Sozialist*innen aus Israel gegen Krieg und Besatzung – Schluss mit dem katastrophalen Blutbad!

Von Uri Bar-Shalom Agmon und Yasha Marmer, Sozialistischer Kampf (ISA in Israel/Palästina). Ursprünglich veröffentlicht in Hebräisch, 28.09.2024.

Die massiven Bombenangriffe in Beirut und die Ermordung des Generalsekretärs der Hisbollah, Hassan Nasrallah, markieren einen neuen Höhepunkt auf dem Weg zu einem umfassenden Krieg gegen den Libanon. Israels “Kabinett des Todes” hat Netanjahu und Gallant autorisiert, eine Bodeninvasion zu starten. Eine Mobilisierung gegen diesen Krieg ist erforderlich, um weitere Katastrophen historischen Ausmaßes zu verhindern.

Die historische blutige Krise, die vor fast einem Jahr begann, tritt nun in eine neue Phase ein. Wir sind näher als je zuvor an einem regionalen Krieg. Der Angriff auf das Hauptquartier der Hisbollah in Dahieh in Beirut – bei dem Berichten zufolge mindestens sechs Wohngebäude zerstört wurden und es zu einem schrecklichen Massaker mit Hunderten von Toten kam – war der vorläufige Höhepunkt der Strategie von “shock and awe” (“Schrecken und Entsetzen”), den das israelische Regime vor etwa zehn Tagen auf libanesischem Boden begann, um das Kräfteverhältnis im gesamten Nahen Osten gegen das iranische Regime und seine Verbündeten zu wenden.

Die umfassende Kampagne staatlichen Terrors, die in den letzten Tagen die Tötung von mehr als 700 Menschen im Libanon und die Bombardierung von Wohngebäuden in Beirut zur Folge hatte, bringt Millionen Menschen im Libanon in die Schusslinie. Die Rückkehr der Menschen im Norden Israels in ihre Häuser wird dadurch nicht gefördert. Stattdessen geraten weitere Millionen Menschen auf der israelischen Seite der Grenze in das Schussfeld der Hisbollah, auch die Angriffe von Milizen aus dem Irak und dem Jemen nehmen zu.

“Dies ist ein totaler Krieg. Was Israel in den letzten zwei Wochen und gestern getan hat, reicht aus, um jede Art von Einigung zu verhindern. Der Libanon und die gesamte Region sind in eine neue Phase des Konflikts eingetreten, die zu einer Veränderung des Gesichts der Region führen wird.”, so die libanesische Zeitung Al-Akhbar, die als der Hisbollah nahestehend gilt.

“Neue Ordnung”

Ziel des Angriffs in Beirut am Freitagabend, bei dem mehrere Wohngebäude samt den Bewohner*innen dem Erdboden gleichgemacht und mehr als 80 Bomben mit einem durchschnittlichen Gewicht von einer Tonne eingesetzt wurden, war die Ermordung von Hassan Nasrallah – dem militärischen und politischen Anführer der Hisbollah und de facto der pro-iranischen “Achse des Widerstands” in der Region. Nasrallah war sowohl das öffentliche Gesicht als auch der Stratege der “Achse”, und die Folgen seiner Ermordung werden sich von den provokativen Mordanschlägen auf Fuad Shukr (Haj Mohsein) und Ismail Haniyeh Ende Juli unterscheiden.

Der Angriff in Dahieh zielt darauf ab, die Hisbollah-Miliz als stärkstes Glied in der Kette der Milizen der “Achse des Widerstands”, entscheidend zu schwächen, um die gesamte Achse zu vernichten. Dies kann nicht ohne einen ausgedehnten regionalen Konflikt gelingen, der langwierig und zerstörerisch ist. Symbolträchtig hat das israelische Militär beschlossen, den Mordanschlag auf Nasrallah “Neue Ordnung” zu nennen.

Die Ermordung von Abbas al-Musaw, dem ehemaligen Generalsekretär der Hisbollah, im Jahr 1992 und von Imad Mughniyeh, dem ehemaligen Leiter des militärischen Flügels der Organisation, im Jahr 2008 hat die Hisbollah und die “Achse des Widerstands” nicht daran gehindert, sich im Laufe der Jahre militärisch weiter zu stärken. Ebenso wird die Ermordung von Nasrallah allein die Region nicht nach den Wünschen von Netanyahu, Gallant und den Generälen der israelischen Armee gestalten.

