Palästina-Solidaritätsbewegung in Deutschland: Repression stoppen! 

Die Repression gegen Palästinenser*innen, Araber*innen und andere solidarische Menschen in Deutschland hält an. Jede Woche werden neue Bilder von exzessiver Polizeigewalt auf Demonstrationen gegen den Gaza-Krieg in den sozialen Medien geteilt: Polizist*innen, die ein 11-jähriges Kind mit palästinensischer Flagge jagen, umzingeln und abführen, Polizist*innen, die mit der Faust auf am Boden fixierte Jugendliche einschlagen oder sich auf sie knien, Polizist*innen, die einen 18-Jährigen aus der Menge ziehen, ihn bewusstlos schlagen und an den Straßenrand schleifen oder eine kniende Frau würgen. 

Von Linda Fischer, Hamburg

Für viele junge Aktivist*innen sind Repression und Rassismus Alltag, nicht nur auf den Demos. Die Polizeigewalt kann eskalieren, weil sie durch die deutsche “Staatsräson” gedeckt wird, welche die Antikriegs-Demos und Solidarität mit den Menschen in Gaza als antisemitisch brandmarkt und kriminalisiert. 

Kulturräume erfahren staatlichen und öffentlichen Druck und Drohungen. Musiker*innen und politische Gruppen, die sich gegen den genozidalen Krieg engagieren, sollen ausgeladen werden. Es gibt staatliche Angriffe auf die Lehrfreiheit, bis hin zum Versuch der Mittelkürzung für Lehrende, die das Recht auf friedlichen Protest an Hochschulen verteidigt haben. Einzelne Personen des öffentlichen Lebens wurden wegen israelkritischen Aussagen auf ihren privaten Social-Media-Konten entlassen, wie Marjam Samadzade, ehemalige Staatssekretärin im schleswig-holsteinischen Sozialministerium, oder die ehemalige SWR-Moderatorin Helen Fares.

Wieso ist die Repression so massiv? 

Die “Zeitenwende” – die strategische Positionierung Deutschlands an der Seite des US-geführten imperialistischen Blocks und die Aufrüstung und Militarisierung nach außen – erfordern die ideologische Aufrüstung und Repression nach innen. Das Mantra “guter Westen” versus “böser Osten” geht einher mit der Hetze gegen Menschen aus dem arabischen Raum und Personen muslimischen Glaubens. Es geht den Herrschenden weder um den Kampf gegen Antisemitismus, noch um Menschenrechte, sondern um Einflusssphären, Absatzmärkte, Rohstoffe und Vorherrschaft. Dafür geht der deutsche Staat über Leichen, deswegen kündigt der Kanzler weitere Waffenlieferungen für Israel an und spielt die Todeszahlen und das Ausmaß des israelischen Kriegsterrors bewusst herunter. Der steigende Antisemitismus wird auf die Palästinenser*innen projiziert und aus Gaza geflohene Jugendliche werden von Regierung und Medien als Täter*innen abgestempelt, anstatt ihre berechtigte Trauer und Wut ernst zu nehmen. 

Massenbewegung nötig

Verschiedenen Umfragen zufolge stimmen nur 18-21% der Bevölkerung in Deutschland Israels Vorgehen in Gaza zu, eine breite Mehrheit lehnt Waffenlieferungen oder gar einen Bundeswehreinsatz ab. Gerade junge Menschen denken, dass die deutsche Regierung das Leid der palästinensischen Bevölkerung deutlicher anerkennen müsste. Das hat bisher nicht zu Massenprotesten gegen den Krieg geführt.

Ein wichtiger Faktor ist, dass die Gewerkschaften – die eine strategische Rolle im Aufbau einer effektiven Bewegung gegen den Krieg spielen könnten – die Staatsräson komplett übernommen haben und ihren Gliederungen mitunter verbieten, mit palästina-solidarischen Kräften zusammenzuarbeiten.  Das BSW ist zwar in Worten gegen den Krieg und für einen palästinensischen Staat,eignet sich aber wegen ihrer rassistischen Positionen nicht als Bündnispartnerin für hier lebende Palästinenser*innen und andere von Rassismus betroffene. Außerdem hat die Partei keine aktive Basis und auch kein Interesse an einer Bewegung von unten.

Die Partei Die Linke hatte bisher in vielen Orten die Solidarität verweigert, einige ihrer Funktionär*innen haben sich auf die Seite des deutschen Staates gestellt. Doch der Beschluss des Hallenser Parteitags bietet die Möglichkeit, das zu ändern.

Die vorhandene Bewegung war bisher relativ klein und politisch isoliert. Es ist verständlich, dass sich Teile der Bewegung von der “Mehrheitsgesellschaft” abgrenzen, aber sie unterschätzen das Potenzial von Klassensolidarität. Es braucht eine bundesweite Debatte und Koordinierung, wie die Bewegung größer und schlagkräftiger werden und breitere Teile der Bevölkerung integrieren kann. Massenproteste, Druck auf die Gewerkschaften, Anti-Kriegs-Initiativen an Schulen, Unis und Betrieben, die inhaltlich aufklären und Aktionen planen, könnten die Repression zurückdrängen und die Bewegung in die Offensive bringen.