In Wismar und Warnemünde schließen die Wadan-Werften
Wir dokumentieren hier einen Artikel von Daniel Behruzi aus der jungen Welt vom heutigen 31.7.09:
Die Wadan-Werften in Wismar und Rostock-Warnemünde stehen vor dem endgültigen Aus. Morgen wechseln die rund 2400 Beschäftigten des größten verbliebenen Schiffbaubetriebs Ostdeutschlands in eine Transfergesellschaft, die sie für nur fünf Monate vor der Arbeitslosigkeit schützt. »Wir haben keine zweite Option. Uns bleibt nur der Wechsel in die Transfergesellschaft«, erklärte Ronald Zier, stellvertretender Betriebsratsvorsitzender der Wismarer Werft, am Donnerstag im jW-Gespräch. Im vorläufigen Insolvenzverfahren waren diverse Aufträge storniert worden. Auch die schwedische Stena-Linie hat sich bislang nicht dazu geäußert, ob sie wie vereinbart 400 Millionen Euro für zwei in Auftrag gegebene Fähren zahlen wird. Dies war Bedingung für einen staatlich verbürgten Massekredit in Höhe von 187 Millionen Euro, der nun nicht zur Auszahlung kommt. Vor diesem Hintergrund hatte der Insolvenzverwalter Marc Odebrecht die Frist zur Beantragung des konjunkturellen Kurzarbeitergeldes, mit dessen Hilfe der Betrieb hätte weiterlaufen können, verstreichen lassen.
Die »Transfergesellschaft« wird finanziert durch einen Landeskredit über 20,5 Millionen Euro, 10,1 Millionen vom Europäischen Sozialfonds und 15,5 Millionen, die die Bundesagentur für Arbeit (BA) für die »geordnete Abwicklung« bereitstellt. Insgesamt beziffert die BA die direkten Insolvenzkosten auf 80 bis 90 Millionen Euro.
»Zu Tode betrübt«, beschreibt Zier die Stimmung unter den Werftarbeitern. »Bis Mittwoch mittag hatten wir noch die Hoffnung, daß es weiter geht. Jetzt sind die Leute am Boden zerstört.« Mit dem Wechsel in die »Transfergesellschaft« erwartet die Beschäftigten eine ungewisse Zukunft. Das Kurzarbeitergeld von 60 bzw. 67 Prozent des Bruttolohns wird vom Land um neun Prozent aufgestockt. Aber schon nach fünf Monaten ist Schluß – dann stehen sie auf der Straße. »Wir wollen die Leute in der Transfergesellschaft solange wie möglich zusammenhalten, denn ganz haben wir die Hoffnung auf einen neuen Investor noch nicht aufgegeben«, so Zier.
Mit einer Demonstration durch Wismar wollen die Arbeiter heute (10 Uhr ab Betriebstor) »die letzte Schicht« auf der traditionsreichen Werft begleiten. Auch die Drohung, den Betrieb zu besetzen (jW berichtete), wollte Zier nicht zurücknehmen. Man werde das weitere Vorgehen mit der Belegschaft diskutieren, sagte er. »Wenn, dann muß das eine gemeinschaftliche Aktion sein. Der Betriebsrat kann sich ja nicht alleine anketten.« Für ihn sei aber klar, daß »wir nicht widerstandslos zugucken werden, wie man unsere Arbeit klaut«. Dabei geht es vor allem um ein zu drei Vierteln fertiggestelltes Schiff für die Stena-Linie, das in der Wismarer Werft liegt.
Unterstützt wird die Idee einer Besetzung von Christine Lehnert, die für die Sozialistische Alternative (SAV) in der Rostocker Bürgerschaft sitzt. »Auf den Weltmeeren sind Tausende Schrottkähne unterwegs. Wenn die Bosse das in Wismar und Warnemünde vorhandene Know-how zum Bau moderner und umweltfreundlicher Schiffe dennoch zerstören wollen, dann ist eine Betriebsbesetzung die richtige Antwort«, erklärte sie am Donnerstag gegenüber jW. Die Einrichtung einer »Transfergesellschaft« bedeute für die Betroffenen lediglich »eine kurze Schonfrist auf dem Weg in die Arbeitslosigkeit«.