Opel Bochum droht das Aus

Galgenfrist

Der vom Opel-Management Mitte Juni gemeinsam mit dem Konzernbetriebsrat und der Führung von IG Metall präsentierte „Deutschland-Plan zur Stärkung von Opel“ bedeutet für die Beschäftigten des Bochumer Werks keine Entwarnung. Im Gegenteil: Dessen Schließung ist nun auch offiziell vorgesehen.

von Daniel Behruzi, Frankfurt/Main

Wenn Ende 2016 die letzten Autos des aktuellen Zafira-Modells vom Band laufen und sich „die gegenwärtigen ökonomischen Rahmenbedingungen und zukünftigen Marktaussichten“ nicht verbessern, soll Schluss sein. Von der für seine kämpferische Belegschaft bekannten Fabrik würde nach 54 Jahren nur eine weitere Industrieruine des Ruhrgebiets bleiben. Die aktuell rund 5.000 Arbeitsplätze – und Tausende weitere bei Zulieferern und Dienstleistern – wären verloren.

Mit der bisherigen Gewerkschaftsstrategie einer „sozialverträglichen“ Gestaltung des Abbaus ist das nicht zu verhindern. Entschieden bessere Karten hätte man bei einer Mobilisierung der Belegschaft, der Region und der ebenfalls von Kürzungen bedrohten Opelaner anderer Werke.

Verzicht rettet keine Arbeitsplätze

Der Opel-Mutterkonzern General Motors (GM) hat keinerlei Zugeständnisse gemacht. Die Vereinbarung besagt lediglich, man werde „über eine Verlängerung des Ausschlusses betriebsbedingter Kündigungen bis Ende 2016 und die Umsetzung des Tarifabschlusses von 2012 verhandeln“. Letzteres bedeutet weiteren Lohnverzicht. Bereits in den vergangenen Jahren hatten die deutschen Opel-Beschäftigten jährlich 176,8 Millionen Euro weniger in der Tasche. Die Vernichtung von fast 8.000 Jobs hat das ebenso wenig verhindert wie die Schließung des Standorts Antwerpen.

Schließung „erst“ 2016 kein Zugeständnis

Dass Bochum dieses Schicksal erst 2016 und nicht wie zuvor kolportiert bereits Ende 2014 ereilen soll, ist keine Konzession der Konzernspitze. Denn eine Verlagerung der Zafira-Fertigung noch während des laufenden Modellzyklus wäre aufgrund der von GM praktizierten Plattformstrategie – die die Produktion verschiedener Modellvarianten in unterschiedlichen Fabriken erlaubt – zwar möglich. Wegen des mit einer Verlagerung verbundenen Aufwands würde das betriebswirtschaftlich aber wohl kaum Sinn machen. Vermutlich hatten die GM-Manager daher nie vor, Bochum bereits 2014 stillzulegen, wollten diesen Eindruck aber nur allzu gern erwecken. Denn die nun offerierte „Verlängerung“ um zwei Jahre erscheint so als Zugeständnis, für das man Gegenleistungen verlangen kann.

Frage von Gegenwehr

Zudem dürfte der bei einer Schließung zu erwartende Aufruhr eine Rolle in den Überlegungen der GM-Spitze gespielt haben. Zu Recht meinte die Frankfurter Allgemeine Zeitung kürzlich, eine Stilllegung werde „nicht ohne Lärm abgehen“. Das hätte das ohnehin miese Image des Autobauers weiter beschädigt. Dies will man mit der langfristigen Ankündigung, weiterem „sozialverträglichem“ Abbau und vom Betriebsrat geschürten vagen Hoffnungen umgehen. Es besteht die reale Gefahr, dass diese Kalkulation aufgeht. Andererseits waren die Bochumer Opelaner in der Vergangenheit immer wieder mal für Überraschungen gut.

Opelaner zeigen Chefs die kalte Schulter

Am 16. Juni dieses Jahres ereignete sich auf einer Betriebsversammlung in Bochum ein Eklat. Der Unmut über die aktuellen Schließungspläne führte dazu, dass 2.000 Opelaner vor der Rede von Personalvorstand Holger Kimmes demonstrativ den Tagungsort verließen. Der Bochumer Betriebsratschef Rainer Einenkel kündigte, wenngleich recht wolkig, für den Fall, dass das Management seine „Planspiele nicht vom Tisch“ nehme, „kreative Aktionen“ an.

Es bleibt zu hoffen, dass an die kämpferischen Traditionen im Werk angeknüpft wird. So hatte die Belegschaft 2004 aus Sorge um ihre Arbeitsplätze für sieben Tage gestreikt. Nach den spontanen Streiks bei Daimler und anderen zur Verteidigung der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall 1996 war es bei Opel Bochum allein in den vier Folgejahren auch zu etwa zehn spontanen Protesten während der Arbeitszeit gekommen.

