Interview mit Felix Wiesner, Abiturient der Berliner Primo-Levi-Schule. Die Fragen stellte Aminaa Shagdar
Am 22. Mai streikten in Berlin 8.000 SchülerInnen. Von der Primo-Levi-Schule nahmen 250 teil. Seit Längerem existiert an dieser Schule ein Philosophen-Café und eine Politik AG, die schon verschiedene Aktionen organisiert hat und auch den Streiktag mitvorbereitete.
Wie ist das Streikkomitee zustande gekommen?
Zum einen gab es Aktionen, die sehr politisierend auf viele wirkten, etwa als wir eine rote Fahne auf dem Schuldach aufstellten, um auf uns aufmerksam zu machen. Ein recht bekanntes Buch von Jean Ziegler, „Das Imperium der Schande“, machte bei einigen Schülerinnen und Schülern die Runde und jede und jeder, der es las, ist heute aktiv in der Politik AG.
Natürlich hatten wir aber auch nicht nur die Absicht, theoretisch was zu machen, sondern eben auch aktiv zu werden. Deswegen sind wir seit diesem Jahr beim Streik dabei und haben auch an der Bildung des Bündnisses „Bildungsblockaden einreißen“ mitgewirkt.
Der eigentliche Stein des Anstoßes war aber vermutlich der Schulzusammenschluss der beiden Gymnasien, wodurch die Unzufriedenheit vieler Schüler deutlich stieg. Dadurch bildete sich wohl überhaupt erst eine „kritische Masse“.
Was glaubst du, wie es jetzt weitergeht?
Der Schwerpunkt liegt nun nach der ganzen organisatorischen Ausrichtung für die Streiks auf inhaltlichen Diskussionen. Wir wollen uns nicht auf politische Dinge beschränken, sondern auch andere Arbeitsgemeinschaften aufbauen, etwa eine AG zum Thema Streetart, eine Comic- und eine Video-AG. Das ist auch wichtig, damit Schüler generell erst einmal über ihre schulische Arbeit hinaus aktiv werden. So können einige von ihnen auch den Weg zu politischen Aktionen finden.
Gibt es noch andere Streikkomitees?
Es sind auf jeden Fall seit dem Streik mehr Schüler aktiv und einige wollen auch neue Streikkomitees bei sich gründen. Das liegt natürlich daran, dass der Streik so erfolgreich verlief und die Teilnehmer danach noch mehr hinter ihren Forderungen standen. Leider wurde einer der Schüler wegen der unangemeldeten Demonstration verhaftet und ist zur Zeit nur auf Bewährung frei. Auch das ist nun natürlich ein wichtiges Arbeitsfeld der Streikkomitees geworden.
Tour de Schulstreik
Von April bis Juni streikten in Deutschland über 40.000 SchülerInnen.
Im Frühjahr gingen in Lüneburg und einzelnen anderen Städten mehrere Tausend SchülerInnen auf die Straße. Seitdem gab es eine ganze Reihe weiterer Streikaktionen:
22.5., Berlin: 8.000
12.6., Oldenburg 7.000
12.6., Kassel: 4.000
12.6., Lüneburg: 2.500
12.6., Tübingen: 1.500
12.6., Bad Doberan: 650
16.6., Berlin: 3.000
17.6., Düsseldorf: 2.000
19.6., Hannover: 5.000
19.6., Düsseldorf: 1.000
to be continued…