Widerstand gegen die Kürzungspolitik der SYRIZA-Regierung nimmt Fahrt auf
Vorbemerkung: Am 4. Februar hat in Griechenland erneut ein mächtiger 24-stündiger Generalstreik stattgefunden. Damit sollte Widerstand gegen die Austerität geleistet werden, die von der SYRIZA-Regierung durchgeführt wird.
Der Streik wurde vom Gewerkschaftsbund GSEE, der die Beschäftigten in der Privatwirtschaft organisiert, und vom Gewerkschaftsbund ADEDY, der für den öffentlichen Dienst zuständig ist, ausgerufen. Anlass waren die Kürzungen bei den Renten. Dieser jüngste Angriff auf die Arbeiterklasse wird auf Geheiß der EU und des IWF von SYRIZA durchgeführt.
Im Folgenden veröffentlichen wir die Übersetzung des Leitartikels aus der aktuellen Ausgabe von Xekinima, der Zeitung der CWI-Sektion in Griechenland. Darin geht es um die Größe des Streiks und die nächsten Schritte, die die Arbeiterbewegung nun gehen muss, um die jüngste Kürzungsrunde abzuwehren.
Zum ersten Mal seit ihrer Wahl im Januar 2015 muss die SYRIZA-Regierung unter der Führung von Alexis Tsipras erleben, wie die Bewegungen in der griechischen Gesellschaft sich nun gegen sie richten. Der Generalstreik vom 4. Februar war ein Erfolg, auch wenn er nicht den Umfang der großen Generalstreiks aus den Jahren 2010 bis 2012 erreicht hat. Dennoch war er Ausdruck der Wut einer Reihe von gesellschaftlichen Schichten: ArbeiterInnen, Bäuerinnen und Bauern, Erwerbslosen, jungen Leuten usw. Sie alle müssen erleben, wie die neuen „Memoranden“ von SYRIZA auf sie einprasseln (es geht hierbei um Austeritätsmaßnahmen, die mit der Troika aus IWF, EZB und EU vereinbart worden sind).
Der bedeutendste Charakterzug dieses Generalstreiks zeigte sich bei den Massendemonstrationen, die in den Städten in den Regionen durchgeführt worden sind. In Anbetracht der Gesamtbevölkerung waren diese regionalen Demonstrationen wesentlich größer als die in den Großstädten von Athen und Thessaloniki. In einigen Fällen kam es sogar zu den größten Demonstrationen, die es seit Jahrzehnten gegeben hat!
Der Streik vom 4. Februar darf nicht das Ende der Streikaktionen darstellen. Das geschieht üblicher Weise nach einem erfolgreichen Streik, wenn die Gewerkschaftsführungen den Kampf wieder einstellen. Es muss aber um den Beginn der Massenmobilisierung gehen!
Wenn wir eine erneute Niederlage verhindern wollen, dann müssen alle Schichten der Gesellschaft, die im Moment mobilisieren, ihre Kämpfe miteinander koordinieren und sie dadurch stärken. Die Grundlage dafür muss ein Plan sein, der folgende Punkte zu umfassen hat:
* den dringenden Appell für einen neuen 24-stündigen Generalstreik für die kommende Woche
* den Aufruf zu einem 48-stündigen Generalstreik innerhalb der nächsten zwanzig Tage
* diese Streiks müssen mit der Fortführung der Blockaden der Bäuerinnen und Bauern und mit den Besetzungen von Betrieben im öffentlichen Dienst wie auch in der Privatwirtschaft verbunden werden – beginnen muss dies dort, wo ArbeiterInnen entlassen werden, seit Monaten keinen Lohn mehr erhalten oder ihre Rechte attackiert werden
Eine solche Bewegung wird unweigerlich die jungen Leute mit einbeziehen, die sich an den Bewegungen der letzten Jahre kaum noch beteiligt haben. Außerdem kann sie zu Besetzungsaktionen in Schulen und Universitäten führen.
Diese Streiks und Besetzungen müssen gut organisiert werden. Es muss Diskussionsveranstaltungen in den Betrieben geben, und die ArbeiterInnen müssen sehen können, dass es einen Plan gibt, Entschlossenheit und eine erfolgversprechende Perspektive. Es ist nötig, dass sie an der Basis Aktionskomitees wählen, die sich für eine erfolgreiche Mobilisierung einsetzen werden.