Vor der Ermordung, in der Nacht zum Donnerstag, autorisierte das Todeskabinett Netanyahu und Gallant, eine Bodeninvasion des Libanon zu genehmigen. Das bedeutet, dass sie die Einleitung eines solchen Bodenangriffs jederzeit legal anordnen können [Anmerkung der Redaktion: In der Nacht zum 1.10. hat Israel bereits begonnen mit Bodentruppen in den Süden Libanons einzudringen]. Ein hochrangiger israelischer Beamter wurde in der New York Times mit den Worten zitiert, dass Israel im Falle einer erfolgreichen Ermordung der Hisbollah-Führung “einen Bodeneinmarsch in den Libanon vermeiden kann”. Das Gegenteil ist jedoch der Fall. Die Hisbollah-Miliz durch die Ermordung ihrer Kommandeure aus dem Gleichgewicht zu bringen, vereitelt jeden Versuch, eine Einigung zu erzielen, und zwingt die Hisbollah dazu, ihre Schussweite zu vergrößern und den Krieg an der Grenze nach der Logik der Regierung und der Armeechefs in Israel zu einer Bodeninvasion zu intensivieren.

Zwei Reservebrigaden wurden rekrutiert und an die Nordgrenze geschickt, zusammen mit weiteren Bataillonen. Es besteht die unmittelbare Gefahr, dass die Regierung ihre Pläne für eine Bodeninvasion auch in grenznahen Gebieten und später auch tief im Inneren des Libanon umsetzt. Eine weitere Gefahr ist die Umsetzung der „Dahieh-Doktrin“ im gesamten Libanon – das heißt, massive Bombenangriffe aus der Luft und die Zerstörung von Hochhäusern mitsamt ihrer Bewohner*innen in Städten und Gemeinden im gesamten Libanon, wodurch Tausende getötet werden könnten. Diese Szenarien bergen auch die Gefahr einer dramatischen Ausweitung des Krieges auf Syrien, den Irak, den Jemen und möglicherweise auch auf den Iran in den kommenden Monaten.

In den Tagen vor der Ermordung von Nasrallah versuchten Vertreter des US-amerikanischen und französischen Imperialismus aus Angst vor regionalen und globalen Umwälzungen, die auch ihren Interessen schaden würden, den militärischen Amoklauf (den sie weiterhin bewaffnen und finanzieren) der Regierung Netanjahu und der Militärchefs durch eine dreiwöchige Waffenruhe für Verhandlungen zwischen Israel und der Hisbollah einzudämmen. Die Regierung von Netanyahu und die Rechtsextremen lehnten das Angebot ab und machten deutlich, dass sie entschlossen seien, mit voller Wucht weiterzumachen. Kriegsminister Gallant meinte am 27. September zum Krieg gegen den Libanon: “Wir haben lange auf diese Gelegenheit gewartet, ich persönlich auch, nicht nur im letzten Jahr, sondern seit vielen Jahren.”

Der bisherige Höhepunkt des blutigen Angriffs auf den Libanon ereignete sich am 23. September, als 558 Menschen, darunter 50 Kinder, bei dem Massaker starben, das der bewaffnete Arm des israelischen Kapitalismus im gesamten Libanon anrichtete. Bei einigen der Bombenanschläge wurden ganze Familien ausgelöscht. Über tausend Menschen wurden verletzt. Es war der blutigste Tag im Libanon seit mindestens 40 Jahren, seit dem Massaker von Sabra und Schatila. Dies ist ein Akt des Staatsterrorismus. Er zielt darauf ab, das Ansehen des israelischen Regimes wiederherzustellen und das Bewusstsein zu „verbrennen“, vor dem Hintergrund einer strategischen Krise, in der sich die Regierung zwei Wochen vor dem Jahrestag des 7. Oktober befindet.