Galgenfrist

 

Opel Bochum droht das Aus

 

Der vom Opel-Management Mitte Juni gemeinsam mit dem Konzernbetriebsrat und der Führung von IG Metall präsentierte „Deutschland-Plan zur Stärkung von Opel“ bedeutet für die Beschäftigten des Bochumer Werks keine Entwarnung. Im Gegenteil: Dessen Schließung ist nun auch offiziell vorgesehen.

 

von Daniel Behruzi, Frankfurt/Main

 

Wenn Ende 2016 die letzten Autos des aktuellen Zafira-Modells vom Band laufen und sich „die gegenwärtigen ökonomischen Rahmenbedingungen und zukünftigen Marktaussichten“ nicht verbessern, soll Schluss sein. Von der für seine kämpferische Belegschaft bekannten Fabrik würde nach 54 Jahren nur eine weitere Industrieruine des Ruhrgebiets bleiben. Die aktuell rund 5.000 Arbeitsplätze – und Tausende weitere bei Zulieferern und Dienstleistern – wären verloren.

Mit der bisherigen Gewerkschaftsstrategie einer „sozialverträglichen“ Gestaltung des Abbaus ist das nicht zu verhindern. Entschieden bessere Karten hätte man bei einer Mobilisierung der Belegschaft, der Region und der ebenfalls von Kürzungen bedrohten Opelaner anderer Werke.

 

Verzicht rettet keine Arbeitsplätze

 

Der Opel-Mutterkonzern General Motors (GM) hat keinerlei Zugeständnisse gemacht. Die Vereinbarung besagt lediglich, man werde „über eine Verlängerung des Ausschlusses betriebsbedingter Kündigungen bis Ende 2016 und die Umsetzung des Tarifabschlusses von 2012 verhandeln“. Letzteres bedeutet weiteren Lohnverzicht. Bereits in den vergangenen Jahren hatten die deutschen Opel-Beschäftigten jährlich 176,8 Millionen Euro weniger in der Tasche. Die Vernichtung von fast 8.000 Jobs hat das ebenso wenig verhindert wie die Schließung des Standorts Antwerpen.

 

Schließung „erst“ 2016 kein Zugeständnis

 

Dass Bochum dieses Schicksal erst 2016 und nicht wie zuvor kolportiert bereits Ende 2014 ereilen soll, ist keine Konzession der Konzernspitze. Denn eine Verlagerung der Zafira-Fertigung noch während des laufenden Modellzyklus wäre aufgrund der von GM praktizierten Plattformstrategie – die die Produktion verschiedener Modellvarianten in unterschiedlichen Fabriken erlaubt – zwar möglich. Wegen des mit einer Verlagerung verbundenen Aufwands würde das betriebswirtschaftlich aber wohl kaum Sinn machen. Vermutlich hatten die GM-Manager daher nie vor, Bochum bereits 2014 stillzulegen, wollten diesen Eindruck aber nur allzu gern erwecken. Denn die nun offerierte „Verlängerung“ um zwei Jahre erscheint so als Zugeständnis, für das man Gegenleistungen verlangen kann.

 

Frage von Gegenwehr

 

Zudem dürfte der bei einer Schließung zu erwartende Aufruhr eine Rolle in den Überlegungen der GM-Spitze gespielt haben. Zu Recht meinte die Frankfurter Allgemeine Zeitung kürzlich, eine Stilllegung werde „nicht ohne Lärm abgehen“. Das hätte das ohnehin miese Image des Autobauers weiter beschädigt. Dies will man mit der langfristigen Ankündigung, weiterem „sozialverträglichem“ Abbau und vom Betriebsrat geschürten vagen Hoffnungen umgehen. Es besteht die reale Gefahr, dass diese Kalkulation aufgeht. Andererseits waren die Bochumer Opelaner in der Vergangenheit immer wieder mal für Überraschungen gut. n

 

Opelaner zeigen Chefs die kalte Schulter

 

Am 16. Juni dieses Jahres ereignete sich auf einer Betriebsversammlung in Bochum ein Eklat. Der Unmut über die aktuellen Schließungspläne führte dazu, dass 2.000 Opelaner vor der Rede von Personalvorstand Holger Kimmes demonstrativ den Tagungsort verließen. Der Bochumer Betriebsratschef Rainer Einenkel kündigte, wenngleich recht wolkig, für den Fall, dass das Management seine „Planspiele nicht vom Tisch“ nehme, „kreative Aktionen“ an.

Es bleibt zu hoffen, dass an die kämpferischen Traditionen im Werk angeknüpft wird. So hatte die Belegschaft 2004 aus Sorge um ihre Arbeitsplätze für sieben Tage gestreikt. Nach den spontanen Streiks bei Daimler und anderen zur Verteidigung der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall 1996 war es bei Opel Bochum allein in den vier Folgejahren auch zu etwa zehn spontanen Protesten während der Arbeitszeit gekommen.