SAV-Solidaritätserklärung zum Streik der GDL
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
wir erklären uns solidarisch mit eurem Streik und wünschen euch Erfolg für die volle Durchsetzung eurer berechtigten Forderungen.
Wir unterstützen euch, weil wir der Meinung sind, dass eure Auseinandersetzung aus verschiedenen Gründen uns alle angeht.
Erstens eure Arbeitsbedingungen: Die Sparpolitik bei der DB AG, und verschärft bei den Privatunternehmen, geht sowohl zu Lasten des Personals als auch der Menschen, die auf die Bahn angewiesen sind und sie nutzen. Ausgefallene Verbindungen im Winter waren eine Folge der Kosteneinsparungen, vermeidbare schlimme Unfälle sind die andere. Zurecht hat die GDL auf die Zusammenhänge hingewiesen und erklärt, dass mit immensen Überstunden und der zunehmenden Arbeitsverdichtung die Sicherheit im Bahnverkehr immer mehr eingeschränkt wird. Sie hat ebenfalls richtig hervorgehoben, dass anstatt in Sicherheit auf der Schiene lieber in Hochgeschwindigkeitsstrecken investiert wird. Wir würden hinzufügen: lieber versenkt die DB AG Milliarden im Stuttgarter Tiefbahnhof, den die Mehrheit der Bevölkerung ablehnt, als in eine Bahn zu investieren, die im Interesse der Menschen zuverlässig und sicher funktioniert.
Zweitens euer Kampf für einen Flächentarifvertrag: Mit dem zunehmenden Wettbewerb auf der Schiene wird es zu weiterem Lohndumping kommen. Der Branchentarifvertrag, den die EVG für den Schienennahverkehr ausgehandelt hat, liegt um sechs Prozent unter dem DB Tarifniveau. Es muss aber gerade darum gehen, die Spirale nach unten aufzuhalten. Eure Forderung nach einem Flächentarifvertrag für alle Lokführer, der nicht unter dem DB Niveau liegt, könnte im Kampf gegen Lohndumping beispielhaft werden. Es sollte dabei unserer Meinung nach jedoch nicht um einen „faireren Wettbewerb“ gehen. Stattdessen sollte das Ziel sein, die Privatisierung im Schienenverkehr insgesamt umzukehren. Anstatt Privatunternehmen und eine DB AG, die auch nur noch auf Profite hinwirtschaftet, brauchen wir eine Bahn, die im Interesse von Mensch und Umwelt fährt. Das heißt: Private raus aus dem Schienenverkehr, Schluss mit der Profitorientierung der Deutschen Bahn, stattdessen DB unter demokratische Kontrolle und Verwaltung von Beschäftigten, Staat, Gewerkschaften und NutzerInnen. So könnte eine Bahn im Interesse von Mensch und Umwelt organisiert und gleichzeitig die Arbeitsbedingungen human gestaltet werden.
Drittens die Löhne: Deutschland ist bekanntermaßen Schlusslicht bei der Reallohnentwicklung in den letzten zehn Jahren. Nach der tiefsten Wirtschaftskrise seit achtzig Jahren werden wieder Rekordgewinne erzielt. Doch weiterhin gehen die Beschäftigten weitgehend leer aus. Die bisherigen Tarifabschlüsse haben an der Reallohnentwicklung nicht viel geändert. Das Angebot der DB AG ist ein Hohn. Es soll sich am EVG-Abschluss bei der DB orientieren. Die EVG spricht von einem Gesamtvolumen von 5 Prozent. Doch bei einer Laufzeit von 29 Monaten und einer Erhöhung um 1,8 Prozent zum 1.3.2011 und von 2 Prozent zum 1.1.2012 und einer Einmalzahlung von 500 Euro ist das Schönrechnerei. Es handelt sich im besten Fall um einen Inflationsausgleich für dieses Jahr. Dabei sind höhere Ausgaben wie für die Krankenversicherung und kommunale Gebührenerhöhungen nicht eingerechnet. Wie die Preisentwicklung 2012 ist, kann man noch gar nicht sagen. Die Forderung der GDL von 5 Prozent Plus ist daher bereits ein Minimum.
Viertens die Verteidigung des Tarif- und Streikrechts: In einer unheiligen Allianz arbeiten Arbeitgeberverbände, Politik und DGB-Gewerkschaftsspitzen an einem Gesetz, das die Tariffähigkeit kleinerer Gewerkschaften einschränken soll. Das ist auch ein Angriff auf das Streikrecht und die Koalitionsfreiheit. Das Verhalten der Arbeitgeber in der jetzigen Auseinandersetzung um den BuRa-LfTV deutet darauf hin, dass sie auch hier die Tariffähigkeit der GDL wiederum in Frage stellen wollen. Dabei ist klar, dass es den Arbeitgebern sicher nicht um die Einheit der Beschäftigten geht, die sie durch die Existenz der GDL in Gefahr sähen. Die GDL ist ihnen ein Dorn im Auge, seit sie 2007/2008 erfolgreich für eine deutliche Lohnerhöhung gekämpft hat. Auch die EVG-Führung gerät durch eine solche kämpferische Linie unter Druck ihrer eigenen Mitglieder. Es ist wichtig, für eine größtmögliche Einheit aller Beschäftigten einzutreten. Aber das darf keine Einheit im Verzicht sein. Nötig ist, durch gemeinsame Kämpfe die schlechten Arbeitsbedingungen und Löhne für alle zu verbessern.
Es ist wahrscheinlich, dass euer Arbeitskampf einen langen Atem braucht. Denn wieder steht eine Front von Arbeitgebern, Politikern und möglicherweise der Führungen der DGB-Gewerkschaften gegen euch. Daher wird es notwendig und wichtig sein, von Anfang an die Symphatie in der Bevölkerung und bei den KollegInnen an der Basis der DGB-Gewerkschaften durch öffentlichkeitswirksame Aktionen und eine Aufklärungskampagne zu gewinnen. In einer Umfrage für das ZDF-Politbarometer erklärten 64 Prozent, dass sie Verständnis für euren Streik haben. Kein Wunder.
Viele KollegInnen in anderen Branchen haben ebenso die Probleme von ständiger Arbeitsverdichtung und niedrigen Löhnen. Ein entschlossener Kampf wird auf große Symphatie stoßen.
Wir werden in unseren Betrieben und Gewerkschaften dafür argumentieren, dass euer Kampf unterstützt wird. Wir werden auch die Partei DIE LINKE, in der wir aktiv sind, auffordern, sich öffentlich mit euch solidarisch zu erklären, eure Aktionen zu unterstützen und auch ihre Abgeordnetenpositionen im Bundestag zu nutzen.
Sicher wird es nicht ohne effektive Streikmaßnahmen gehen. Dabei solltet ihr euch nicht scheuen, eure gesamte Kraft bis hin zu einem Vollstreik in die Waagschale zu werfen.
Mit solidarischen Grüßen
Sozialistische Alternative – SAV