Das libanesische Gesundheitsministerium schätzt, dass seit dem 8. Oktober mindestens 1640 Menschen im Libanon getötet wurden, darunter 104 Kinder und 194 Frauen, die meisten davon bei israelischen Angriffen in den letzten zwei Wochen. Diese schreckliche Zahl an Todesopfern ist zu diesem Zeitpunkt bereits höher als während des gesamten Libanonkrieges 2006, als etwa 1400 Einwohner getötet wurden.

In den letzten Tagen wurden Hunderttausende im Libanon unter Androhung von Bombenangriffen aus ihren Häusern vertrieben und waren stundenlang in riesigen Verkehrsstaus gefangen, manchmal ohne Nahrung oder Wasser. Sie schlossen sich den hunderttausend Bewohnern aus dem Südlibanon an, die seit Oktober 2023 vertrieben wurden, noch vor der aktuellen Phase. Es gibt keine Unterkünfte, in denen alle untergebracht werden können. Schulen und Unis im ganzen Land sind zu Zentren für die Aufnahme von Vertriebenen geworden, aber viele von ihnen sind bereits voll ausgelastet.

“Die Bewohner des Nordens sicher in ihre Häuser zurückbringen”?

Nach fast einem Jahr Vernichtungskrieg in Gaza mit über 41.000 Toten bei dem historischen Massaker hat die israelische Regierung keines ihrer erklärten Kriegsziele erreicht. Das Geiseldrama ist nicht gelöst, und die Hamas-Bewegung ist nicht nur nicht verschwunden, ihre Kämpfer*innen operieren auch weiterhin selbst in Gebieten, die die israelischen Besatzungstruppen bereits für bestimmte Zeiträume übernommen haben. Die Regierung war nicht in der Lage, der Hamas-Führung mit militärischen Mitteln Kapitulationsbedingungen aufzuerlegen, und es ist nicht abzusehen, wann das Blutbad ein Ende haben wird.

Unmittelbar nach dem 7. Oktober nutzten alle etablierten politischen Parteien den Schock, der die israelische Gesellschaft erfasst hatte, um nationalistische Reaktionen zu schüren und in der israelischen Öffentlichkeit Unterstützung für den genozidalen Angriff auf Gaza zu mobilisieren. Die Stimmen der Kriegsgegner*innen wurden zum Schweigen gebracht, auch mit Gewalt. Doch als der Schock nachließ und sich herausstellte, dass die Kriegsziele der Regierung mit militärischen Mitteln nicht zu erreichen waren, nahmen Zweifel und Kritik in weiten Teilen der israelischen Gesellschaft zu.

Vor diesem Hintergrund gewann die Forderung nach einem Ende des Krieges in Gaza als Teil eines Abkommens zum Austausch, das die Entführten, die noch am Leben waren, zurückbringen würde, an Zustimmung in der israelischen Öffentlichkeit. Sogar der sogenannte “Oppositionsführer” Yair Lapid, der den Stimmungswandel erkannte und mit Netanjahu in der Art und Weise, wie der Vernichtungskrieg geführt wurde, nicht einverstanden war, forderte ein Ende des Krieges in Gaza und griff Netanjahu an, weil er einen “ewigen Krieg” wolle.

Aktuell gelingt es der Regierung, in der israelischen Öffentlichkeit relativ breite Unterstützung für einen umfassenden Krieg gegen den Libanon zu mobilisieren, hauptsächlich durch die Demagogie, das würde zu mehr Sicherheit führen und das Versprechen, dass ein solcher blutiger Krieg die Krise der Zehntausenden von Evakuierten aus den Städten im Norden lösen und ihnen eine sichere Rückkehr in ihre Heimat ermöglichen würde. Diejenigen, die der blutigen Regierung dabei helfen, sind die Köpfe der “Opposition” im israelischen Parlament: Yair Lapid, Gidon Sa’ar, Avigdor Lieberman und auch Yair Golan, die mit den rechtsextremen Ministern Smotrich und Ben Gvir um die Besetzung des Südlibanons konkurrieren und versuchen, Netanjahu von rechts zu überflügeln.

Ein totaler Krieg im Libanon bedroht nicht nur die Sicherheit, das Leben und das Wohlergehen der Massen im Libanon und in der Region, sondern auch Millionen in Israel. Als Reaktion auf das weit verbreitete Massaker im Libanon hat die Hisbollah tatsächlich die Reichweite des Beschusses erhöht, inklusive einer Rakete auf Tel Aviv. Ihre Raketen haben zu Verletzten geführt, darunter arabisch-palästinensische Bauarbeiter*innen im Gebiet von Nahariya und einen Arbeiter, der in Tiberias getroffen wurde.

