Öffentlicher Dienst: Wirkungsvolle Warnstreiks gegen Arbeitgeber-Blockade

Nachdem sich Innenministerin Faeser und die VKA (Vereinigung der Kommunalen Arbeitgeberverbände) in der ersten Verhandlungsrunde im Januar geweigert hatten, ein Angebot vorzulegen wiederholten sie dieses Spiel in der zweiten Runde am 18. Februar. Statt Lohnerhöhungen kam nur eine Gegenforderung – der Tarifabschluss für 2,5 Millionen Beschäftigte bei Bund und Kommunen solle für drei Jahre gelten. Die Kommunen und auch die kommende Merz-Regierung wollen “Planungssicherheit” beim weiteren Kaputtsparen der Daseinsvorsorge.

von Jan Hagel, Hamburg

Korrekterweise reagierten die Gewerkschaften mit ausgeweiteten Warnstreiks. Dabei wurde auch der beim Anschlag auf die Streikkundgebung in München ermordeten Kollegin Amel und ihrer Tochter Hafsa gedacht. ver.di bezog klar und wirksam Stellung gegen die Versuche der rassistischen Parteien, den Anschlag für ihre Hetze gegen Migrant*innen zu instrumentalisieren.

Die Streiks sind  bisher kleiner als bei der Tarifrunde 2023, als sich insgesamt 500.000 Kolleg*innen an Arbeitskämpfen beteiligten. Es gibt aber positive Beispiele für wirkungsvolle und kämpferische Warnstreiks. So hat die Stadtreinigung Hamburg ab dem 27.2. fünf Tage lang gestreikt. Die Kolleg*innen der HPA (Hamburg Port Authority) konnten den Containerschiffsverkehr auf der Unterelbe weitgehend lahmlegen, weil keine Lotsenboote fuhren und in Krankenhäusern war die Streikbeteiligung so hoch, dass einzelne Kolleg*innen zu Notdiensten auf ihre Stationen zurückgerufen wurden. Diese Beispiele zeigen, dass auch im TVÖD wirtschaftlicher Druck aufgebaut werden kann, zum Beispiel durch die Absage medizinisch nicht dringend notwendiger Operationen.

Leider spielen einzelne Gewerkschaftssekretär*innen und Bezirks-Fachbereichsleitungen eine bremsende Rolle. In manchen Betrieben wurden Kolleg*innen schon bei der Mobilisierung im Vorfeld der Tarifrunde Steine in den Weg gelegt. Sozialdemokratische Kräfte in- und außerhalb der Gewerkschaften versuchten Warnstreiks vor der Wahl zu verhindern. SPD-Politiker*innen wie der Hamburger Finanzsenator Andreas Dressel behaupteten, Warnstreiks im öffentlichen Dienst würden das Vertrauen der Menschen in das Funktionieren des Staates schwächen und so die AfD stärken. Die Kolleg*innen an der Basis waren aber nicht bereit, auf Streiks zu verzichten, und auch innerhalb des Hauptamtlichenapparats haben sich kämpferischere Sekretär*innen vorerst durchgesetzt.

Solidarität aufbauen

Vor zwei Jahren konnte ver.di durch gemeinsame Streiks mit Kolleg*innen in parallel stattfindenden Tarifrunden wichtige Zeichen der gemeinsamen Stärke und Solidarität setzen – besonders mit dem “Megastreiktag” im Nahverkehr, bei der Bahn und an den Flughäfen am 27.3.23. Dieses Mal hat die Bahngewerkschaft EVG durch ihren kompletten Verzicht auf Warnstreiks eine Wiederholung unmöglich gemacht und schon während der Friedenspflicht Reallohnverlust akzeptiert. Es gäbe aber die Möglichkeit gemeinsamer Warnstreiks mit der Post – auch da kämpfen ver.di-Kolleg*innen gegen eine Blockadehaltung der Arbeitgeberseite, die auf einem lächerlich geringen Angebot beharrt.

Leider werden mitunter sogar Streiks verwandter Bereiche innerhalb des TVÖD nicht zusammengeführt – zum Beispiel streiken Krankenhäuser und Sozial- und Erziehungsdienst in Hamburg an aufeinander folgenden Tagen getrennt voneinander.

Die Linke hat öffentlich zur Unterstützung von Streikkundgebungen aufgerufen und Mitglieder dafür mobilisiert. In Hamburg wurden Besuche bei Demonstrationen in den Wahlkampf zur Bürgerschaftswahl integriert. Diese positiven Beispiele sollten von weiteren Linke-Basisstrukturen aufgegriffen und bei kommenden Warnstreiks weiter ausgeweitet werden.

Schlichtung droht

Die dritte Verhandlungsrunde findet vom 14. bis16. März statt. Bis dahin wird es noch keine neue Regierung geben. Dennoch können die Arbeitgeber ein miserables oder gar kein Angebot vorlegen und, wenn es abgelehnt wird, eine Schlichtung erzwingen. Diese Gefahr besteht, weil ver.di wieder einmal darauf verzichtet hat, die Schlichtungsvereinbarung mit Bund und VKA zu kündigen.

Während einer Schlichtung besteht Friedenspflicht, Streiks sind verboten. In diesem Fall dürfen sich die ver.di-Verhandler*innen und die Bundestarifkommission der Erpressung nicht beugen. Die Zwangspause müsste genutzt werden, um weitere Streiks und eine Urabstimmung über Erzwingungsstreiks vorzubereiten.