Das Industriekapital droht mit Massenentlassungen und Betriebsschließungen in der Auto- und Zuliefererindustrie sowie anderen Branchen. Die IG-Metall-Führung hält mit Appellen an Arbeitgeber*innen und Politik dagegen statt den Kampf gegen den Kahlschlag entschieden zu führen. Ihre Rezepte, um Arbeitsplätze zu erhalten, führen in eine Sackgasse.
Bei VW haben sich Vorstand und Aktionär*innen durchgesetzt: 35.000 Arbeitsplätze werden bis 2030 “sozialverträglich” abgebaut – mit Fluktuation, Abfindungen und Altersteilzeit. Beschäftigte bezahlen für die Vernichtung ihrer eigenen Jobs mit Lohnverlusten von faktisch 10-15%. Die Kampfkraft der Beschäftigten wurde nicht eingesetzt, sondern nur zart angedeutet, es gab nicht einmal einen ganztägigen Warnstreik.
Aufholen bei E-Mobilität?
Die IG Metall will den von den Konzernen betriebenen Umbau auf E-Mobilität begleiten und sozial gestalten. Sie setzt auf den “Wechsel der Antriebstechnologien” hin zur E-Mobilität. Dabei geht sie von falschen Voraussetzungen aus. Die Erzählung der IGM ist, dass die Krise von VW oder Ford überwunden werden kann, wenn die Rahmenbedingungen für die Elektro-Mobilität stimmen. Doch selbst wenn die deutschen Konzerne in der Lage wären, den technischen Vorsprung z.B. der chinesischen Autohersteller aufzuholen und konkurrenzfähige Produkte anbieten, bedeutet die volle Umsetzung der E-Mobilität massiven Arbeitsplatzabbau. Für ein E-Auto werden schlicht weniger Arbeiter*innen gebraucht als für einen Verbrenner.
Bei Ford wurde die Wende zur E-Mobilität 2023 spät, aber auf einen Schlag umgesetzt. Im Werk Köln werden E-SUV gebaut, die mit 48.000 Euro teure Ladenhüter sind. Sie sind nicht einmal profitabel. Wenn Ford viele verkaufen würde, würden die Verluste steigen. Ein Zurück zum Verbrenner kann es in dem Werk mit 11.500 Beschäftigten nicht geben. Es ist kein Geheimnis für die Ford-Arbeiter*innen, dass das gesamte Werk gefährdet ist.
Demokratische Vergesellschaftung
Statt Umbau auf Art der Konzerne, Rettung der Profite und Lohnkürzungen als Begleitmusik der Arbeitsplatzvernichtung brauchen wir einen wirklichen Umbau der Autoindustrie unter Beteiligung aller Beschäftigten. Die Verkehrs- und Energiewende ist für den Klimaschutz nötig, und sie ist der Weg, um die Arbeitsplätze langfristig zu erhalten. Wir brauchen nicht noch mehr Autos, aber jede Menge Bahnen, Busse, Schienen usw. Dafür benötigen wir alle Facharbeiter*innen, Techniker*innen und Ingenieur*innen, die heute in der Industrie beschäftigt sind.
Wenn wegen Überkapazitäten weniger Arbeitskräfte benötigt werden, muss die verbleibende Arbeit auf alle Beschäftigten verteilt werden – eine Forderung, die auch die IG Metall in der Vergangenheit aufgestellt hat. Wir schlagen eine Arbeitszeitverkürzung auf 30 Stunden bei vollem Lohnausgleich vor. Die schon erfolgten Lohnkürzungen z.B. bei VW müssen zurückgenommen werden.
Diese Umstellung ist nicht im Interesse der Kapitalbesitzer*innen. DamitFür eine gesellschaftlich sinnvolle Produktion, mit guten Jobs für alle möglich ist, müssen die Industriekonzerne in öffentliches Eigentum überführt werden. Die Produktion muss demokratisch organisiert und kontrolliert werden, durch Vertreter*innen der Belegschaft und der Gewerkschaften.
Konzerne wie VW und Ford haben immer wieder Rekordgewinne eingefahren, bis heute. Gleichzeitig sind sie mitverantwortlich für den Klimawandel und seine Folgen für uns alle. Sie sollen zahlen für die Verkehrswende und die dafür benötigte Infrastruktur. Umfassende staatliche Investitionen in den klimagerechten Umbau des Verkehrs sollten durch durch höhere Besteuerung der Reichen und die Gewinne der Auto-Aktionär*innen bezahlt werden.
Kämpferische Gewerkschaften
Kämpferische Aktivist*innen und Belegschaften sollten sich zusammenschließen, um einen Kurswechsel der IGM durchzusetzen. Es braucht die Initiative aus den Betrieben selbst, um die Lage bei VW, Ford und der gesamten Branche zu diskutieren und entsprechende Gegenwehr zu planen – auch international. Wir schlagen die Organisierung einer Konferenz von Vertrauensleuten und Betriebsräten aus sämtlichen Werken der Auto- und Zulieferindustrie vor, einschließlich der vom Abbau betroffenen Werke im Ausland – damit sich die Belegschaften nicht gegeneinander ausspielen lassen, sondern eine gemeinsame Strategie gegen das Auto-Kapital entwickeln.
Die Vernetzung für kämpferische Gewerkschaften – VKG (www.vernetzung.org) will einen Beitrag für den Kurswechsel der DGB-Gewerkschaften leisten. Mitglieder der SAV beteiligen sich an den Aktivitäten der VKG. Wir rufen die interessierten Kolleg*innen auf, sich mit der VKG in Verbindung zu setzen.
Bild: Inga Wolfram1 – CC BY-SA 4.0