Am 1. August 2024 gingen die Menschen in Nigeria auf die Straße, um gegen die hohen Lebenshaltungskosten zu protestieren, die eine Folge der korrupten kapitalistischen Politik der Regierung Tinubu sind. Trotz der Versuche der Regierung, die Massen mit Hilfe religiöser oder ethnischer Führer*innen, Sicherheitsdiensten, Schlägern und einer gerichtlichen Verfügung in letzter Minute einzuschüchtern, war der Protest in vielen Bundesstaaten bemerkenswert erfolgreich.
Statement von MSA (ISA Nigeria) vom 21. August 2024 (gekürzte Version)
Die Aktionen unter dem Motto #EndBadGovernanceInNigeria wurden von den jüngsten Protesten in Kenia inspiriert und zeigten, dass Jugendliche in ganz Nigeria entschlossen sind, positive Veränderungen durchzusetzen.
Seit dem Amtsantritt von Präsident Tinubu im Mai 2023 hat die neoliberale, kapitalistische Politik des Regimes – unter anderem eine 200prozentige Erhöhung der Benzinpreise und die Abwertung des Naira – die wirtschaftliche Not in Nigeria verschärft. Nigeria erlebt derzeit die schlimmste Inflation seit Jahrzehnten. Nach Angaben des National Bureau of Statistics liegt die Inflationsrate des Landes bei 34,19%.
Mutige Demonstrationen
Am ersten Tag der Proteste waren die meisten Büros und Stände in den Straßen geschlossen, die Marktplätze menschenleer. Trotz des brutalen und aggressiven Vorgehens der Polizei gegen die Demonstrierenden nutzten die Menschen den Protest, um ihre Frustration über die schweren wirtschaftlichen Probleme des Landes zum Ausdruck zu bringen. Zu den Forderungen der Demonstrierenden gehörten die Senkung der Treibstoffpreise auf das Niveau von vor Mai 2023, die Rücknahme der Erhöhung der Stromtarife, die Freilassung der während der #EndSARS-Proteste Verhafteten, faire Löhne für die abhängig Beschäftigten und funktionierende Raffinerien des Landes.
Die herrschenden Eliten haben die sozialen Bedürfnisse des Landes beharrlich vernachlässigt, was dazu geführt hat, dass einer ganzen Generation junger Menschen eine hochwertige Bildung und grundlegende Chancen vorenthalten werden. Besonders schlimm ist die Lage im Norden des Landes.
Als die Proteste in den folgenden Tagen an Popularität gewannen, begann das Tinubu-Regime, gegen unschuldige Demonstrierende vorzugehen, verhaftete viele und setzte scharfe Munition ein. Aktivist*innen wie Babatunde Oluajo, Michael Lenin und einige andere wurden über Nacht von den Sicherheitsbehörden festgenommen, um den Protest zu demoralisieren.
Kaum ein Jahr und zwei Monate im Amt hat das Tinubu-Regime zunehmend zu undemokratischen Maßnahmen gegriffen und Aktivist*innen verhaftet. Dieses rabiate Vorgehen wurde während der Vorbereitungen für die Proteste am 12. Juni deutlich, als die Regierung Juwon, einen der Hauptorganisator*innen, durch den Inlandsgeheimdienst DSS verhaften ließ und ihn tagelang ohne Anklage festhielt. Bei den jüngsten zehntägigen Protesten wurden mehr als hundert Personen verhaftet und viele von ihnen befinden sich weiterhin in Haft, ohne dass eine formelle Anklage erhoben wurde. Einer der besorgniserregendsten Vorfälle war das Eindringen der Polizei in die Zentrale des Nigeria Labour Congress (NLC) in Abuja in der Morgendämmerung. Ähnliche Razzien gab es im ganzen Land, mit bemerkenswerten Verhaftungen im Bundesstaat Ondo, wo der Kandidat für das Amt des Gouverneurs, Ajayi Wiseman, zusammen mit anderen Demonstrierenden festgenommen wurde.
Gewerkschaften müssen handeln
Die Regierung hat zwar einen neuen Mindestlohn beschlossen, doch ist es zweifelhaft, ob die Bundesstaaten das umsetzen. Der Nigerian Labour Congress (NLC) und der Trade Union Congress (TUC) müssen sich auf weitere Herausforderungen einstellen und gegen arbeiter*innenfeindliche Maßnahmen kämpfen. Die Abwertung und Preiserhöhungen werden die Erhöhung des Lohns von 70.000 Naira aufzehren.
Die Bewegung für eine sozialistische Alternative (MSA) verurteilt die Anwendung von Gewalt gegen friedliche Demonstrierende und ist solidarisch mit den von der Polizeibrutalität Betroffenen. Wir rufen die Führung der Arbeiter*innen auf, den Protest zu unterstützen und sicherzustellen, dass das Wohlergehen der Arbeiter*innen geschützt wird. Alle Nigerianer*innen müssen sich im Kampf gegen schlechte Regierungspolitik und wirtschaftliche Not zusammenschließen. Der Kampf für ein besseres Nigeria ist noch lange nicht vorbei, und Einigkeit ist unerlässlich, um Gerechtigkeit und bessere Lebensbedingungen für alle zu erreichen.