Doch zum jetzigen Zeitpunkt handelt es sich um eine begrenzte und zurückhaltende Reaktion. Trotz der Atmosphäre selbstgefälliger nationalistischer Euphorie in den israelischen Nachrichtenstudios und in den Videos von Netanjahu und den Generälen, geben Beamte der Armee und der Regierung zu, dass “wir noch nichts gesehen haben”. Eine „hochrangige politische Persönlichkeit“ in Israel, die von N12 am Donnerstag interviewt wurde, sagte: “Die Öffentlichkeit in Israel sollte wissen, dass wir nicht einmal ein Achtel der Fähigkeiten der Hisbollah gesehen haben, die sich aus irgendeinem Grund derzeit zurückhält. Aber wenn wir einen totalen Krieg erreichen, wird das einen hohen Preis haben. Der Haltepunkt wird eine [Waffenstillstands-]Vereinbarung sein, da Israel nicht die Absicht hat, die Hisbollah zu zerstören oder aufzulösen oder den libanesischen Staat zu zerschlagen.”

Die Drohnen, die vom Irak aus gestartet werden und von denen einige auch im Hafen von Eilat ankamen, und die ballistischen Raketen, die vom Jemen aus in Richtung des Gebiets von Tel Aviv abgefeuert wurden, werden Teil der neuen Realität: ein de facto regionaler Krieg von geringer Intensität mit Angriffen und Gegenangriffen nicht nur im Libanon, sondern auch in Syrien, im Irak, im Jemen und möglicherweise im Iran.

Der vom israelischen Todeskabinett gestartete Militärangriff auf den Libanon wird die Sicherheit der Bewohner*innen von Galiläa, des Nordens oder der Bewohner Israels im Allgemeinen nicht fördern, im Gegenteil, es wird erwartet, dass er neue Katastrophen mit sich bringt. Weitere Städte im Norden schließen sich bereits der täglichen Alarm-Routine an. Das Leben in Haifa und vielleicht bald auch in der Gegend von Tel Aviv wird anders aussehen. Niemand garantiert, dass es nicht noch viele Monate so weitergehen wird. Eine dramatischere Eskalation könnte auch Dutzende und Hunderte von Toten in Israel mit sich bringen.

Dies ist kein Krieg zum Schutz der Öffentlichkeit und zur Rückkehr der Bewohner*innen in ihre Häuser, sondern ein Krieg zur Neuordnung der nationalen Unterwerfung und Unterdrückung der Palästinenser und zur Wahrung der Hegemonie des israelischen Regimes und des US-Imperialismus im Nahen Osten gegen den Iran und seine Verbündeten. Dies sind die wahren Ziele des israelischen Regimes bei diesem blutigen Angriff. Für diese Ziele ist die Regierung Netanjahu bereit, die verbleibenden israelischen Entführten zu opfern, das Leben von Zehntausenden in Israel und der Region zu gefährden und Millionen in eine Katastrophe zu stürzen.

Auf dem Weg zu einem Krieg zwischen Israel und dem Iran?

Der iranische Oberste Führer Chamenei und auch Präsident Pezeshkian aus dem Reformlager signalisierten zumindest bis zur Ermordung Nasrallahs, dass der Iran derzeit nicht daran interessiert ist, sich an einem umfassenden Krieg zu beteiligen. Der iranische Vergeltungsschlag im April nach der Ermordung iranischer Generäle im iranischen Konsulatskomplex in Damaskus zeigte jedoch, dass das iranische Regime bereit ist, eine rote Linie zu ziehen und militärisch zu reagieren, wenn seine unmittelbaren Interessen bedroht sind. Nach dem Bombenanschlag in Beirut am Freitagabend berief Chamenei eine Dringlichkeitssitzung des Obersten Nationalrats im Iran ein.

