Von wegen einfach und unbürokratisch

Von der Leyens Bildungspaket hält nicht was es verspricht


 

Angeblich soll etwa 2,5 Millionen Kindern und Jugendlichen, deren Familien von Hartz IV oder anderen Sozialleistungen leben, eine einfache und unbürokratische Förderung ermöglicht werden. Insgesamt sollen 1,6 Milliarden Euro pro Jahr unter anderem für Mittagessen in Kitas, Schulen und Horten, Nachhilfeunterricht der einen 10-Euro- Zuschuss für die Mitgliedschaft in Sport- oder Kulturvereinen bereitgestellt werden.

von Marén Wiese, Rostock

Das hört sich alles gut an. Aber nur ein Bruchteil der Berechtigten hat Mittel aus dem Bildungspaket beantragt. Da stellt sich doch schnell die Frage, warum das Bildungspaket dann nicht so recht angenommen wird. Die Antwort darauf ist eigentlich sehr einfach: In vielen Bundesländern wurden viele dieser Leistungen durch die Länder und Kommunen bereits gewährt. In Mecklenburg-Vorpommern gab es zum Beispiel für die Eltern, die ALG II, Sozialgeld, Wohngeld u.ä. erhalten haben, auch einen Essensgeldzuschuss, der aber meist über die Träger der Kitas/Horte bei der zuständigen Stelle beantragt wurde. Aus eigener Erfahrung, weiß ich, dass in der Kita meines Kindes die entsprechenden Eltern einen Vordruck erhielten, dass sie diesen Zuschuss in Anspruch nehmen möchten und diesen nur noch unterschreiben brauchten.

Eltern kämpfen mit bürokratischen Hürden

Mit dem Bildungspaket setzte aber dann Anfang diesen Jahres das totale Chaos ein. Eltern, die diesen Essensgeldzuschuss erhielten, sollten sich plötzlich nicht mehr ans Jugendamt wenden, das bisher alles geregelt hatte, sondern im Jobcenter oder bei der Wohngeldstelle. Die Verantwortlichen dort waren aber meist heillos überfordert. Keiner wusste so recht, wie die Leistungen genau beantragt werden sollten und ständig mussten neue Antragsformulare ausgefüllt werden. So dass in Rostock z.B. letztlich alle Anträge dann wieder beim Jugendamt landen und zentral bearbeitet werden.

Statt wie bisher die Leistungen zwischen dem Träger der Einrichtung und dem zuständigen Amt zu verrechnen, sollen die Eltern erst mal eine Rechnung des Trägers einreichen und bekommen dann das Geld zurück und sollen anhand der Angaben, dann später Gutscheine bekommen. Das ist total bürokratisch und hat schon einige Eltern (mich eingeschlossen) an den Rand der Verzweiflung getrieben. Ein Teil der Eltern gibt dann irgendwann auf. Viele haben bisher auch keine Ahnung von dem Umfang des Bildungspakets oder sind mit der Antragsstellung überfordert.

Es ginge auch anders

Eigentlich ist es eine gute Sache die Kinder aus sozial schwachen Familien zu fördern. Doch von der Leyens Bildungspaket wird es nicht tun.

Eigentlich wäre es viel sinnvoller das Geld direkt an Schulen zu geben, um dort z.B. mehr SchulsozialarbeiterInnen oder LehrerInnen einzustellen, die sich dann auch um die Gestaltung von AG"n (Arbeitsgemeinschaften) oder Workshops für Sport, Musik, Kunst oder ähnliche Aktivitäten mit den Kids zu kümmern. Außerdem sollte es für alle Schulen, Kitas und Horte ein möglichst kostenloses oder zumindest sehr preiswertes, vollwertiges, warmes Mittagessen geben.

Auch Freizeitangebote in Vereinen sind sinnvoll, wenn sie möglichst in den Stadtteilen oder in der näheren Umgebung angeboten werden. Hier könnten den Jugendlichen und Kindern Angebote gemacht werden, wie sie ihre Freizeit nach ihren Interessen sinnvoll gestalten können. Bereits heute engagieren sich vor allem Eltern in diesem Bereich ehrenamtlich. Dabei könnten hier auch durch gezielte Weiterbildung oder Qualifizierung gute, motivierte TrainerInnen oder AnleiterInnen einen neuen Job finden. Da gäbe es bestimmt noch einige Dinge, die mit dem Geld sinnvollerweise umgesetzt werden könnten.

Manchmal lohnt sich hier auch mal ein Blick zurück in der Geschichte. Bei aller Kritik am Stalinismus gab es im Ostblock viele dieser positiven Dinge, wie sehr günstiges Essen in Kitas und Schulen, viele Freizeitangebote in Vereinen oder auch in den Schulen nach dem Unterricht. Auch die Förderung von schwächeren SchülerInnen wurde durch die Schulen weitestgehend übernommen, z.B. durch Lerngruppen. Das bedeutet, dass diese Dinge prinzipiell möglich sind, wenn das Geld nicht auf langen Wegen umständlich und bürokratisch beantragt werden muss, statt direkt vor Ort sinnvoll eingesetzt zu werden.