Nein zu Kriegsvorbereitungen! Kein Embargo gegen die einfache Bevölkerung Syriens und Irans!

Dokumentiert: Stellungnahme der linksjugend [’solid] Aachen vom 13. Februar 2012


 

Die Stellungnahme ist als PDF hier zu finden.

Die Kriegsgefahr im Nahen Osten ist gegenwärtig akut. Sowohl der Iran, als auch das vom Bürgerkrieg zwischen dem Assad-Regime und Rebellen zerrissene Syrien, stehen im Visier des westlichen Imperialismus. Zurecht wenden sich daher weltweit Menschen gegen Kriegsdrohungen der USA, EU-Europas oder Israels und lehnen ebenso klar ein Wirtschaftsembargo ab, das vor allem die einfache Bevölkerung hart treffen und den Regimes der betroffenen Länder nur unnötig in die Hände spielen würde.

Gleichzeitig aber muss in aller Deutlichkeit herausgestellt werden, dass eine Ablehnung von Kriegshandlungen und Embargos in keiner Weise gleichzusetzen sind mit einer Parteinahme für den Despoten Baschar al-Assad oder für das Mullah-Regime im Iran, die beide eine durchweg unterdrückerische und reaktionäre Rolle spielen und deren revolutionärer Sturz, solange er frei von jeder Manipulation und Einflussnahme durch die NATO und andere imperialistische Kräfte stattfände, zu begrüßen wäre.

Haltung der LINKEn

Die Partei DIE LINKE geriet Mitte Januar in die Kritik, nachdem einige ihrer Abgeordneten einen Aufruf unterzeichneten, der Kriegsvorbereitungen und Embargopläne gegen Syrien und den Iran verurteilt. Ihnen wurde von bürgerlichen Medien und Parteien vorgeworfen, sich damit auf die Seite von Unterdrücker-Regimes gestellt zu haben. Diese Vorwürfe wurden unsäglicherweise vom antideutsch orientierten Bundesarbeitskreis Shalom innerhalb von linksjugend [’solid] und Anderen aufgegriffen, um eine Diffamierungskampagne gegen konsequente Kriegs-GegnerInnen innerhalb der Partei zu starten und entsprechende politische Positionen innerhalb der Partei zu diskreditieren. Bedauerlicher Weise bereitet der Aufruf „Kriegsvorbereitungen stoppen! Embargos beenden! Solidarität mit den Völkern Irans und Syriens!“¹ angesichts einiger politischen Unzulänglichkeiten den Hetzern durch viele politisch falsche oder zumindest kurzichtige Analysen unnötige Steilvorlagen. So erweckt der Aufruf den Eindruck, dass die Aufstandsbewegungen in den beiden Ländern nur „von außen geschürt“ würden und nicht aus den wirtschaftlichen, sozialen und politischen Zuständen in den Ländern selbst entstanden wären. Tatsächlich aber sind beide Regimes brutale Diktaturen, die seit Jahrzehnten blutigen politischen Terror gegen jede Form von Opposition, auch von linken und progressiven Kräften ausüben. Die Revolten richten sich nicht zuletzt gegen Armut, Massenarbeitslosigkeit und staatliche Unterdrückung und sollten daher von Linken kritisch unterstützt werden. Sie stehen im Kontext der Welle der Revolutionen im arabischen Raum, sind eindeutig davon inspiriert und drücken legitime Bestrebungen der Massen, besonders der Arbeiterklasse und der Jugend, nach Freiheit und sozialer Gerechtigkeit aus.

Internationalismus statt „Nichteinmischung“

Des Weiteren spricht der Aufruf sich für das „Prinzip der Nichteinmischung“ aus. Das kann mensch kaum als linke, internationalistische Haltung bezeichnen! Die Frage ist immer: „Wer mischt sich ein? und mit welchem Ziel tut er/sie es? In wessen Interesse geschieht was?“ Es ist die Pflicht von Linken, progressive Bewegungen der Unterdrückten, Klassenkämpfe und soziale Revolutionen wie es nur irgendwie geht zu unterstützen – genauso wie sie jede Einmischung von imperialistischen Kräften – auch unter dem Dach der UNO – abzulehnen haben. Denn diese haben völlig entgegengesetzte Interessen als die lohnabhängige Bevölkerung weltweit.

linksjugend [’solid] Aachen hat sich von Anfang an unmissverständlich solidarisch mit den Revolutionen in Tunesien, Ägypten, Iran, Libyen, Bahrain und anderswo gezeigt und hat im Herbst 2011 mit iranischen sozialistischen Oppositionellen eine Info-Veranstaltung organisiert.² Gleichzeitig haben wir jede Intervention der NATO und anderer Institutionen des Kapitalismus und Imperialismus abgelehnt und scharf verurteilt.³

Widersprüchlicher Charakter der „Arabellion“

Nun ist es so, dass die Revolutionsbewegungen heterogen und widersprüchlich sind. Demokratische und linke Oppositonelle wie reaktionäre, islamistische und pro-westliche Kräfte sind dort gleichermaßen aktiv. Sie eint nur die gemeinsame Gegnerschaft zu den jeweiligen Machthabern im Land. Manche Strömungen orientieren sogar auf eine Zusammenarbeit mit dem Westen und stehen für den neoliberalen Umbau des Landes. Wir setzen stattdessen auf die Arbeiterklasse und die Jugend und ihre unabhängige Organisierung. Wir sind der Ansicht, dass die Frage des Kampfs um wirkliche Demokratie untrennbar mit der sozialen Frage verbunden ist. Auf der Grundlage des Kapitalismus kann es keine Freiheit geben. Das gilt in der Weltwirtschaftskrise mehr denn je.