Wer wird die Initiative ergreifen?
Die Frage ist, wer die Initiative für einen Aufruf dieser Art – planvoll und koordiniert – ergreifen wird.
Die Stimmung unter den abhängig Beschäftigten, den Bäuerinnen und Bauern sowie den verarmten Schichten der Gesellschaft ist mehr als reif für eine solche planvolle Koordinierung. Doch die Führungen haben kein Interesse daran, die nötigen Schritte vorwärts zu gehen. Unter anderen Bedingungen käme die Verantwortung für einen solchen Aufruf zu Mobilisierung der Gesamtheit der Gesellschaft der Führung der GSEE, dem griechischen Gewerkschaftsbund, zu. Es besteht aber keine Möglichkeit, dass diese korrupten GewerkschaftsführerInnen irgendetwas tun werden, wodurch der Kampf zur Überwindung der Politik, die die Kreditgeber der Troika einfordern und die die griechischen Regierungen der ehemals sozialdemokratischen PASOK, der rechts-konservativen „Nea Dimokratia“ und nun von SYRIZA umsetzen, geplant koordiniert und weiterentwickelt würde.
Die Rolle der linken Parteien
Der Linken kommt die Verantwortung zu, diese Bewegungen zu vereinen und sie miteinander zu koordinieren. Das gilt zumindest für die Teile der Linken, die dauerhaft gegen diese Politik und das System Position beziehen wollen.
Insgesamt kommen die betreffenden Kräfte bestehend aus KKE („Kommunistische Partei Griechenlands“), der LAE („Volkseinheit“) und „Antarsya“ (Bündnis der antikapitalistischen Linken) auf eine gemeinsame Basis von rund zehn Prozent. Das reicht, um bei den Entwicklungen eine Schlüsselrolle zu spielen und diese Bewegungen voranzubringen. Doch der Zustand, in dem sich die Linke aktuell befindet, liefert ein trauriges Bild, das von Spaltungen gekennzeichnet ist. Im Wesentlichen ist die KKE dafür verantwortlich, die jede Zusammenarbeit mit irgendeiner anderen Formation, auf welcher Ebene auch immer, ablehnt.
Diese Haltung steht für die völlige Aufgabe des „Marxismus-Leninismus“, den die Führung der „Kommunistischen Partei“ zu vertreten behauptet. Die Traditionen und die Geschichte der revolutionären Bewegung und damit des wirklichen Marxismus besteht aus Zusammenarbeit und dem gemeinsamen Kampf in der Massenbewegung, in der jeder Teil bzw. jede Organisation der Linken und der Arbeiterbewegung die volle Unabhängigkeit behält und die eigene ideologische, politische sowie organisatorische Freiheit.
LAE und Antarsya machen positive Schritte
Besser sieht es da schon aus, wenn wir den Blick auf die LAE (Volkseinheit) und auf Antarsya lenken. Im Verlauf der letzten Wochen sind eine Reihe positiver Schritte in Richtung gemeinsamer Aktionen zum Thema der Regierungsvorlage über ein neues Sozialversicherungsgesetz unternommen worden. So haben zwischen der LAE, Antarsya und anderen Organisationen der Linken (wozu auch Xekinima und weitere gehören) Absprachen gegeben.
Diese Zusammenarbeit muss ausgeweitet und auf breitere Füße gestellt werden. Es darf dabei nicht allein um die neuen Attacken auf die Renten gehen. Vielmehr müssen wir uns mit jedem zentralen Aspekt befassen, der für die Arbeiterbewegung von Belang ist. Allen Organisationen, die sich beteiligen, muss es möglich sein, die volle ideologische, politische und organisatorische Unabhängigkeit zu behalten. Wenn dieser Schritt tatsächlich gemacht wird, dann wird dies für die
Massenbewegungen neue und sehr positive Perspektiven auftun. Es wird politische Zielsetzungen mit sich bringen und Perspektiven für die Kämpfe eröffnen, die sich heute herauskristallisieren und auch morgen wieder aus der sozialen Situation heraus entwickeln werden.