In seiner Rede vor den Vereinten Nationen drohte Netanjahu dem Regime in Teheran zum Zeitpunkt des Attentats und des Bombenanschlags auf die Wohngebäude in Beirut: “Wenn Sie uns angreifen, werden wir Sie angreifen. Es gibt keinen Ort, den der lange Arm Israels nicht erreichen wird.” Die Arroganz der Regierung Netanjahu könnte sie dazu verleiten, nach der von ihr initiierten dramatischen Eskalation einen “Präventivschlag” gegen den Iran zu starten und insbesondere die Gelegenheit zu nutzen, die Nuklearanlagen des Landes anzugreifen.

Israels Kriegsminister Gallant telefonierte während des Angriffs auf Dahieh und der Ermordung von Nasrallah mit dem US-Verteidigungsminister Lloyd Austin, der seinerseits behauptet, dass “die Vereinigten Staaten nicht in die Operation Israels involviert waren. Wir wurden nicht vorgewarnt.” Es scheint, dass Gallant, Netanyahu und die Armeechefs derzeit davon ausgehen, dass Washington jede von ihnen eingeleitete Aktion nachträglich unterstützen muss – so provokativ und blutig sie auch sein mag.

Washington ist zwar nicht daran interessiert, in einen direkten Krieg mit dem Iran zu ziehen, aber wenn die Regierung Netanjahu und die extreme Rechte das iranische Regime in eine militärische Intervention hineinziehen, könnten die USA in den Feldzug hineingezogen werden, um ihr Ansehen und ihre Interessen in der Region zu schützen.

Der Konflikt im Nahen Osten wirkt sich auf den zwischenimperialistischen Konflikt zwischen dem Lager des US- und dem Lager des russischen und chinesischen Imperialismus aus und beeinflusst ihn. Die Biden-Regierung rüstet und finanziert nicht nur weiterhin die israelische Kriegsmaschinerie mit Milliarden von Dollar, sondern hat in den letzten Monaten auch direkt militärisch interveniert, mit Militärangriffen im Jemen, im Irak und in Syrien und mit der Drohung, die Hisbollah oder den Iran ebenfalls anzugreifen, in einem Szenario eines totalen Krieges.

Die russischen und chinesischen Diplomaten verurteilten Israel scharf, aber in absehbarer Zukunft haben Russland und China nicht die Absicht, direkt einzugreifen, wie es die USA tun. Allerdings deuten jüngste Berichte darauf hin, dass Russland über den Iran Gespräche mit der Ansar-Allah-Miliz der Huthis im Jemen führt, um ihnen als Vergeltung für die Waffenlieferungen der USA und der westlichen Mächte an die Ukraine möglicherweise technologisch hochwertige Waffen zu liefern.

Es ist ein Kampf nötig, um das Inferno zu stoppen

Es ist dringend notwendig, Demonstrationen und sogar Streiks in der gesamten Region und weltweit zu organisieren, um das israelische Regime zu einem Waffenstillstand zu zwingen. Das Eingreifen der Massen im Nahen Osten und auch in den imperialistischen Ländern, die die israelische Kriegsmaschinerie bewaffnen und finanzieren, kann den Lauf der Ereignisse beeinflussen und möglicherweise sogar das Zünglein an der Waage gegen einen regionalen Krieg sein.

Am 27. September veranstalteten eine Reihe von Gewerkschaften im spanischen Staat einen 24-stündigen Proteststreik gegen den Vernichtungskrieg in Gaza. Eine internationale Initiative von solidarischen Aktivist*innen hat bisher etwa 116.000 “Zusagen” für die Teilnahme an einem Streik- und Protesttag gegen das Blutbad in Gaza und im Libanon am 1. Oktober gesammelt, aber derzeit sieht es nicht so aus, als hätten sich Gewerkschaften oder andere große Organisationen dem Aufruf angeschlossen.

Am 1. Oktober wird ein Proteststreik erwartet, der von Organisationen der arabischen Israelis initiiert wurde. Er findet am Jahrestag der Ereignisse vom Oktober 2000 und zum Gedenken an die Demonstrierenden statt, die damals während der Demonstrationen erschossen wurden. Der Streik wurde vor dem blutigen Angriff auf den Libanon angekündigt. Gefordert werden ein Ende des Vernichtungskrieges in Gaza, der Angriffe auf die Palästinenser*innen im Westjordanland, der Zerstörung von Häusern und der Misshandlung palästinensischer Gefangener. Thema sind auch die vermehrten Morde durch kriminelle Banden in arabischen Wohngebieten in Israel, die durch die rassistische Polizei und die sozialen Verhältnisse begünstigt werden.

