Proteste gegen Aufmarsch von Pro-Köln
von Conny Dahmen, Köln
Die Kalker Hauptstraße in Köln Samstag morgen um 10 Uhr. Normalerweise wimmelt die wichtigste Einkaufstraße in diesem Veedel Kölns jetzt schon von Menschen. Heute ist sie wie leer gefegt, nur Massen weiß-blauer Einsatzwagen, Polizisten und ein paar Hubschrauber sind zu sehen. Was ist passiert? Entschärfung einer alten Weltkriegsbombe? Ein Störfall im Chemiebetrieb? Ausbruch eines Bürgerkriegs? Oder nur ein neues Loch in der U-Bahn?
Nein! Nach dem ihr für den 19. November 2011 geplanter Marsch durch das von ArbeiterInnen und MigrantInnen geprägte Kalk durch Blockaden verhindert werden konnte, hatte die rechte „Bürgerbewegung pro Köln“ für den 28. Januar erneut eine Demonstration gegen das Autonome Zentrum angemeldet. Und erneut hatten verschiedene antifaschistische Bündnisse und Organisationen zu Gegenprotesten und Blockaden mobilisiert. Obwohl niemand die Rassisten in Kalk sehen will, konnte die Polizei das „Demonstrationsrecht“ Pro Kölns diesmal leider durchsetzen.
„Mal wieder marschieren die Rechten – und was ist mit unseren Rechten?“
…stand auf einem Flyer, der während der Proteste gegen den Aufmarsch verteilt wurden. Denn in Köln Kalk galten heute demokratische Rechte nur für die Rechten.
In nie zuvor da gewesener Weise sperrte ein massives Polizeiaufgebot von 2000 Beamten ein ganzes Stadtviertel ab, um jegliche Gegenproteste und besonders Blockaden der Demostrecke zu unterbinden und „Pro Köln“ ungehindert marschieren zu lassen. Gegenkundgebungen konnten nur hinter den Drängelgittern um die Kalker Hauptstraße stattfinden, nicht einmal Familien, die einfach nur einkaufen wollten, wurden durchgelassen. AnwohnerInnen mussten Ausweiskontrollen und Gepäckdurchsuchungen über sich ergehen lassen. Busse wurden umgeleitet, die beiden U-Bahn-Stationen im Viertel nicht angefahren. Trotzdem schafften es einige AktivistInnen, auf die rechte Demoroute zu gelangen und Blockaden zu organisieren, die die Polizei aber schnell mithilfe von Schlagstöcken und Pfefferspray auflöste.
In einer Demokratie haben alle dasselbe Recht auf freie Meinungsäußerung und Demonstrationen? Für die antifaschistischen GegendemonstrantInnen galt dieses Recht am Samstag jedenfalls nicht! Was hat es mit der Wahrnehmung des Demonstrationsrechtes zu tun, wenn tausende Menschen sich in ihrer nächsten Umgebung nicht frei bewegen dürfen, damit knapp 90 Rassisten ungehindert ihre Deutschlandfahnen schwenken und Hetzsprüche brüllen können? Diese Aufmärsche werden uns aufgezwungen und sind nichts als Provokation von Leuten, die seit jeher enge Verbindungen zur militanten Nazi-Szene haben, wo bekanntlich demokratische Rechte und andere Meinungen wenig respektiert werden. Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen!
Viele KalkerInnen konnten ihren Protest nur am Fenster zum Ausdruck bringen. Nach Meinung des Kölner Polizeipräsidenten Albers (SPD) war sogar das schon zuviel. „Die Anwohner könnten die Fenster schließen, die Rollläden runterlassen und ihrem Protest durch andere passive Formen Ausdruck verleihen“ wurde er im Kölner Stadt-Anzeiger vom 14.1. zitiert, der fortan zusammen mit der SPD kräftig die Werbetrommel für den „passiven Widerstand“ und das „Ignorieren“ der Rassisten schürte. „Dann könnten wir davon ausgehen, dass wir zumindest im Stadtteil Kalk erst einmal Ruhe haben".
Viele KölnerInnen sehen das anders und wollen das Problem „Pro Köln“ lieber lösen, als weg zuschauen. So kamen am 28.1. trotz aller Schikanen insgesamt 1000 Menschen zu den Gegenaktionen, um sich den Rassisten in den Weg zu stellen. 17 AktivistInnen der SAV aus Köln, Aachen und Dortmund nahmen an den Protesten am Samstag teil und mobilisierten dabei bereits für die Aktionen gegen den Nazi-Aufmarsch am 18. Februar in Dresden.
Wenn Rassisten-Demos erst mal zur Normalität geworden sind, werden auch gewalttätige Übergriffe auf MigrantInnen und Linke zunehmen. Deswegen müssen wir weiterhin, jeden Versuch „Pro Kölns“ und anderer rechter Gruppen, in Köln Fuß zu fassen, entschieden zurückschlagen! Ob Köln, Dresden und überall: Keinen Fußbreit den Faschisten!