Am 19. Dezember hat das Abgeordnetenhaus in Berlin den vom Berliner Senat vorgestellten Nachtragshaushalt für 2025 beschlossen. Dieser sieht Kürzungen von insgesamt 3 Milliarden Euro vor. Die Kürzungen betreffen vor allem diejenigen, die in den letzten Jahren die Auswirkungen von Wirtschaftskrise, Inflation und Sozialabbau am meisten zu spüren bekommen haben.
Von Antje Zander, Berlin
Das 29-Euro-Ticket im ÖPNV wird abgeschafft und der Preis des Sozialtickets erhöht sich von 9 auf 19 Euro. Der kostenlose Museumssonntag ist gestrichen. Im Bildungsbereich bedeuten die Kürzungen, dass der geplante Neubau von zwei dringend benötigten Schulen gestoppt wird, dass an den Unis Studienplätze bzw. ganze Studiengänge nicht mehr angeboten werden können, sich der Semesterbeitrag für die Studierenden um 22 Euro erhöht und das Mensaessen teurer wird.
Die 130 Millionen Euro (ca. 12 % des Etats) weniger für Kultureinrichtungen werden zur Schließung von Einrichtungen, Erhöhung von Preisen und Verlust von Arbeitsplätzen führen.
Die Kürzungen in den Bereichen Gesundheit, Bildung und Jugend führen dazu, dass zum Jahresende 2024 rund 120 000 Beschäftigte in Projekten, Einrichtungen und Initiativen mit Gehaltskürzungen, Stellenkürzungen oder sogar Jobverlust konfrontiert sind.
Den größten Kürzungsposten, 22% des bisherigen Budgets, wird es im Bereich Verkehr, Umwelt und Klimaschutz geben. Das bedeutet neben den Fahrpreiserhöhungen, dass Mittel für Radwege gestrichen und zwei neue Straßenbahnlinien nicht gebaut werden. Es werden damit Maßnahmen gestrichen, die dazu hätten führen können, dass weniger Autos unterwegs sind.
Widerstand vernetzen
Sofort nach Bekanntwerden der Kürzungspläne regte sich der Widerstand und es gab zahlreiche Proteste – organisiert von Beschäftigten aus Kultur-, Jugend- und Bildungseinrichtungen und Gewerkschaften.
Das zeigt den Weg, wie die Senatspläne gestoppt werden können. Schon vor der endgültigen Verabschiedung des Haushaltes musste der Senat einige Kürzungen – z.B. in der freien Jugendhilfe – zurücknehmen, um dann allerdings in anderen Bereichen noch mehr den Rotstift anzusetzen. So wird jetzt z.B. das Kita- und Spielplatzsanierungsprogramm um ein Drittel gekürzt, muss an den Hochschulen und der Charité noch mehr eingespart werden.
Nötig ist jetzt, den entschiedenen gemeinsamen Widerstand der von den Kürzungen Betroffenen und die weitere Vernetzung der verschiedenen Initiativen und Gewerkschaften auszubauen. Für die von Gewerkschaften geplante Großdemo am 22. Februar muss eine massenhafte Mobilisierung in den Betrieben und Stadtteilen stattfinden.
Die Bewegung sollte auch genutzt werden, um Druck zu machen. In den Stadtbezirken und auf Landesebene sollte unter Einbindung von Beschäftigten, Gewerkschaften, Vertretern:innen der sozialen Träger, von Jugendklubs, Bürger-und Stadtteilinitiativen eine gemeinsamer bedarfsgerechter Haushalt aufgestellt werden. Das gleiche gilt auch für Kultur, Bildung und Verkehr, um zu verhindern, dass die einzelnen Bereiche gegeneinander ausgespielt werden.
Es gibt genug Geld …
Das Land Berlin hat 66 Milliarden Euro Schulden (Stand 2023). Auch 2025 werden an die Banken wieder 1 Milliarde an Zinsen gezahlt – dieser Haushaltsposten steht für den Berliner Senat natürlich nicht zur Debatte. Aufgrund des Personalmangels in den Finanzämtern schiebt Berlin außerdem eine Rekordsumme an ausstehenden Steuern vor sich her. Diese betrug im September 2024 fast 1 Mrd. Euro, davon allein 500 Millionen Umsatzsteuer. Die Prüfquote für Steuern bei Großunternehmen lag 2023 bei mageren 16,3%. Diese Zahlen zeigen, wie einfach es wäre, mit mehr Personal Millionen Euro für den Haushalt rein zu holen.
Für die Schulden Berlins sind nicht wir verantwortlich, sondern sie sind die Folge einer bundesweiten Politik, bei der Konzerne und Superreiche immer weniger Steuern zahlen müssen und sogar noch Subventionen erhalten. Angesichts der drastischen Situation wäre die erste Maßnahme, die Zinszahlungen einzustellen. Darüber hinaus wäre ein radikaler Schuldenschnitt notwendig. Das wäre eine Grundlage für eine Haushaltspolitik, bei der die Interessen und Bedürfnisse der Mehrheit der Berliner:innen im Mittelpunkt stehen.