Erst nach vielen Monaten sahen sich die Organisationen gezwungen, den Streik anzukündigen. Sie haben bisher jedoch keine öffentliche Kampagne zur Mobilisierung für einen starken, aktiven und effektiven Streik durchgeführt und sich nicht auf die mögliche Repression vorbereitet.

Angesichts der neuen und gefährlichen Phase des Krieges ist es notwendig, den Streik zum Ausgangspunkt für eine neue Phase im Kampf gegen die blutige Regierung zu machen. Diese Phase sollte Versammlungen (auch virtuelle) umfassen, um die nächsten Schritte des Kampfes in jedem Arbeitsplatz, jeder Bildungseinrichtung, jedem Viertel oder jeder Ortschaft zu besprechen und zu planen, wo dies möglich und sicher ist.

Zu solchen Maßnahmen könnte der Aufbau eines anhaltenden Streiks in den arabisch-palästinensischen Gemeinden gehören, aber auch länderübergreifende Proteste, die fordern, den Krieg gegen den Libanon zu beenden, dem Blutbad in Gaza ein Ende zu setzen, “Alle gegen Alle” auszutauschen (israelische Geiseln aus Gaza gegen in israelischen Gefängnissen sitzende Palästinenser*innen) und für ein besseres Leben für alle zu kämpfen.

Das zentrale Büro der Familien der Entführten beeilte sich, die wichtige Demonstration in Tel Aviv nach dem Beginn des Krieges gegen den Libanon abzusagen, ohne dass die Behörden Einschränkungen für Versammlungen verhängt hätten. Doch einige der Familien der Entführten riefen dazu auf, am Samstagabend zu demonstrieren und den Kampf nicht einzustellen. Viele der Teilnehmer*innen der “Deal Now”-Demonstrationen machen sich Illusionen über den Krieg im Libanon und unterstützen ihn sogar. Doch die Realität ist, dass diejenigen, die einen Waffenstillstand im Libanon sabotiert haben und diejenigen, die sie seitens der “Opposition” dazu ermutigt haben, auch einen Deal zur Freilassung von Geiseln in Gaza sabotiert haben.

Der Ausbruch von massenhafter Empörung in der israelischen Gesellschaft als Reaktion auf die Entscheidung des Todeskabinetts, die Besetzung der „Philadelphi-Route“ in Gaza aufrechtzuerhalten, und die Nachricht vom Tod von sechs Entführten infolge des “militärischen Drucks” übten im August Druck von unten auf die Führung des Gewerkschaftsdachverbandes Histadrut aus. Das führte zur Ankündigung des Generalstreiks am 2. September, an dem jüdische und arabische Arbeiter*innen teilnahmen. Der Streik deutete auf das Potenzial hin, dass die Arbeiter*innenklasse im Interesse der einfachen Menschen und gegen die Interessen der Kriegsmaschinerie des israelischen Regimes in die blutige Krise eingreifen könnte.

Der Vorsitzende des Histadrut, Bar-David, vertritt unter dem Strich eine rechtstnationalistische Position. Die sozialistische Linke in Organisationen der Arbeiter*innenbewegung muss ihm und seinesgleichen eine Position entgegenstellen, die von den Interessen der einfachen Menschen aus allen nationalen Gemeinschaften ausgeht. Es wird keine echte Lösung für die blutige Krise geben ohne den Kampf gegen nationale Unterdrückung, Besatzung, Enteignung, Armut und Imperialismus. Dieser Kampf sollte mit dem Aufruf beginnen, das Inferno im Libanon und in Gaza zu beenden und die Angriffe der Armee und der Siedler*innen im Westjordanland zu stoppen.

Es ist nötig, die blutige Regierung zu stürzen und eine friedliche sozialistische Alternative zu ihrer gesamten Agenda und der Agenda der “Oppositionsparteien” aufzubauen, die eine Zukunft von Kriegen und Blut unter der Herrschaft des Kapitals und der Besatzung verspricht.