In Großbritannien konnte der Ex-Labour-MP Galloway ins Unterhaus einziehen
Bei den Parlamentswahlen in Großbritannien am 5. Mai ist die Blair-Regierung zum dritten Mal gewählt worden. New Labour hat jedoch eine Million Stimmen gegenüber der letzten Wahl verloren und ist mit 36 Prozent Stimmenanteil die unpopulärste Regierungspartei seit 1832.
Die massive Ablehnung der Politik Blairs zeigte sich in der Direktwahl des ehemaligen Labour-Abgeordneten George Galloway, der wegen seiner Ablehnung des Irak-Kriegs aus der Partei ausgeschlossen worden war. Er trat dann in die neu gegründete linke Formation RESPECT The Unity Coalition ein. Dort, wo RESPECT kandidierte, kam das Bündnis im Schnitt auf 6,5 Prozent. In seiner ersten Rede im Parlament rief Galloway aus: Mister Blair, das ist für den Irak-Krieg. Das ist für die Tausenden, die Sie umgebracht haben, und für die Lügen, die Sie erzählt haben.
RESPECT war im Januar 2004 von der Socialist Workers Party (Schwesterpartei von Linksruck) sowie einigen Prominenten wie George Monbiot gegründet worden. Die Socialist Party (Schwesterpartei der SAV in England und Wales) nahm an den Diskussionen teil, entschloss sich jedoch, eigenständig zu den Parlamentswahlen anzutreten, rief aber in den Wahlkreisen, in denen sie selbst nicht kandidierte, zur Wahl von RESPECT auf.
REPECT ist vor allem in der Antikriegsbewegung aktiv.
Partei für Moslems?
Die starke Konzentration auf ein Thema spiegelte sich auch in der Konzentration auf eine Wählergruppe wider: Sie versuchten, vor allem unter der muslimischen Bevölkerung Großbritanniens Stimmen zu bekommen. So stellte sich RESPECT schon im Europa-Wahlkampf als die Partei für Moslems dar. Auch Galloway präsentierte sich in seinem Wahlbezirk, dem Londoner Stadtteil Bethnal Green and Bow, wo 40 Prozent Muslime leben, in erster Linie als Vertreter der Muslime. Er sagte nach seiner Wahl laut Guardian, er würde nach seiner ersten Amtszeit als MP für einen Bengali zurücktreten.
Muslime gehören zweifellos zu den unterdrücktesten Schichten der britischen Arbeiterklasse und sind besonders seit dem 11. September massiver Hetze ausgesetzt.
In vielen Gegenden leben sowohl Muslime als auch AnhängerInnen anderer Religionen, zum Beispiel Hindus, zusammen, die sich durch das Auftreten von RESPECT nicht angesprochen fühlen. Rassistische Vorurteile und schon vorhandene Spannungen können sich dadurch noch verschärfen. Statt sich auf eine Schicht unter den ImmigrantInnen und der Arbeiterklasse zu konzentrieren, ist es notwendig, einen Aufruf an alle über ethnische und religiöse Grenzen hinweg zu starten, sich gemeinsam gegen die Angriffe von oben zu wehren!
Neue Partei für die arbeitende Bevölkerung?
RESPECT setzt den teils ziemlich konservativen Moralansichten Galloways öffentlich nichts entgegen. George Galloway meinte vor kurzem, man müsse der Jugend mehr Disziplin beibringen und sprach sich wiederholt gegen Abtreibungen aus.
Trotzdem ist Galloways Wahlsieg zweifellos ein Erfolg für die Linke und sollte dafür genutzt werden, die Arbeiterklasse beim Kampf um eine eigene politische Interessenvertretung anzuspornen. Aller-dings vertritt Galloway die Ansicht, die Labour Party könne wieder zurückerobert werden. New Labour kann jedoch, wie es Bob Crow, Generalsekretär der Eisenbahnergewerkschaft RMT die sich mittler-weile von Labour abgekoppelt hat sagte, nicht umgedreht werden. Wir brauchen eine neue Partei, um die Interessen von arbeitenden Männern und Frauen zu vertreten.
Das Parteiprogramm von RESPECT hat keine sozialistische Ausrichtung in der Hoffnung, mehr Wählerstimmen zu gewinnen. Vier Ratsmandate der Socialist Party in England beweisen allerdings, dass sozialistische Ziele keineswegs abschrecken.
von Conny Dahmen, Aachen