Massive Schulstreiks machen den Unmut sichtbar: Eine bundesweite Bewegung entwickelt sich
von Sebastian Foerster, Berlin
Las man sich am 12.06.08 durch die deutschen Zeitungen, so fand man nicht nur viele Artikel über einen neuen, bundesweiten Schulstreik, an dem sich in verschiedenen Städten über 15.000 SchülerInnen beteiligten, sondern auch viele Meldungen über eine Rede der Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), die eine neue "Bildungsrepublik" ausrief. "Bildung für alle", ein Spruch, der an diesem Tag massenhaft auf den Straßen vieler bundesdeutschen Städte zu hören war, kam diesmal auch aus dem Mund einer Frau, die sonst für eine knallharte neoliberale Politik steht.
Nach dem Protest von 8.000 SchülerInnen in Berlin, die drei Wochen zuvor unter dem Motto "Bildungsblockaden einreißen!" den Schulunterricht bestreikten, folgten nun weitere Proteste. In Kassel, Oldenburg, Tübingen und anderen Städten in Deutschland fanden sich ebenfalls viele Streikkomitees zusammen, die für die gleichen Forderungen wie die Berliner demonstrierten: Eine kostenlose Bildung, Nein zu der Verkürzung des Abiturs von 13 auf 12 Jahre und für ein anderes, sozialeres Schulsystem. Wieder waren die Proteste radikal und entschlossen. Es wurde deutlich, dass sich eine neue SchülerInnen-Bewegung entwickelt.
Für den Herbst wird nun von den AktivistInnen gemeinsam für einen bundesweiten Schulstreik mobilisiert, an dem sich zehntausende SchülerInnen beteiligen sollen.
Kanzlerin Angela Merkel, die unter dem Druck der SchülerInnen-Proteste und der allgemeinen Unzufriedenheit in der deutschen Gesellschaft versucht, auf diese Bewegung zuzugehen, hat angekündigt, Bildung zur "Chef-Sache" machen zu wollen.
Bis zum Herbst will sie durch Deutschland reisen und sich der Problematik annehmen. Am 22. Oktober soll dann ein von ihr geleiteter "Bildungsgipfel" anstehen.
Die SchülerInnen-Bewegung wird dafür sorgen können, dass dieser "Bildungsgipfel" zu einem "Krisengipfel" für die Regierung wird. Und mit neuen Schulstreiks auch ein Zeichen setzen für all diejenigen, die unter dem allgemeinem Sozialkahlschlag leiden.