Die Tarifrunden im Handel laufen in einigen Tarifgebieten schon seit April 2023. Seitdem kämpfen die Beschäftigten im Einzel- und Versandhandel für 2,50 Euro mehr Stundenlohn, im Groß- und Außenhandel für 13% bzw. 400 Euro mehr pro Monat, um ihre Löhne an die Inflation der Jahre 2022-23 anzupassen.
Von Jan Hagel, Hamburg
Die Arbeitgeber haben nicht einmal die Hälfte des Geforderten angeboten und weigern sich seit Ende letzten Jahres, über eine Lohnerhöhung für die fünf Millionen Beschäftigten im Einzel-, Versand-, Groß- und Außenhandel überhaupt zu verhandeln.Im Einzelhandel sind 90% der Kolleg*innen von Altersarmut bedroht. Viele arbeiten Teilzeit mit oft prekären Verträgen, was die Organisation von Streiks erschwert. Auch deshalb kam es zu dieser beispiellos langen Tarifrunde, in der die Arbeitgeber versuchen, die Warnstreiks einfach auszusitzen.
Um die Arbeitgeber an den Verhandlungstisch zu zwingen, gibt es immer wieder Warnstreiks, zuletzt zu Ostern, am 8. März und im April. Der feministische Kampftag wurde nicht zufällig als Streiktag gewählt, zwei Drittel der Beschäftigten im Einzelhandel sind Frauen.
Tariflose Betriebe
In manchen Betrieben wie Douglas, Obi oder TK Maxx kämpfen die Beschäftigten darum, überhaupt erst in die Einzelhandels-Tarifverträge zu kommen. Zum Beispiel bei TK Maxx, wo sich zunehmend Kolleg*innen bei ver.di organisieren, Betriebsräte gründen und streiken. Schon in der Tarifrunde 2021 haben einzelne Filialen, etwa in Neuss, an Warnstreiks teilgenommen, mittlerweile werden Filialen in Hessen, NRW, Niedersachsen und Hamburg bestreikt. Bisher sind, wie auch bei vielen anderen Ketten, nur eine Minderheit der Filialen dabei und das Management kann durch den Einsatz von Beschäftigten von anderen Standorten als Streikbrecher*innen oft die Läden offen halten. Aber mit jeder weiteren Filiale, die sich den Streiks anschließt, wird das schwieriger. Gründe zum Streiken gibt es genug – der Stundenlohn bei dem US-Unternehmen liegt bei gerade mal 13-14 Euro.
Die Kolleg*innen im Handel, die sich trotz der schwierigen Bedingungen mit den scheinbar übermächtigen Konzernen anlegen und streiken, sind beeindruckende Vorbilder für die ganze Gewerkschaft. Gewerkschafter*innen aus anderen Branchen und Linke sollten sich überlegen, wie sie die Streikenden unterstützen können. Eine Möglichkeit sind Transparente oder Bodenzeitungen vor den bestreikten Läden, auf denen Passant*innen mit ihrer Unterschrift ihre Solidarität zeigen können. Bei TK Maxx in Hamburg-Altona sind so in kurzer Zeit hunderte Unterschriften zusammengekommen, zur großen Freude der Streikenden und der Unterstützer*innen.