schiffsreparatur, später als Waggonreiniger bei der Bahn.
Geprägt von seinem linken Elternhaus entschied er sich, für die sozialistische Demokratie zu kämpfen und wurde bei der Sozialistischen Arbeitergruppe (SAG, später Linksruck) aktiv. Anfang der 2000er-Jahre kam er zur SAV und war seitdem auf jeder Demo, an jedem Infotisch, bei jeder Streikintervention dabei. Bei Diskussionen in der Ortsgruppe brachte er oft Beispiele und berichtete von zum Thema passenden Erfahrungen aus seinem Leben oder seinem Umfeld – bei manchen bleibt unklar, ob es reale Erlebnisse oder passende Gleichnisse waren. Neue Leute, die zu Treffen kamen, rief Fernando stets auf, sich bei uns zu organisieren. Bei Sozialismustagen und SAV-Bundeskongressen nahm er aktiv teil, viele Genoss*innen lernten ihn dort kennen. Ein Highlight war für den überzeugten Internationalisten Fernando die Teilnahme an der internationalen Sommerschulung des damaligen CWI. Er interessierte sich sehr für die Situation in anderen Ländern und nutzte jede Gelegenheit, mit internationalen Genoss*innen zu diskutieren.
Mit ihm zu demonstrieren, konnte eine beeindruckende Erfahrung sein. Er brauchte kein Megafon – sein „Nazis Raus!“ hörten marschierende Faschist*innen sicher kilometerweit. Trotz zunehmender gesundheitlicher Einschränkungen brachte er sich ein, soweit es ging – manchmal bis an die Grenze seiner Möglichkeiten. Bei seinen Genoss*innen achtete er mehr als bei sich selbst darauf, dass sie sich nicht überlasten.
Nach seiner Entlassung bei der Bahn arbeitete Fernando in einer Werkstatt für behinderte Menschen. Empört über die geringen Löhne und darüber, dass die Gewerkschaften die behinderten Beschäftigten nicht organisieren, forderte er uns auf, eine Kampagne gegen diese Zustände zu starten. Leider hatten wir dafür nicht die Ressourcen und wenig konkrete Anknüpfungspunkte.
Der Witz, das Lachen und die positive Energie dieses Kämpfers, dessen eigene Biographie es ihm nicht leicht gemacht hat, waren ansteckend. Fernandos energischer Kampf gegen jede Ungerechtigkeit und für Sozialismus, konnte manchmal in Vorschlägen münden, die den Rahmen des realistisch möglichen sprengten. Seine Forderungen waren dabei aber immer vorwärts weisend und von dem getrieben, was eigentlich nötig wäre.
Neben dem Kampf für den Sozialismus war Fernandos zweite große Leidenschaft der FC St. Pauli. Man sah ihn selten ohne St. Pauli-Mütze auf dem Kopf, bei fast jedem Heimspiel war er am Millerntor dabei. Fernando sang und schrie für den magischen FC, brachte dabei manchmal konstruktive Kritik, verzieh den Spielern aber auch die dümmsten Niederlagen sofort nach Abpfiff. Seine Hoffnung, noch mal an einer Aufstiegsfeier teilzunehmen, geht leider nicht mehr in Erfüllung.
2022 verschlechterte sich Fernandos Gesundheitszustand, nach langen Krankenhausaufenthalten konnte er kaum noch gehen. Mit dem Rollstuhl wollte er sich nicht abfinden und trainierte bis zuletzt, um wieder besser laufen zu können. Durch die Mobilitätseinschränkung und weil er an die Zeitplanung seines Pflegedienstes gebunden war, konnte er nicht mehr an Treffen und Aktionen teilnehmen. Er blieb aber mit Genoss*innen in Kontakt und ließ sich bei unseren Besuchen von den Entwicklungen in SAV und ISA berichten, über die Gründung einer neuen ISA-Sektion in Portugal freute er sich sehr.
Am 8. März 2024 ist Fernando überraschend gestorben. Wir trauern mit seiner Schwester Ana Paula und sind stolz, dass er unser Genosse war. Wer ihn kannte, wird ihn nicht vergessen.
Am Sonntag, 24.3. um 12:00 findet in Hamburg eine Trauerfeier für Fernando statt, der Ort kann per Mail an Hamburg@sozialismus.info erfragt werden.