Es wäre daher absurd, auf Obama, Merkel, Sarkozy & Co., die schon bei sich zu Hause bzw. in EU-Europa für Sozialkahlschlag und Demokratieabbau stehen und kein soziales Problem lösen können, als Verbündete im Kampf gegen Diktatoren zu setzen.

Libyen: Das warnende Beispiel einer gestohlenen Revolution

Wohin es führen kann, wenn die Verbrecher der NATO eine Revolution von unten an sich reißen und in für sie nützliche Bahnen lenken, zeigt das Beispiel Libyens. Der Aufstand im Januar/Februar 2011 für demokratische Freiheiten, gegen Massenarbeitslosigkeit, für mehr soziale Gleichheit und Zukunftsperspektiven für die Jugend wandelte durch das militärische Eingreifen der NATO völlig seinen Charakter: Statt Selbstorganisation von unten dominierten schnell Warlords, Monarchisten und offen pro-kapitalistische Kräfte – die Libyens Staatswirtschaft privatisieren und westlichen Konzernen ausliefern wollen – die Aufstandsführung und haben den Massen so rasant das Heft aus der Hand genommen. Seit diese Kräfte an der Macht sind, hat sich die Lage in Libyen keinen Deut verbessert.

Heuchelei des Westens

Mächte wie die USA, Deutschland und Frankreich tun so, als seien sie tatsächlich auf der Seite der Unterdrückten im Iran oder Syrien. Tatsächlich aber haben sie jahrelang mit den Dikaturen zusammengearbeitet und tun das zum Teil noch heute. Der deutsche BND hat seit den 70er Jahren mit Gaddafi kollaboriert. Die USA haben Terrorverdächtige dort wie in Syrien foltern lassen. Auch hier hatte Deutschland seine Finger mit im Spiel.

Die USA stützen das fundamentalistische Regime Saudi-Arabiens, das Frauen unterdrückt und brutale Menschenrechtsverletzungen begeht. Der deutsche Bundestag handelte 2011 einen Panzerdeal mit Saudi-Arabien aus. Der „demokratische“ Westen schwieg dann auch brav, als mit saudischer Hilfe 2011 die revolutionäre Bewegung in Bahrain blutig niedergeschlagen wurde.

Die Merkel-Regierung hat am 7.2. den kasachischen Diktator Nasarbajew empfangen und mit ihm ein Wirtschaftsabkommen abgeschlossen, obwohl dieser mit militärischer Gewalt, Morden und willkürlichen Verhaftungen gegen streikende ÖlarbeiterInnen und Oppositionelle vorgeht. Es war und ist – entgegen der Medienhetze – einzig und allein die Partei DIE LINKE, die diese Verstrickungen der Herrschenden hierzulande mit verbrecherischen Diktatoren öffentlich anprangert(e).

Kriege, Embargos und Kriegsdrohungen nützen nur den Herrschenden!

Es ist kein Zufall, dass gerade jetzt die Herrschenden überall die Kriegstrommeln rühren. Die Krise des Kapitalismus drängt sie, sich mit immer brutaleren Methoden, durch Expansion ihre Profite zu sichern. Außerdem lenken Kriege nach außen von inneren Krisen ab. Die rechte Regierung Netanjahu in Israel beispielsweise braucht die „iranische Bedrohung“ nicht zuletzt deshalb, um von der sozialen Krise im eigenen Land und den dortigen Massenprotesten gegen Arbeitslosigkeit und Wohnungsnot abzulenken.

Doch ein Krieg gegen den Iran und Syrien würde auch die oppositionellen und revolutionären Bewegungen in diesen Ländern schwächen und den Machthabern in die Hände spielen. Sie säßen, angesichts der Bedrohung von außen, die Geschlossenheit verlangt, fester im Sattel.

Leidtragende wäre wie immer die Masse der Bevölkerung. Dies wäre – in abgeschwächter Form – auch bei einem Wirtschaftsembargo der Fall.

linksjugend [’solid] Aachen fordert und steht für:

-Stopp aller Kriegsvorbereitungen gegen Syrien und den Iran! Nein zu einem Embargo, das nur der einfachen Bevölkerung schadet und den Machthabern in die Hände spielt!

-Abzug aller Bundeswehrtruppen aus allen Kriegseinsätzen!

-Nein zur Einmischung imperialistischer Mächte und Institutionen!

-Unmissverständliche Solidarität der LINKEn mit den arabischen Demokratie- und Revolutionsbewegungen!

-Verbindung des Kampfes für Demokratie mit der sozialen Frage!

-Für ein unabhängiges sozialistisches Programm und Selbstorganisation in den Stadtteilen, Betrieben, Schulen und Universitäten!

-Zusammenarbeit von Linken und Gewerkschaften mit unabhängigen Bewegungen der Arbeiterklasse und der Jugend in Syrien und Iran!

-Ersatzlose Auflösung aller Geheimdienste und lückenlose Aufklärung ihrer Machenschaften!

-Stopp aller Waffenlieferungen! Enteignung der Rüstungsindustrie unter demokratischer Kontrolle! Umstellung auf gesellschaftlich sinnvolle Produktion!

¹ http://www.nachdenkseiten.de/upload/pdf/120116_aufruf_solidaritaet_+_erstunterzeichner.pdf

² http://linksjugendsolidaachen.blogsport.de/2011/10/12/erfolgreiche-info-und-diskussionsveranstaltung-zum-iran/

³ http://linksjugendsolidaachen.blogsport.de/2011/03/16/solidaritaet-mit-den-protesten-gegen-jede-militaerische-intervention-in-libyen/