Mit dem Jahreswechsel ist die Friedenspflicht des TVÖD abgelaufen. Die Gewerkschaften, geführt von ver.di als mit Abstand größte Gewerkschaft im öffentlichen Dienst, fordern 350 Euro mehr Lohn, ein Gesamtvolumen von 8% Lohnerhöhungen, mehr Urlaub und flexiblere Arbeitszeiten.
Von Jan Hagel, Hamburg
Schon vor dem eigentlichen Beginn der Tarifrunde hat ver.di mit dem “Stärketest” begonnen, Unterschriften von Kolleg*innen für die Forderungen zu sammeln. Zwei Wochen vor dem eigentlichen Start der Tarifrunde am 24.1. haben 171.000 Beschäftigte unterschrieben – gut, aber noch ausbaufähig. Nachdem es in der Vorbereitung lange eher darum ging, ob Arbeitszeit-Fragen oder die Lohnerhöhung priorisiert werden sollen, hat die vorgezogene Neuwahl die Ausgangslage deutlich verkompliziert und könnte die Kampfkraft der Gewerkschaften schwächen, wenn dem nicht bewusst entgegengewirkt wird.
Kämpfen trotz Wahlkampf!
Auf der Website zur Tarifrunde verkündet ver.di zwar „Wir halten Kurs!“, aber durch die Bundestagswahl ist der Druck auf die Gewerkschaftsführung und die Bundestarifkommission gestiegen. Einerseits kommt von SPD und Grünen, denen viele führende Kolleg*innen angehören oder nahestehen, die Erwartung, die verbliebenen Regierungsparteien nicht durch Streiks im Wahlkampf weiter zu “beschädigen”. Andererseits wird ab März mit einer Regierung Merz gerechnet und Nancy Faesers Amtszeit als Innenministerin neigt sich wohl dem Ende zu. Diesen Umstand wird sie in den ersten Verhandlungen als Druckmittel einsetzen – “Macht einen mittelmäßigen Abschluss mit mir, sonst kriegt ihr später einen schlechteren mit eine*r Minister*in von der Union.”
Keine der potenziellen Regierungsparteien steht für höhere Löhne im öffentlichen Dienst – auch wenn SPD und Grüne versuchen werden, die Unterschiede zwischen sich selbst und den anderen bürgerlichen Parteien größer darzustellen als sie in Wirklichkeit sind.
Es ist wichtig, dass unsere Gewerkschaften sich nicht darauf einlassen, sondern konsequente Warnstreiks organisieren – vor und nach der Wahl, und ohne Rücksicht auf Kandidat*innen und Koalitionen. Daher müssen Kolleg*innen an der Basis über den Stärketest hinaus aktiv werden, sich an Warnstreiks beteiligen und klar machen, dass sie sich nicht mit einem schlechten Abschluss zufriedengeben werden – egal unter welcher Regierung.