Warum es nötig ist, trotz des Erfolgs auf der Hut zu sein
Erst nachdem am 17. Juni die Münchner EinwohnerInnen mit 54,3 Prozent gegen den Ausbau der 3. Startbahn votierten, ist das Thema bundesweit in den Medien aufgetaucht. Zuvor waren die Landesregierenden von CSU und FDP und der Münchner SPD-Oberbürgermeister Christian Ude davon ausgegangen, dass ihr Mantra „Ohne den Ausbau des Flughafens kein Wirtschaftswachstum“ schon Erfolg bringen würde.
von Anne Engelhardt und Wolfgang Dirrigl, München
Mit zehnmal soviel Werbegeldern wie die GegnerInnen fühlten sich die Befürworter auf der sicheren Seite. Doch nun sieht der negative Bürgerentscheid vor, dass der Ausbau erstmal für ein Jahr gestoppt ist (und 2013 sind neben den Bundestagswahlen in Bayern auch Landtagswahlen).
Dennoch warnt die SAV München, dass die Sache noch nicht ausgestanden ist. Zwar haben die GegnerInnen vorläufig den Sieg davon getragen, aber von ihren Kontrahenten aus Landes-, Bundesregierung und diversen Unternehmensleitungen sowie dem Münchner Flughafen-Chef Michael Kerkloh kann schnell erneut eine Gegenoffensive kommen. Das Land hat schon angekündigt, die Planung weiterlaufen zu lassen.
Der Lufthansa-Konzern sieht sich bemüßigt, davor zu warnen, dass der Münchner Flughafen mit nur zwei Startbahnen „schnell an seine Grenzen stoßen“ würde. Dabei sind diese laut der Pressestelle des Flughafens München nur zu höchstens 74 Prozent ausgelastet.
Auch die Schaffung von „krisensicheren“ Arbeitsplätzen ist ein Scheinargument: Laut dem Aktionsbündnis ‚aufgeMUCKT’ arbeiten aktuell bereits ein Drittel aller Beschäftigten am Flughafen zu Dumpinglöhnen. Von „krisensicheren“ Jobs kann hier keine Rede sein. Die Lufthansa plant aktuell weltweit einen „betriebsbedingten“ Stellenabbau von 3.500 Stellen. Zehn weitere Flugunternehmen sollen dieses Jahr entweder in Konkurs gehen oder auf enormen Arbeitsplatzabbau setzen.
Tausend gute Gründe, gegen den Ausbau zu sein
Der Bau der 3. Startbahn würde bedeuten, dass circa tausend Hektar Land zerstört würden, wozu ein Naturschutzgebiet und Dörfer gehören. Über diese würden in Zukunft pro Tag 530 Flugzeuge in einer Höhe von 50 Metern fliegen. Das hätte für Hunderte von Menschen letztendlich den Verlust ihres Wohnortes bedeutet. Da die betroffenen Ortschaften Freising und Erding an der Grenze zu München liegen, durften deren BewohnerInnen bei dem Bürgerentscheid nicht mal mit abstimmen. Das erschien auch vielen MünchnerInnen als undemokratisch und hatte ebenfalls Auswirkungen auf das Votum.
SAV-Mitglieder haben Flugblätter verteilt, nahmen an Protestaktionen teil, traten (wie in Stuttgart) für die Vernetzung des Widerstands gegen zerstörerische Großprojekte ein und waren bei der LINKE-Veranstaltung zur 3. Startbahn dabei. Immerhin organisierte DIE LINKE in München einige Infostände, sammelte dort Unterschriften und hielt ihre Mitglieder über den Protest auf den Laufenden. Allerdings wäre ähnlich wie in Stuttgart gegen S21 mehr möglich und eigentlich nötig. Das sollte bilanziert und in Zukunft korrigiert werden.
Wie immer eine Frage des Geldes
Nach der Abstimmung wurde im „Münchner Merkur“ bezirksweise aufgelistet, wie abgestimmt wurde. Dabei gibt es nur vier Bezirke, die mehrheitlich für die Startbahn votierten. Diese gehören zu den reichsten Gegenden Münchens, während die größte Ablehnungsquote des Milliardenprojektes in den Arbeiterbezirken verzeichnet wurde.
Das zeigt deutlich auf, in wessen Interesse das Projekt gebaut werden soll, zeigt aber ebenfalls das fehlende Vertrauen der Menschen in ihre eigene Stadt- und Landesregierung. Das wirft für FDP, CSU und SPD einen dunklen Schatten voraus auf die Wahlen 2013.