Der Film „No Other Land“ ist ein stiller Film. Keine schnellen Kameraschwenks, keine dramatische Musikuntermalung. Und doch zeigt er die unerträgliche alltägliche Gewalt der illegalen israelischen Siedlungsbauten im Westjordanland. Landraub, Wohnraumzerstörung, nachjustiert durch Erlasse, die den Palästinenser*innen der Region verbietet, ihre Häuser neu aufzubauen. Dennoch versuchen sie es immer wieder.
Gepanzert werden die Erlasse durch die israelische Armee, die zudem den Siedlern den Rücken freihalten. Genau wie einfache Faschist*innen kreuzen Siedlertrupps auf, zerschlagen Scheiben von Schulen und Wohnraum rufen gewalttätige Parolen und greifen selbst zur Feuerwaffe.
Dass es überhaupt möglich ist, dass so ein stiller, kluger und von kleinsten Funken Hoffnung geprägter Film in irgendeiner Weise mit Antisemitismusvorwürfen in Verbindung gebracht wird, ist Ausdruck der deutschen Staatsräson.
Der palästinensische Aktivist und Journalist Basel Adra filmt die Zerstörung seiner Gemeinde Masafer Yatta seit seiner Kindheit. Bereits sein Vater war im gewaltfreien Widerstand, erlebte jedoch, wie er selbst, immer wieder willkürliche Verhaftungen, Schläge, Vorverurteilungen seitens des israelischen Staates.
Als „No Other Land“ bei der Berlinale als einer der besten Dokumentarfilme des Jahres mit Preisen bedacht wurde, forderte er, dass Deutschland an Israel keine Waffen mehr liefern solle. Da das deutsche Kapital sich jedoch zunehmend um militärische Absicherung der eigenen Rohstoff- und Lieferketten und damit Kapitalakkumulation weltweit bemüht, ist öffentliche Kritik an Waffenlieferungen „unerhört“. Und dann ist es auch noch ein palästinensischer Aktivist, der sich traut, solche Forderungen zu erheben. Wer den Film jedoch sieht, wirklich zuhört und sich darauf einlässt, versteht, dass der Antisemitismusvorwurf gegenüber Adra nichts weiter als eine Fortsetzung der Entmenschlichung und Abwertung von Palästinenser*innen seitens der westlichen Kapitalist*innen darstellt.
Adra hat den Film gemeinsam mit dem israelischen Journalisten Yuval Abraham erstellt. Im Zentrum steht neben dem Konflikt im Westjordanland auch die Freundschaft, die sich über den Film zwischen den beiden entwickelt. Es ist herzzerreißend zu sehen, wie Abraham seinem Freund Adra immer wieder versucht, Hoffnung zu machen, dass sich die Situation verbessern könnte. Der Film endet im Oktober 2023. Genau danach nehmen die Angriffe der Siedler*innen auf die Region enorm zu.
Der Film macht deutlich, dass es möglich ist, nationalistische und religiöse Grenzen niederzureißen. Es wird allerdings auch klar, dass die Lösung für das Westjordanland und die ganze Region nicht allein in den lokalen Widerstandsbewegungen liegt, sondern in einer weltweiten Antikriegsbewegung, geführt von gemeinsamen gewerkschafts- und linken Bewegungen der Arbeiter*innenklasse, die Waffenlieferungen blockieren und für eine gemeinsame friedliche Gesellschaft frei von Krieg, alltäglicher Gewalt und Zerstörung und vor allem dem kapitalistischen Wahnsinn ist.